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Fleisch - wie viel ist gesund?

Fleisch kommt hierzulande gerne und viel auf den Tisch. Sein Image schwankt zwischen ungesund, weil fett- und cholesterinreich, und unverzichtbar, weil vitamin- und mineralstoffreich. Wie viel Fleisch ist denn nun empfehlenswert? Oder macht es uns vielleicht sogar krank?

Fleisch ungesund

Fleisch wird als ein Stück Lebenskraft beworben. Kinder brauchen es zum Wachsen und Männer sind ohne Fleisch nur halb so männlich. Spaß beiseite – Fleisch und Fleischerzeugnisse haben in einer ausgewogenen Ernährung durchaus ihren Platz. Die große Produktpalette und zahlreiche Zubereitungsmöglichkeiten bieten eine breite Geschmacksvielfalt. Fleisch ist daher ein beliebtes Lebensmittel, das hierzulande in nicht unerheblichen Mengen auf den Tisch kommt. Am beliebtesten ist bei den Deutschen Schweinefleisch mit einem Verzehr von rund 40 Kilo pro Kopf und Jahr, gefolgt von Geflügelfleisch mit knapp 11 Kilo und Rind- und Kalbfleisch mit 8,3 Kilo. Die Hälfte davon wird in verarbeiteter Form als Wurst oder sonstige Fleischwaren verzehrt. Auch wenn der Fleischkonsum in den letzten Jahren leicht zurückgegangen ist, verspeist ein Bundesbürger durchschnittlich 61,6 Kilo pro Kopf und Jahr. Das sind rein rechnerisch 168 g Fleisch, Fleisch- und Wurstwaren täglich.

Biologische Wertigkeit fast ungeschlagen

Fleisch enthält viele Nährstoffe, die vom Körper gut aufgenommen und verwertet werden können. Neben Wasser besteht Muskelfleisch mit durchschnittlich rund 22 Prozent hauptsächlich aus Eiweiß. Es ist reich an essenziellen, also lebensnotwendigen Aminosäuren und gehört deshalb zusammen mit Ei- und Milcheiweiß zu den Proteinen mit der höchsten biologischen Wertigkeit. Durch seinen Eiweißgehalt liefert Fleisch allerdings auch jede Menge Purine. Das sind Eiweißbegleitstoffe, die im Körper zu Harnsäure abgebaut und normalerweise über den Urin ausgeschieden werden. Bei Personen, die einen gestörten Harnsäure-Stoffwechsel haben, kann eine purinreiche Ernährung zu Gichtanfällen führen.

Fettärmer als viele denken

Fleisch wird aufgrund seines Fett- und Cholesterinanteils als eher negativ für die Gesundheit bewertet. Allerdings ist Fleisch in den letzten 20 Jahren immer fettärmer geworden. Verantwortlich für den Rückgang sind vor allem die gegenüber früher wesentlich magereren Zuschnitte, das heißt, es wird von vornherein mehr Fett weggeschnitten. Zudem werden tendenziell immer jüngere Tiere geschlachtet, auch neue Zuchtrassen und anders zusammengesetzte Futtermittel spielen eine Rolle. Mageres Fleisch, bei dem man kein Fett sehen kann – egal ob Schwein, Rind, Pute oder Huhn – enthält heute nur noch zwischen 1 und 4 Gramm Fett pro 100 Gramm. Am deutlichsten ist der Rückgang des Fettgehaltes bei Schweinefleisch. Enthielten 100 Gramm Schweinefilet 1991 noch knapp 9 Gramm Fett, sind es heute gerade noch 2 Gramm. Auch bei sehr fetten Fleischteilen wie beispielsweise Schweinebauch ist der Fettgehalt im selben Zeitraum von knapp 33 auf rund 21 Gramm pro 100 Gramm gesunken. Beim Rindfleisch konnten die Fettgehalte im Laufe der letzten Jahrzehnte nicht ganz so deutlich reduziert werden wie beim Schwein und liegen bei rund 4 Gramm beim Filet und 8 Gramm bei der Hochrippe.

Cholesterin zählt zwar zu den Fettbegleitstoffen, ist aber unabhängig vom Fettgehalt relativ konstant. Im Muskelfleisch schwankt der Cholesteringehalt je nach Fleischart und Teilstück, egal ob Schwein, Rind, Kalb, Geflügel oder Lamm, zwischen 60 und 80 Milligramm Cholesterin pro 100 Gramm. Reichlich Cholesterin ist dagegen in den Innereien der Tiere enthalten. Hier liefern Nieren und Leber zwischen 260 und 380 Milligramm. Fleisch und Wurst sind vor allem bei Männern die Hauptquelle für Cholesterin, von dem sie insgesamt deutlich mehr als die 300 Milligramm aufnehmen, die Ernährungswissenschaftler pro Tag empfehlen.

