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Lassen sich Biofelder vor Pestizidabdrift schützen?

Eine aktuelle Studie zeigt, dass Pflanzenschutzmittel sich über die Luft weiter verbreiten, als bislang angenommen.

bio-pestizide

© Thilobecker/pixabay.com

Für Biolandwirte kann die Abdrift von Pestiziden von benachbarten Äckern ein großes finanzielles Fiasko bedeuten. Werden in ihren Lebensmitteln (zu hohe) Pestizidbelastungen nachgewiesen, dürfen sie ihre Ernte nicht mehr unter dem Biosiegel verkaufen. Dabei stammen die Pestizide in der Regel von den konventionellen Nachbarn und werden weit über das behandelte Feld hinaus getragen. Bio-Landwirte behelfen sich hier mit Abstandsflächen, Hecken oder Absprachen mit den Nachbarn – nicht immer mit Erfolg. Doch wie viel Abstand muss zu einem konventionellen Feld gehalten werden, damit Bioware vollständig frei von Pestizidbelastung bleibt?

Das Bündnis für eine Enkeltaugliche Landwirtschaft e.V – einem Zusammenschluss von namhaften Bio-Unternehmen – gab eine Studie in Auftrag, um diese Frage zu klären. Die Forscher untersuchten dazu von 2014 bis 2017 die Baumrinde an 47 Standorten in ganz Deutschland auf 506 Pestizide. Über die Analyse der Rinde lässt sich die Schadstoffbelastung der Luft über die letzten ein bis zwei Jahre dokumentieren. Das ernüchternde Ergebnis: Bei jeder einzelnen Messung wiesen die Forscher Pflanzenschutzmittel nach, ob in landwirtschaftlich intensiv bewirtschafteten Gebieten, Bioanbauregionen, städtischen Parks, Biosphärenreservaten oder Berglagen im Allgäu. Insgesamt fanden sie mehr als 100 Pestizid-Wirkstoffe. Darunter Lindan (55 Prozent der Standorte) und DDT (72 Prozent der Standorte), obwohl beide Insektizide seit vielen Jahrzehnten verboten sind. Beide Gifte kommen aber noch heute ubiquitär in unserer Umwelt vor, da sie nur sehr langsam abgebaut werden.

Überraschend ist vor allem der Befund von Glyphosat. Laut den Zulassungsverfahren ist das Unkrautgift nicht flüchtig, weshalb die Verbreitung und Exposition über den Luftpfad von der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA (European Food Safety Authority) bisher ausgeschlossen wurde. Doch Glyphosat fand sich an über 55 Prozent der Standortproben. Das angeblich nicht flüchtige Herbizid ließ sich noch kilometerweit von der Anwendungsstelle und weit innerhalb von Schutzgebieten nachweisen. Die Studie bestätigt damit die Theorie, dass Glyphosat an Staubpartikel bindet, die mit dem Wind weiter getragen werden. Besonders die Nutzung des umstrittenen Herbizids auf winderosionsgefährdeten Böden ist daher sehr kritisch.

Trotz der Abdrifte und damit der Unmöglichkeit, Bioware vor konventionell eingesetzten Pestiziden zu schützen, finden sich in ökologisch angebauten Lebensmitteln deutlich seltener messbare Pestizidrückstände. Wenn Mittel nachweisbar sind, dann meist in deutlich geringeren Mengen als in konventioneller Ware. Die EFSA untersuchte 2018 knapp 30.000 Lebensmittel auf 213 verschiedene Pestizidrückstände. Fündig wurden die Kontrolleure bei 44 Prozent der konventionellen, aber nur bei 6,5 Prozent der ökologischen Lebensmittel. Das heißt, der Bioanbau muss besser vor Abdrift geschützt werden. Das gelingt nur, wenn weitere Flächen nach Biorichtlinien pestizidfrei bewirtschaftet werden und die konventionelle Landwirtschaft ihren Pestizideinsatz drastisch einschränkt. Hier ist auch der Gesetzgeber gefordert.

Literatur

Hofmann F, Schlechtriemen V et al (2018). Biomonitoring der Pestizid-Belastung der Luft mittels Luftgüte-Rindenmonitoring und Multi-Analytik auf >500 Wirkstoffe inklusive Glyphosat 2014-2018. (Vortrag Biofach 2019)
www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/pflanzenschutzmittel/pestizide_pflanzlich_lm/ue_2010_pflanzliche_lebensmittel.html
EFSA (2018). Monitoring data on pesticide residues in food: results on organic versus conventionally produced food. www.efsa.europa.eu/en/supporting/pub/en-1397

Quelle: UGBforum 3/19, S. 148