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Fastenerfahrung: Fünf Schritte voraus

Fasten, hatte man mir erzählt, sei etwas besonderes, etwas für die Seele und den Geist. Es hätte wenig zu tun mit der - allerdings angenehmen - Begleiterscheinung des Abnehmens. Fasten sei eine innere Reinigung und käme einer Weltanschauung nahe.

Wer hat nicht schon all die vielen Diäten empfohlen bekommen, die im Laufe der Zeit plötzlich modern wurden und dann wieder verschwanden: Speck und Eier nach Atkins, Ananas von morgens bis abends, Brigitte hin, Brigitte her. Das alles hatte ich erst gar nicht ausprobiert. Das Fasten aber lockte mich. Eine Freundin gab dann den Anstoß. Sie kam nach drei Wochen Fastenkur schlank und unternehmungslustig zurück. Spontan meldete ich mich im gleichen Sanatorium im "Bayrischen" an. Mißtrauisch fuhr ich los. Würde ich mich einfügen können in den Rhythmus eines Kurheims? "Wie geht es Ihnen, welche Beschwerden haben Sie?", fragte die Ärztin bei der Eingangsuntersuchung. Eigentlich geht es mir prächtig, wollte ich antworten, da fiel mir rechtzeitig mein Hosenbund ein, der an allen Ecken und Enden kniff. Also antwortete ich: "Ich fühle mich zu dick und möchte dies ändern". Obwohl ich wußte, daß Fasten mehr mit inneren Werten als mit überflüssigen Pfunden zu tun hat, zuckte ich doch zusammen, als die Ärztin auf dem Kurzettel vermerkte: Zwölf Tage fasten.

Das "Letzte Gericht"

Am Abend bekam ich dann meine letzte Mahlzeit vor dem Nichts. Einsam lag auf dem buntgeblümten Porzellan eine Kartoffel mit reichlich Kümmel bestreut und rohes Sauerkraut. Doch alles von bester Qualität - es schmeckte köstlich. Apfeltee und Buttermilch beendeten das Mahl. Leicht im Magen und zufrieden mit mir, schlief ich prächtig. Als ich am nächsten Morgen das Riesenglas mit Glaubersalz hinuntergewürgt hatte und darum im Zimmer bleiben mußte, um einem gewissen Örtchen nahe zu sein, hatte ich viel Zeit zur inneren Sammlung. Vor meinem ersten Tag im Fastenspeisesaal graute mir. Ich dachte, alle Blicke würden jedes Fettpölsterchen einzeln zählen und viele viel zu dicke Leute säßen traurig vor ihrem faden Süppchen. Doch weit gefehlt. Fröhliches Geplauder empfing mich, und zu meinem größten Erstaunen waren durchaus nicht alle Faster dick. Der sportliche junge Mann an meinem Tisch beispielsweise war Triathlet und bereitete sich hier mit Höhentraining und Fasten auf eine neue Saison vor. Nur so bekäme er die innere Ruhe und körperliche Kraft für seine anstrengende Sportart, erläuterte er seinen Fastenaufenthalt. Die sehr charmante Dame neben mir war Schauspielerin und fuhr zweimal in der Woche zu einer Gastvorstellung nach München. Beim Fasten hole sie sich ihre innere Stabilität. Ein anderer Gast wollte sich von einer schweren Grippe erholen. Mit Erfolg: Nach einer Woche fasten und anschließend gesunder Aufbaukost war er wieder voll bei Kräften.

.. ein Gefühl von Schwerelosigkeit"

Bewegung während des Fastens ist ein Muß. Morgens Gymnastik und schwimmen und am Nachmittag wandern und radfahren. Obwohl ich nichts im Bauch hatte, wurde ich immer aktiver. Mir ging es die ganze Zeit hervorragend, von Kreislaufproblemen und anderen Beschwerden, unter denen manch einer zu leiden hatte, keine Spur. Etwa nach einer Woche stellte sich auch bei meinen Mitfastern ein Gefühl innerer Schwerelosigkeit ein, verbunden mit einem sonderbaren Hochgefühl und einem klaren Kopf. Abends saßen wir oft noch lange zusammen und diskutierten. Mitgebrachte Lektüre wurde ausgetauscht, und alle waren sich einig, selbst schwierige Texte besser zu verstehen. "Plemus venter non student libenter - ein voller Bauch studiert nicht gern". Selten war mir so deutlich, wie Körper und Geist zusammenarbeiten. Die Erklärung für unsere positiven Empfindungen gab uns ein Mitfaster: Die Natur habe den Menschen so ausgestattet, daß er in einer Notsituation die Chance zum Überleben habe. Damit er eine Zeit ohne Nahrung überstehen könne, würde der Körper ein sogenanntes "Überlebenshormon" produzieren, das den Menschen in eine euphorische Stimmung versetze. Dasselbe passiere auch während des Fastens, das ja eine Art Notsituation darstelle. Ob der "Professor" uns nun veräppeln wollte oder ob es das Hormon wirklich gibt, die Erklärung wurde von allen Fastern begeistert angenommen.

Eine gute Kondition

Nun hatte ich zwölf Tage gefastet, sechs Kilo Gewicht verloren und eine gute Kondition. Dann kam mein Mann einige Tage zu Besuch. Wir machten Pläne für die nächsten Tage. Da das Kurheim am Fuß der Alpen lag, wollte mein Mann den nächst gelegenen Gipfel besteigen. "Du bist wohl sicher zu schwach nach so vielen Tagen ohne Essen", sagte er zu mir. Ich war sprachlos, aber nicht lange! Natürlich kam ich mit und meine nette Mitfasterin auch, wir beide hatten den Berg bereits zweimal bestiegen. Ausgerüstet mit dem üblichen Proviant, einer Flasche Wasser und etwas Tomatensaft, zogen wir los. Natürlich wählten wir den direkten Weg, der zeitweise sehr steil war. Und jetzt kam das größte Erlebnis meiner Fastenzeit: Fünfunddreißig Jahre ging ich hinter diesem Mann her, er immer ein paar Schritte voraus. Diesmal, nach zwei Wochen fasten, war ich fünf Schritte vorn. Seitdem bin ich ein überzeugter Fastenfan geworden. Mein Mann übrigens auch.

Quelle: Dittrich, H.: UGB-Forum 2/96, S. 85

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Dieser Beitrag ist dem UGB-Archiv entnommen.

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