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Zöliakie (Einheimische Sprue)

Etwa 1 Prozent der Bevölkerung ist von der systemischen und immunvermittelten Krankheit betroffen, die besonders in genetisch vorbelasteten Personen durch Gluten und verwandte Prolamine ausgelöst wird. Wichtig für Betroffene sind eine gesicherte Diagnose sowie eine lebenslange glutenfreie Ernährung.

Was ist Zöliakie?

Unter Zöliakie wird eine lebenslange Unverträglichkeit gegen Bestandteile des Klebereiweißes (Gluten, bzw. seine jeweilige Untergruppe der Prolamine) bestimmter Getreidearten wie Weizen, Roggen, Gerste und Hafer verstanden. Bei Betroffenen kann die Aufnahme von Gluten verschiedene Symptome hervorrufen. Zu den klassischen gehören etwa die Schädigung der Dünndarmzotten, Durchfälle und Gewichtsverlust, während atypische Symptome wie Haarausfall und Osteoporose ebenfalls auftreten können und die Diagnostik der Zöliakie erschweren.
Typischerweise zieht eine geschädigte Dünndarmschleimhaut eine gestörte Nährstoffaufnahme nach sich, was sich z. B. beim Säugling in Gedeihstörungen oder beim Erwachsenen als Blutarmut bemerkbar machen kann. Als Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung einer Zöliakie gelten die sogenannten HLA-DQ2- und HLA-DQ8-Moleküle, für die eine genetische Voraussetzung nötig ist. Doch nicht jeder Genträger entwickelt die Erkrankung. Verantwortlich scheint eine Häufung verschiedenster Gene zu sein, die sich zu einem Erkankungsrisiko aufsummieren. Bislang sind erst wenige betreffende Genmerkmale identifiziert. Ihre Interaktion mit den entsprechenden Klebereiweißkomponenten löst eine Immunreaktion und damit Zöliakie aus.

Therapie: Glutenfrei leben

Die einzig mögliche Therapie der Zöliakie ist eine lebenslange, glutenfreie Ernährung. Der Verzicht auf Gluten führt in den meisten Fällen zu einer Besserung der Beschwerden. Wird eine glutenfreie Diät konsequent eingehalten, kann sich die Dünndarmschleimhaut wieder erholen und Symptomfreiheit erreicht werden. Eine glutenfreie Ernährung sollte jedoch erst nach sicherer Diagnose einer Zöliakie verfolgt werden. In der Regel ist dazu eine Kombination aus Anamnese, Dünndarmbiopsie und Blutuntersuchung nötig. Eine glutenfreie Diät zum Untersuchungszeitpunkt kann die Ergebnisse verfälschen und sollte daher dem behandelndem medizinischen Personal unbedingt angezeigt werden.

Der Begriff Gluten bezeichnet bestimmte Eiweißbestandteile in Getreide. Unverträglich ist das Gluten aus Weizen und seinen Verwandten Dinkel, Einkorn, Emmer und Kamut sowie Roggen, Gerste und Hafer. Aber auch Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, und bestimmte Wildreisarten, die botanisch mit dem Hafer verwandt sind, enthalten unverträgliches Gluten. Gluten vollständig zu meiden, ist zu Anfang nicht leicht. Denn das Klebereiweiß kommt nicht nur in Lebensmitteln aus den genannten Getreidearten wie Brot, Kuchen und Nudeln vor, sondern ebenfalls in Bier, Getreidekaffee und vielem mehr. Tabu sind auch alle Fertig- und Halbfertigprodukte sowie bestimmte Kosmetika und Medikamente, die Bestandteile der unverträglichen Getreidearten enthalten (s. Tabelle).

Gluten ist kein lebensnotwendiger Nährstoff. Eine glutenfreie Ernährung verursacht daher keinen Nährstoffmangel. Trotzdem sollten auf dem Speiseplan Betroffener bevorzugt naturbelassene Lebensmittel stehen, wie unverarbeitetes Gemüse und Obst, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Milch sowie in Maßen Fleisch, Fisch und Eier. Diese Lebensmittel sind nicht nur glutenfrei, sondern liefern auch reichlich Nährstoffe, was bei der durch die Erkrankung eventuell verschlechterten Nährstoffaufnahme besonders wichtig ist.

