Microgreens: Mikrogemüse mit grüner Power

Während das Keimen und Sprossenziehen schon lange Bestandteil der Vollwertküche sind, etablieren sich auch Microgreens nach und nach auf unseren Tellern – und das aus gutem Grund. Das Mikrogemüse hat tatsächlich einiges an Nährstoffen zu bieten und wertet jedes Gericht optisch wie geschmacklich auf.

Microgreens haben wie Sprossen ihren Ursprung in einem Samen mit harter Schale, einem Keim- und einem Mehlkörper. Die Samen befinden sich in einer Keimruhe und beginnen erst, durch Umwelteinflüsse wie Wärme, Sauerstoff, Wasser, Licht oder Dunkelheit zu keimen. Zunächst ernährt der Mehlkörper die entstehenden Keimlinge mit Keimspross und -wurzel. Innerhalb von 3 bis 8 Tagen wachsen oberirdisch Stängel und Blätter. Man spricht nun von Sprossen. Wachsen sie weiter, bilden sich Jungpflanzen mit grünen Blättchen: die sogenannten Microgreens. Dabei ist der Übergang zwischen Sprossen und Microgreens fließend. Im Unterschied zu Keimlingen und Sprossen werden bei Microgreens die Samenreste und Wurzeln nicht mitverzehrt, sondern am Stängel abgeschnitten, um unerwünschte Mikroorganismen zu vermeiden.

Mehr Nährstoffe im Kleinen

Sprossen und Microgreens sind dafür bekannt, mehr Nährstoffe aufzuweisen als ausgewachsenes Gemüse. Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe sind jedoch noch nicht im Saatkorn zu finden. Vielmehr verändert sich der Nährstoffgehalt während des Keimvorgangs und Wachstums. Die enthaltene Stärke im Mehlkörper dient als Energielieferant für das Pflanzenwachstum und wird zu Zuckern abgebaut. Durch die Aufspaltung der im Samen enthaltenen Speicherproteine in Peptide und Aminosäuren steigt deren Bioverfügbarkeit. Bemerkenswert ist, dass es in einzelnen Sorten zu einem Anstieg limitierender Aminosäuren kommt, das heißt der essenziellen Aminosäuren, die in der geringsten Menge vorkommen. So erhöhen sich im Getreide die Gehalte der Aminosäuren Lysin und Threonin und in Hülsenfrüchten von Cystein und Methionin. Damit steigt die Proteinqualität.

Das Fett im Samen wird im Keimprozess teilweise zu Zuckern umgewandelt und ebenfalls als Energielieferant für das Wachstum genutzt. Während des Keimvorgangs von fettreichen Samen wie Kürbiskernen steigt zudem der Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die Umwandlung ist jedoch stark vom Zustand des Samens vor der Keimung abhängig.

Kleine Vitaminbomben

Untersuchungen zeigen, dass es in den ersten Tagen nach der Keimung auch zu einer Zunahme an Vitaminen und Mineralstoffen kommt. Nach 14 Tagen weisen einige Microgreensorten doppelt so hohe Konzentrationen an Vitamin A (Kresse, Rotkohl) und deutlich höhere an Vitamin C (Basilikum, Rettich), E (Kresse, Rettich) und K (Amaranth, Koriander) auf als ihre ausgewachsenen Verwandten. Teilweise steigt auch der Gehalt an B-Vitaminen. Eine Ausnahme: Die Konzentration an Folsäure (Vitamin B9) sinkt. Microgreens stellen auch keine Quelle für Vitamin B12 dar, wie manchmal behauptet.

Die meisten Microgreens sind zudem reich an Mineralstoffen. Hervorzuheben ist der doppelt so hohe Eisengehalt von zwei Wochen alten Microgreens im Vergleich zu einem in zehn Wochen ausgewachsenen Salatkopf. Während des Keimvorgangs kommt es zu einem Abbau der Phytinsäure, was die Verfügbarkeit von Mineralstoffen noch verbessert. Microgreens punkten darüber hinaus mit sekundären Pflanzeninhaltsstoffen: Antioxidativ wirken Carotinoide in Alfalfa- und Polyphenole in Radieschen-Mikrogemüse. Bekannt für seine krebspräventive Wirkung ist das Isothiocyanat Sulforaphan. Es ist besonders reichlich in Microgreens von Brokkoli enthalten. Bei all den günstigen Nährstoffen ist jedoch zu bedenken, dass die tatsächlich verzehrte Menge meist recht gering ausfällt.

Anfällig für Schadkeime

Fertig gezogene Microgreens gibt es mittlerweile in vielen Lebensmittelgeschäften zu kaufen. Beliebt sind beispielsweise die lilafarbenen, knackigen Radieschen-Microgreens mit ihrer leichten Schärfe. Auch solche aus Erbsen und verschiedenen Kohlsorten findet man in den Regalen. Microgreens aus dem Laden sollte man möglichst schnell verzehren. Denn die Jungpflanzen werden meist auf einem Vlies oder einer Matte gezüchtet, in denen sich schnell unerwünschte Mikroorganismen vermehren. Generell sind Microgreens und Sprossen anfällig für eine Kontamination mit Salmonellen oder E.coli-Bakterien. Durch das Feuchthalten während des Wachstums können sich natürlicherweise vorhandene Mikroorganismen vermehren und gesundheitsschädigend wirken. Um auf Nummer sicher zu gehen, wird Menschen mit einem schwachen Immunsystem – wie Kleinkindern und alten Menschen, Schwangeren und Erkrankten – empfohlen, nur erhitzte Microgreens zu verzehren.

Wer selbst anbaut, kann auf Vlies oder Erde ganz verzichten und zum Beispiel ein Kressesieb oder einen Kresseigel nutzen. Um eine Kontamination zu vermeiden, sollte man die jungen Pflänzchen zweimal täglich spülen. Bei eigener Anzucht hat man es zudem selbst im Griff, auf ausreichend Hygiene und Frische zu achten.

Große Geschmacksvielfalt

Besonders lecker sind die grünen Pflänzchen als Toppings auf Salaten und Suppen, verarbeitet in Dips oder auf dem Brot. Wer es scharf mag, greift zu Kresse, Radieschen oder Alfalfa. Microgreens von Basilikum glänzen mit einem pfeffrigen Geschmack, gekeimte Sonnenblumensamen schmecken leicht nussig im Müsli. Nicht nur Kindern macht es Spaß, den Pflänzchen beim Wachsen zuzuschauen und man braucht nicht unbedingt einen grünen Daumen. So gibt es Samen für Einstieger, die besonders leicht zu ziehen sind, zum Beispiel Rettich- oder Radieschensamen. Generell setzt man am besten auf Saatgut aus biologischem Anbau, das für die Keimung deklariert ist.

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