Ungesättigte Fettsäuren auf dem Vormarsch

Mit dem Fettgehalt in Schweine- und Rindfleisch ist auch der Anteil an gesättigten Fettsäuren gesunken. Er liegt Studien zufolge bei weniger als 50 Prozent. Vorherrschende Fettsäure ist mit einem Anteil von rund 40 Prozent die einfach ungesättigte Ölsäure. Schweinefleisch zeigt im Gegensatz zu Rindfleisch insgesamt ein günstigeres Verhältnis hinsichtlich der mehrfach ungesättigten und gesättigten Fettsäuren. Dagegen ist bei Rindern aus Weidehaltung das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren besser als beim Schwein. Wie sich das Fett im Fleisch zusammensetzt, kann über die Fütterung beeinflusst werden. Dem Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind jedoch Grenzen gesetzt. Je höher dieser ist, desto schneller verdirbt das Fleisch. Außerdem wird es mit höheren Anteilen weicher und lässt sich dann schlechter verarbeiten.

In Rind- und Kalbfleisch sind außerdem konjugierte Linolsäuren (CLA) enthalten. Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren entstehen als Stoffwechselprodukt der Linolsäure im Pansen und in der Milchdrüse von Wiederkäuern. Tierstudien deuten darauf hin, dass sie das Risiko für Krebs, Arteriosklerose und Diabetes senken. Die Wirkungen sind allerdings beim Mensch noch nicht belegt. Der Anteil an CLA in Muskelfleisch lässt sich ebenfalls durch das Futter verändern: Generell hat Muskelfleisch von Rindern, die auf der Weide stehen bzw. Gras fressen, höhere CLA-Gehalte verglichen mit denen, die Silage oder Heu bekommen. Bei Versuchen in der Schweinemast funktionierte eine Erhöhung des CLA-Gehalts nur über entsprechend angereichertes Futter. Gleichzeitig stieg dabei aber auch der Anteil an gesättigten Fettsäuren und an Fett im Muskel insgesamt. Der Gehalt an Ölsäure sank dagegen.

Wichtiger Nährstofflieferant

Fleisch enthält viele wichtige Nährstoffe wie Eisen, Zink und Selen sowie Vitamin A und B-Vi­tamine. Dabei ist das Fleisch von Schwein und Rind deutlich nährstoffreicher als Geflügel. Schweinefleisch zeichnet sich durch besonders hohe Gehalte an Vitamin B1 und B6 aus. Rindfleisch enthält die höchsten Eisen- und Zinkwerte und sehr viel Vitamin B12. Insgesamt kann der Körper die genannten Nährstoffe aus Fleisch sehr gut aufnehmen und verwerten. Vor allem Eisen wird aus Fleisch sehr viel besser aufgenommen als aus pflanzlichen Quellen. Die Nationale Verzehrsstudie II hat erneut gezeigt, dass Fleisch vor allem bei Männern erheblich zur Versorgung mit den oben genannten Vitaminen und Mineralstoffe beiträgt. Es ist dafür zwar nicht nötig, doch gelingt es mit etwas Fleisch im Essen leichter, insbesondere den Bedarf an Vitamin B12, Eisen und Selen zu decken.

Rotes Fleisch schadet

Trotz der vielen positiven und gut verfügbaren Inhaltsstoffe von Fleisch gibt es immer wieder Meldungen, nach denen insbesondere rotes Fleisch Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen soll. Sie stammen beispielsweise aus der EPIC-Studie, die mit 519.000 Teilnehmern weltweit die größte epidemiologische Studie ist, die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krebs sowie anderen chronischen Erkrankungen untersucht. Ihre Daten stützen die Annahme, dass der Verzehr von rotem Fleisch das Darmkrebsrisiko erhöht. Danach steigt das Risiko pro 100 Gramm Fleisch, das täglich verzehrt wird, um fast 50 Prozent, bei gleicher Menge an Wurstwaren sogar um 70 Prozent. Auch das Magenkrebsrisiko (ausgenommen Krebs am Mageneingang) steht laut der EPIC-Studie mit der Aufnahme von rotem Fleisch in Verbindung. Für Personen, die mit dem Magenbakterium Helicobacter pylori infiziert sind, ist das Risiko bei 100 Gramm verzehrtem Fleisch oder Fleischprodukt täglich sogar um das Fünffache erhöht. Des Weiteren zeigen Studien einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von rotem Fleisch und einem höheren Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs sowie hormonabhängigen Brustkrebs.