Hier kann Gluten enthalten sein

Getreide/Getreideprodukte
Weizen, Dinkel, Grünkern, Einkorn, Emmer, Kamut, Roggen, Triticale, Hafer, Gerste, bestimmte Wildreisarten, (auch in gekeimter oder fermentierter Form) und daraus hergestellte Produkte wie Mehl, Schrot, Flocken, Brot, Backwaren, Nudeln
Getreidekaffee; Bier (auch Reis- und Maisbier)
Seitan (Fleischersatz aus Weizengluten)

Süßwaren
Pudding-/Saucen-Pulver
Schokoladenwaren, Süßigkeiten (Bonbons, Krokant, Schaumzuckerwaren)
Eiscreme
Trockenfrüchte (Trennmittel)

Milchprodukte
Milchmischerzeugnisse (Bindemittel)
abgepackter, geriebener oder gewürfelter Käse (Trennmittel)
Käsezubereitungen (z. B. Schmelzkäse)

Fleisch/Fisch
Fleisch-/Wurstwaren; panierte Produkte (z. B. Schnitzel, Bratheringe)
Fischzubereitungen (z. B. Krebsfleischimitate)

Sonstiges
Saucen, Suppen, Dressings (Fertig- oder Trockenprodukt)
Fertigmenüs, Light-Produkte, aromatisierte Lebensmittel (Trägerstoff)
Kartoffelerzeugnisse (z. B. Kroketten, Gnocchi, Trockenpulver, Kartoffelchips)
Backzutaten (Tortenguss, Backpulver)
Gewürzmischungen, pulverförmige Gewürze
vitaminisierte und aromatisierte Lebensmittel (Trägerstoff)

Lebensmittel unter die Lupe nehmen

Gluten wird von der Lebensmittelindustrie für zahlreiche Zwecke eingesetzt, z. B. zur Emulgierung, Stabilisierung und als Trägerstoff für Gewürze und Aromen. So kommt es, dass auch Lebensmittel wie Kartoffelchips oder aromatisierte Tees, bei denen keine Getreidebestandteile vermutet werden, Gluten enthalten können.
Gluten selbst wird über die Angabe glutenhaltiger Zutaten als Allergen im Zutatenverzeichnis gekennzeichnet. Vermieden werden sollten alle Lebensmittel, bei denen glutenhaltige Getreidearten, daraus hergestellte Produkte, Weizenstärke oder Pflanzeneiweiß deklariert sind.
Bedenkenlos zugreifen können Betroffene nur bei glutenfreien, unverarbeiteten Lebensmitteln (Gemüse, Obst, Eier, Fleisch und Fisch) oder Produkten, für die der Hersteller ausdrücklich garantiert, dass sie kein Gluten enthalten. Erkennen lassen sich solche Lebensmittel unter anderem am Warenzeichen (durchgestrichene Ähre im Kreis) der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft. Mittlerweile gibt es fast in jedem Supermarkt, besonders in Reformhäusern und Naturkostfachgeschäften, eine Vielzahl glutenfreier Getreideprodukte wie Brot, Backwaren und Nudeln, die in der Regel deutlich teurer als herkömmliche Lebensmittel sind. Häufig weisen sie zudem einen höheren Gehalt an Zucker, Fett und Salz auf als die glutenhaltigen „Originalprodukte“ und sollten deswegen den Speiseplan nicht hauptsächlich ausmachen.
Besondere Aufmerksamkeit ist beim Außer-Haus-Verzehr geboten: Im Zweifel sollte stets nachgefragt werden, was in Speisen enthalten ist.

Küchenpraxis/Ernährungspraxis: Umstellung nötig

Der Verzicht auf Weizen, seine Verwandten und Roggen fällt erfahrungsgemäß den meisten Betroffenen besonders schwer, da ohne diese Getreidearten die Herstellung von herkömmlichem Brot und Backwaren nur mit Abstrichen möglich ist. Alternativ bieten Spezialbetriebe Backwaren aus glutenfreien Getreidearten (Hirse, Mais, Reis) oder sogenannten Pseudogetreidearten (Buchweizen, Amaranth, Quinoa) an. Auch Selberbacken ist möglich. Für Einsteiger eignen sich hier spezielle Backmischungen.
Neben der Ernährungstherapie unterstützen Selbsthilfegruppen, spezielle Koch- und Backkurse sowie Rezeptbücher bei der Umsetzung der glutenfreien Diät.

Nach der Diagnose besonders vorsichtig essen

Zu Beginn der Ernährungsumstellung kann es auch durch glutenfreie Lebensmittel zu Magen-Darm-Beschwerden kommen, wie etwa bei blähenden Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten oder milchzuckerhaltigen Lebensmitteln. Eine geschädigte Dünndarmschleimhaut benötigt Zeit zur Erholung.

Unterstützung – zum Beispiel in Form von Informationen zur Erkrankung, regionalen Ansprechpartnern, Backkursen und Listen glutenfreier Lebens- und Arzneimittel – erhalten Betroffene und Angehörige bei der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG).

Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V.
Kupferstr. 36, D 70565 Stuttgart
Tel. 0711/459981–0, [email protected]
www.dzg-online.de

Weitere Informationen finden Sie hier:
Gut essen – bei Lebensmittelunverträglichkeiten
Allergien und Säure-Basen-Haushalt – was tun?

Stand 2021