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Heilfasten zur Vorbeugung und Therapie

Wird für eine begrenzte Zeit auf Nahrung verzichtet, können sich zahlreiche Stoffwechselstörungen wieder normalisieren. Zudem hat das Immunsystem Gelegenheit, sich zu regenerieren. Heilfasten hat sich daher sowohl bei den sogenannten Zivilisationskrankheiten als auch bei vielen chronischen Entzündungen und immunologischen Entgleisungen wie Rheuma und Allergien als interdisziplinäreTherapie bewährt.

Bereits der Arzt Hippokrates, auf den die Mediziner ihren Eid schwören, weist auf den Wert des Fastens hin: "Eure Nahrung sei Euer Pharmakon, und Euer Heilmittel sei Eure Nahrung. Die vornehmste aber und wirkungsvollste Art, Euren inneren Arzt wirken zu lassen, besteht im Weglassen aller Nahrung, also in der Entsorgung des Körpers und der damit verbundenen Mobilisierung körpereigener Heilkräfte."

Metabolisches Syndrom an der Wurzel packen

Besonders gut bewährt hat sich das Heilfasten bei ernährungsbedingten Stoffwechselstörungen, wie z. B. dem metabolischen Syndrom. Darunter wird eine Reihe von Erkrankungen verstanden wie Adipositas, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte und Diabetes mellitus Typ II, die in der Regel zusammen auftreten. Aus heutiger Sicht haben alle diese Krankheiten einen gemeinsamen Ursprung: eine verminderte Empfindlichkeit der Zellen für Insulin und eine ungesunde Lebensweise.

Insulin ist ein Hormon, das wie ein Schlüssel im Schloß (Rezeptor) die Zelle für den lebensnotwendigen Energieträger Glucose öffnet. Paßt der Schlüssel Insulin nicht gut in das Schloß, kann die Glucose aus dem Blut nicht mehr so schnell in die Zellen transportiert werden. Der Blutzuckerspiegel steigt. Bei einigen Menschen ist diese sogenannte Insulinresistenz genetisch veranlagt. Hinzu kommt, daß abhängig von der Lebens- und Ernährungsweise häufig die Anzahl an Rezeptoren zurückgeht. Denn je nach Bedarf bildet die Zelle mehr oder weniger Rezeptoren aus. Wenn nun, wie in unserer Wohlstandsgesellschaft üblich, der Muskelzelle ständig viel Glucose zur Verfügung steht, die durch mangelnde Bewegung nicht verbraucht wird, bilden sich die Rezeptoren zurück. Der Glucosespiegel im Blut steigt an, und Diabetes kann entstehen. Gleichzeitig erhöht sich der Insulinspiegel im Blut, wodurch die Gefahr an Arteriosklerose zu erkranken zunimmt. Es kommt zu einer verringerten Ausscheidung von Natrium sowie Chlorid und als Folge zu einem Anstieg des Blutdrucks. Die zu hohe Energiezufuhr durch die Nahrung trägt zudem dazu bei, daß sich Fettdepots bilden. Diese sammeln sich bevorzugt im Bauchraum an und führen so zur sogenannten viszeralen Adipositas, die ein höheres Risiko für Herzinfarkt darstellt als oberflächig verteilte Fettdepots.

Aufgrund der hohen Fettzufuhr steigen auch die Blutfette an. Häufig kommt noch eine Erhöhung der Harnsäurewerte hinzu. So summieren sich die Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen. Das Fasten durchbricht diesen Teufelskreis. Da ohne Nahrungszufuhr nur wenig Glucose zur Verfügung steht, werden die Zellen wieder empfindlicher für Insulin. Fettdepots werden abgebaut, und das Körpergewicht sinkt. Dadurch normalisieren sich auch der Blutdruck, die Blutfettwerte sowie der Blutglucosespiegel. Entsprechende Medikamente können während des Fastens reduziert oder abgesetzt werden.