Die Menge entscheidet

Die bisher weltweit größte Studie zum Risiko speziell von rotem Fleisch, die 2009 veröffentlicht wurde, bestätigt, dass dieses Lebensmittel mit Vorsicht zu genießen ist. Forscher vom National Cancer Institute in Rockville, Maryland, verglichen dazu die Ernährung von über 500.000 US-Bürgern im Alter zwischen 50 und 71 Jahren über einen Zeitraum von 10 Jahren. Demnach erhöhen große Portionen von Rind-, Schweine- und anderem roten Fleisch sowie Produkten daraus die Gefahr von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Studienteilnehmer wurden in fünf Gruppen, abhängig vom Fleischkonsum, eingeteilt. Die Gruppe mit dem höchsten Fleischkonsum hatte gegenüber der mit dem wenigsten Fleisch ein höheres Risiko, an Krebs sowie Herzinfarkt zu sterben. Auch das Risiko für die Gesamtsterblichkeit war erhöht. Insgesamt hätten 11 Prozent der Todesfälle bei Männern und 16 Prozent bei Frauen vermieden werden können, wenn alle Teilnehmer weniger als 150 g rotes Fleisch und Produkte daraus in der Woche konsumiert hätten. Bei Männern, die täglich knapp 250 Gramm rotes Fleisch gegessen hatten, war das Risiko eines Krebstodes um 22 Prozent und das Herztodrisiko um 27 Prozent höher als bei der Gruppe mit dem geringsten Verzehr. Bei Frauen stieg die Gefahr, an Krebs zu sterben, bei gleichem Verzehr um 20 Prozent und sogar um 50 Prozent für einen tödlichen Infarkt und Schlaganfall. Für weißes Fleisch von Geflügel und Fisch konnten diese Zusammenhänge nicht festgestellt werden. Hier beobachteten die Autoren eher einen gegenteiligen Trend. Eine Arbeitsgruppe in Cambridge konnte außerdem zeigen, dass der Verzehr von rotem Fleisch zu einer deutlich erhöhten Bildung von krebserregenden N-Nitrosoverbindungen im Gastrointestinaltrakt führt. Dadurch steigt die Gefahr, dass Darmzellen mutieren sowie bereits vorhandene Tumorzellen streuen. Das heißt, es besteht ein höheres Risiko für Dickdarmkrebs.

Diese Bewertung von rotem Fleisch reiht sich in eine Vielzahl von empirischen Studien ein, bei denen ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen großen Verzehrsmengen von rotem Fleisch und Krebserkrankungen, vor allem Dickdarmkrebs, gezeigt wurde. Inzwischen belegen dies eine Reihe von Metaanalysen.

Weitere Faktoren beteiligt

Nach Meinung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) kann aus den vorhandenen Daten dennoch nicht eindeutig abgeleitet werden, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Krebs oder anderen Todesursachen besteht. Höchstwahrscheinlich gebe es mehrere Ursachen. Dazu zählen neben genetischen Faktoren, die nicht in allen Studien berücksichtigt wurden, auch chemische Verbindungen, die beispielsweise bei der Zubereitung entstehen. Hier sind zum Beispiel die heterozyklische Amine zu nennen, die sich beim Grillen bilden können. Auch das in rotem Fleisch enthaltene Eisen kann die oxidative Schädigung von Darmzellen erhöhen und potenziell krebserregende Verbindungen entstehen lassen. Fleisch und vor allem Fleischerzeugnisse und Wurst tragen erheblich zur Aufnahme an gesättigten Fettsäuren bei, die ebenfalls mit Krebs in Verbindung gebracht werden. Ein ungünstiger Faktor hinsichtlich des Krebsrisikos kann zudem der Salzgehalt verarbeiteter Fleischprodukte sein. Der World Cancer Research Fund (WCRF) und das American Institute for Cancer Research (AICR) empfehlen aufgrund der derzeitigen Datenlage, wenig rotes Fleisch zu essen und verarbeitetes Fleisch (z. B. geräuchertes oder gesalzenes) zu meiden. Konkret raten sie, dass nicht mehr als 500 Gramm pro Woche gegessen werden sollten, davon so wenig wie möglich verarbeitet. Die Vollwert-Ernährung empfiehlt Fleisch nicht ausdrücklich, lehnt aber einen mäßigen Verzehr von bis zu zwei Fleischmahlzeiten mit je 150 g pro Woche auch nicht ab.

Neben dem gesundheitlichen Risiko durch rotes Fleisch ist zu bedenken, dass bei einer sehr fleischlastigen Ernährung Obst und Gemüse meist zu kurz kommen. Dadurch verringert sich dann auch die Aufnahme an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Nach jetzigem Kenntnisstand ist abschließend zu sagen: Wer wenig rotes und wenig verarbeitetes Fleisch, dafür mehr Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukte verzehrt, tut seiner Gesundheit mit Sicherheit etwas Gutes.

Quelle: Barth, A.: UGB-Forum 4/2009, S. 162-165
Foto: R. Rvachov/Fotolia.com