Risiko für Arteriosklerose sinkt

Wenn das metabolische Syndrom erfolgreich behandelt wird, sind schon die wesentlichsten Risikofaktoren für die Arteriosklerose bekämpft. Damit die positiven Wirkungen des Fastens anhalten, ist ganz entscheidend, daß anschließend eine gesündere Ernährungs- und Lebensweise angestrebt wird. Entsprechende Therapieangebote und Schulungen, die Ernährung, Bewegung und Psyche miteinbeziehen, können die Patienten dazu motivieren. In einer klinisch kontrollierten Zwei-Jahres-Studie der Landesversicherungsanstalt Baden konnten nach zweimaligem Heilverfahren mit Fasten und anschließendem Training des Eßverhaltens positive Veränderungen bei fast allen Stoffwechselparametern festgestellt werden. Die Mehrzahl der Beteiligten konnte ihr Gewicht dauerhaft reduzieren, und auch Blutzucker, Blutfettwerte und Blutdruck normalisierten sich langfristig.

Ein weiterer Risikofaktor der Arteriosklerose läßt sich beim Fasten wirksam angehen: das Rauchen. Eine Rauchentwöhnung fällt im Rahmen einer Fastenkur wesentlich leichter, besonders wenn es sich um eine rauchfreie Klinik handelt. Weitere Symptome der Arteriosklerose wie Schmerzen aufgrund unzureichender Durchblutung in der Brust - Angina pectoris - oder in den Waden - Claudicatio intermittens - bessern sich beim Fasten. Da Ablagerungen in den Blutgefäßen abgebaut werden und das Blut nach einigen Fastentagen durch den verringerten Nährstofftransport eher dünner wird, kann es besser durch die Blutgefäße fließen.

Während des Fastens ist besonders auf ansteigende Harnsäurewerte zu achten. Durch den Abbau des körpereigenen Eiweißes wird im Fastenstoffwechsel anstelle von Harnstoff vermehrt Harnsäure gebildet. Damit diese mit dem Urin ausgeschieden werden kann, muß reichlich getrunken werden. Zusätzlich kann ein Basenpulver den pH-Wert des Urins anheben und dadurch die Abgabe der Harnsäure erhöhen. Falls der Patient anfällig für Gichtattacken ist, sollten während des Fastens harnsäure-senkende Medikamente gegeben werden.

Erfolg bei Migräne

Eine weitere Erkrankung, die unter anderem durch eine Fehlfunktion der Blutgefäße verursacht wird, ist die Migräne. In einer Studie der Klinik von Weckbecker konnte gezeigt werden, daß 93 % der Patienten durch das Fasten mindestens ein halbes Jahr beschwerdefrei wurden. Bei 66 % traten sogar länger als 6 Monate keine Migräneanfälle auf. Die Patienten fasteten zwischen 14 und 21 Tagen und erhielten begleitende Therapien wie Kneippsche Anwendungen, Sauna, Medikamente zur Symbioselenkung und zur Regulation des Mineralstoffhaushaltes, Ergometrietraining sowie tägliche Leberwickel. Zudem wurden die Migränepatienten zu einer gesunden Lebensführung und einer ovo-lacto-vegetabilen Vollwertkost angeregt.

Entzündungen klingen ab

Durch die Ruhigstellung und Entlastung des Verdauungssystems kommt es darüber hinaus zu einer Antigenpause. Durch den Nahrungsverzicht wird das Immunsystem nicht ständig mit fremden Substanzen konfrontiert und kann sich regenerieren bzw. voll auf andere Aufgaben im Körper konzentrieren. Fasten kann daher bei allen immunologischen Störungen förderlich sein. So klingen die meisten chronischen Entzündungen während des Fastens ab, z. B. die des Magens, des Darms und der Bauchspeicheldrüse. Chronische Infektionen im Uro-Genital-Bereich, wie z. B. Blasen-entzündungen verbessern sich ebenso. Auch bei Menstruationsstörungen und dem klimakterischen Syndrom kann Fasten Erleichterung bringen. Günstig wirkt sich das Fasten zudem auf die sogenannte Divertikulose aus. Darunter werden sackförmige Ausstülpungen des Darms verstanden, in denen sich Stuhlreste sammeln und entzünden können (Divertikulitis). Eine chronische Verstopfung kann ebenfalls erfolgreich behoben werden.

Bei den Erkrankungen der Luftwege wie chronische Nebenhöhlenentzündungen, Asthma und chronische Bronchitis kommt es durch Fasten zu einer Verflüssigung der Sekrete, wodurch der Schleim besser abgegeben werden kann. Entzündungsauslösende Faktoren gehen zurück, die Atemwege werden freier, und der Gasaustausch verbessert sich. Medikamente wie Cortison oder Euphyllin können reduziert bzw. abgesetzt werden.

Bei Augenerkrankungen kann die entzündungshemmende und entstauende Wirkung des Fastens ebenfalls helfen, z. B. bei chronischen Entzündungen der Bindehaut und des Lidrands. Der grüne Star, der mit einem erhöhten Augeninnendruck einhergeht, verbessert sich, da beim Fasten der Wassergehalt des Körpers leicht abnimmt und so der Druck auf das Auge, sowie Schmerzen und Sehstörungen zurückgehen. Da beim Heilfasten überschüssiges Wasser und Natrium ausgeschieden werden, bessern sich auch Erkrankungen, die mit Wasseransammlungen und Lymphstauungen einhergehen, z. B. Ödeme.

Linderung von Rheuma und Gicht

Bei den Erkrankungen des Bewegungsapparates hat sich das Fasten in vielen Fällen bewährt. Die Beschwerden des rheumatischen Formenkreises umfassen ca. 200 Erscheinungsbilder, wie z. B. die Polyarthritis, Morbus Reiter oder Morbus Bechterew. Schon nach wenigen Tagen kann sich die entzündungshemmende Wirkung des Fastens positiv auf Gelenkbeschwerden auswirken. Das liegt vermutlich daran, daß durch Fasten der Arachidonsäurespiegel im Blut und im Gewebe rasch sinkt und damit auch die Entzündungsvermittler, die aus Arachidonsäure gebildet werden. Das gilt auch für die aktivierte Arthrose, die häufig als eine reine "Abnutzungserscheinung" der Gelenke bezeichnet wird.

Viele Patienten werden mit dem Satz abgespeist: "Damit müssen Sie leben". Dabei wurde während des Fastens bei etlichen Betroffenen eine Besserung der Beschwerden beobachtet. Allerdings muß gerade bei Gelenkpatienten darauf geachtet werden, daß sie viel trinken und durch die Einnahme eines Basenpulvers konsequent entsäuert werden. Sonst kann sich die Harnsäure im Körper aufstauen und unter Umständen einen Gichtanfall auslösen. Auf dem weiten Feld der Hauterkrankungen wie Schuppenflechte, Neurodermitis, Nesselsucht und Ekzeme konnten durch Fasten erstaunliche Besserungen erzielt werden. Die Haut ist ein wichtiges Ausscheidungsorgan, und Irritationen ihrer Oberfläche sind in der Regel Signale eines gestörten Stoffwechsels. Dem Patienten ist nicht damit gedient, diese Alarmzeichen mit Salben, die Cortison enthalten, wegzucremen, sondern es ist eine tiefgreifende Reinigung und Umstellung des Organismus nötig.

Fasten spricht Körper und Psyche an

Darüber hinaus bietet das ausgedehnte Spektrum der psycho-vegetativen und psychosomatischen Erkrankungen, bei denen sich die Psyche auf körperliche Beschwerden auswirkt, eine geeignete Angriffsfläche für die Fastentherapie. Hier gelingt es auf zwei Wegen, dem Patienten zu helfen: dem psychischen und dem physischen Weg. Durch die neurohormonale Gesamtumstellung des Organismus während des Fastens kommt es zu einer erheblichen Stimmungsveränderung: Das Selbstwertgefühl steigt, und ein wachsender Tatendrang wird erlebt. Einige Patienten, die als "kochende Dampfkessel" in die Klinik kommen, zeigen bereits nach kurzer Zeit psychische Ausgeglichenheit. Unter solch günstigen Voraussetzungen reduziert sich auch ein übersteigerter "aggressiver Säftefluß", der z. B. ein Magengeschwür unterhalten kann. Gerade die psychosomatischen Krankheiten verdeutlichen, wie sehr es bei einer guten Therapie darauf ankommt, den Körper, die Seele und den Geist anzusprechen. Eine selbstzerstörerische Einstellung kann so in liebevolle Selbstannahme umgewandelt werden.

Nicht jeder sollte fasten

Das Heilfasten kommt also überall da zum Einsatz, wo die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert und die Immunleistungen verbessert werden sollen. Aus dieser Tatsache ergeben sich auch die Gegenanzeigen zum Fasten. Wenn die Selbstheilungskräfte des Körpers überfordert sind, wie z. B. bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung, ist das Fasten zunächst nicht sinnvoll. Nach einer erfolgreichen Behandlung des Karzinoms kann eine Fastenkur jedoch zur Stärkung der Abwehrkräfte beitragen. Auch eine Überfunktion der Schilddrüse und endogene Depressionen sind keine geeigneten Ausgangsbedingungen fürs Fasten. Ferner sollten schwangere und stillende Frauen nicht fasten, um die Nährstoffversorgung des Kindes nicht zu gefährden und um zu vermeiden, daß abgebaute Schadstoffe über die Muttermilch zum Säugling gelangen.

Wie aufgezeigt, kann eine Vielzahl von Krankheiten mit Heilfasten therapiert werden. Neben den direkten Eingriffen in den Stoffwechsel wirkt das Fasten dabei als übergreifende Ordnungstherapie. Da der Körper von den täglichen Verdauungsaufgaben entlastet ist, kann er die eingesparte Energie zum Ausgleich bestimmter Fehlfunktionen und Organschäden verwenden. Unterstützt wird der Therapieerfolg durch eine langfristig verbesserte Ernährungsweise sowie eine verstärkte körperliche Aktivität, zu der die Patienten während und nach dem Fasten motiviert werden. Sinnvoller ist natürlich das vorbeugende Fasten, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern. Dazu gehört allerdings eine gewisse Einsicht - wie Eugen Roth schon sagte:"Damit es nicht erst kommt zum Knaxe, erfand der Arzt die Prophylaxe. Doch lieber beugt der Mensch, der Tor, sich vor der Krankheit, als ihr vor."

Quelle: Lischka, N.: UGB-Forum 2/96, S. 74-76

Der Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung bildet kompetente FastenleiterInnen aus und hat ein spezielles Konzept für Fastenkurse entwickelt.
Aus- und Fortbildungen für FastenleiterInnen finden Sie hier

Wollen Sie selbst einmal Fasten? Qualifizierte Fastenleiter finden Sie im Netzwerk Gesunde Ernährung.

LITERATUR:
BUCHINGER, O.: Das Heilfasten. 21. Aufl., Hippokrates Verlag, Stuttgart 1987
CARNEGIE, D.: Sorge Dich nicht, lebe. Scherz-Verlag, München 1994
DEBOLOWSKY, U.: Wer mich nicht liebt, ist selber schuld. Junfermann-Verlag, Paderborn 1995
FAHRNER, H.: Fasten als Therapie. Hippokrates Verlag, Stuttgart 1985
LISCHKA, N.: Fasten als Migränetherapie. In: Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 12/3. Jg., S. 978-981, 1992
LÜTZNER, H.: Wie neugeboren durch Fasten. Neuausgabe, 2. Aufl., Gräfe und Unzer, München 1993
LÜTZNER, H.: Aktive Diätetik. Hippokrates Verlag, Stuttgart 1993
SCHRAG, S.: Diabetestherapie mit Heilfasten. In: Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 10/33. Jg., S. 796-806, 1992


. Foto:Esther Stosch / pixelio.de


Dieser Beitrag ist dem UGB-Archiv entnommen.

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