Bleiben Sie in Form

Sport ist Mord, sagen die einen. Ohne Sport können sie nicht leben, glauben die anderen. Wie bei so vielen Dingen kommt es auch beim Sport darauf an, ein gesundes Mittelmaß zu finden, das den Körper fordert, aber nicht überfordert und vor allem Spaß macht.

Die Entwicklung zum aufrechten Gang hat die Menschheit einen entscheidenden Schritt nach vorne gebracht. Doch sie hat ihren Preis: Die Muskulatur, die unser Knochensystem in der aufrechten Haltung stabilisiert, muß trainiert werden, sonst drohen Rückenschmerzen, Haltungsschäden oder andere Beschwerden. Für unsere Vorfahren war das kein Problem. Sie waren die meiste Zeit unterwegs, um Nahrung zu suchen. Heutzutage bringt der Alltag jedoch nur wenig Bewegung für unseren Körper. Häufig sitzen wir von morgens bis abends auf unseren vier Buchstaben: bei der Arbeit, im Auto oder in der Straßenbahn, beim Essen und vor dem Fernseher. Kein Wunder, daß hierzulande 50-80 Prozent der Bevölkerung unter Rückenschmerzen leiden, darunter immer häufiger Kinder. Mehr Bewegung im Alltag heißt also die Devise, um gesund und fit zu bleiben.

Tuning für den Körper

Um richtig in Form zu bleiben, müssen sowohl die Körpermuskulatur - unsere Karosserie - als auch der Motor, das Herz-Kreislaufsystem, trainiert werden. Körperspannung, eine aufrechte und selbstbewußte Körperhaltung und strafferes Gewebe sind die sichtbaren Erfolge von regelmäßiger Bewegung. Wer sich fit hält und etwas für seine Ausdauer tut, kann zudem das Risiko für einen Herzinfarkt deutlich reduzieren. Regelmäßige Bewegung macht sich auch im Alltag bemerkbar. Beim Treppensteigen gerät man nicht so schnell aus der Puste, und man fühlt sich einfach wohler.

Wer seinen Körper in Schwung hält, kann außerdem sein Körpergewicht, den Blutdruck und Blutfettwerte wie Cholesterin normalisieren. Gleichzeitig beugt Sport Rückenschmerzen, Gelenkbeschwerden und Osteoporose vor und steigert die körperliche Leistungsfähigkeit sowie die Abwehrkräfte. Voraussetzung ist allerdings, daß man geeignete Sportarten mit der richtigen Intensität betreibt.

Nicht nur Audauer ist gefragt

Jede Sportart stellt unterschiedliche Anforderungen an Geschick, Kondition und Kraft und beansprucht bestimmte Muskelgruppen besonders. Daher bringt es der Gesundheit am meisten, wenn verschiedene Sportarten ausgeübt werden und die Art der körperlichen Beanspruchung variiert. Dabei kann jeder nach seinen persönlichen Vorlieben individuelle Schwerpunkte setzen. Wer seine Kondition unabhängig von festen Trainingszeiten in Form bringen will, ist mit Radfahren, Walking oder Joggen gut beraten. Sie gelten neben Schwimmen, Bergwandern, Skilanglauf und Inline-Skating als ideal, um das Herz-Kreislaufsystem zu trainieren. Bei diesen Ausdauersportarten werden große Muskelmassen beansprucht, was den ganzen Stoffwechsel aktiviert und ökonomischer arbeiten läßt. Sportmediziner halten besonders das Laufen für die gesundheitsfördernde Sportart Nummer eins. Ist die Belastbarkeit des Bewegungsapparates eingeschränkt oder besteht erhebliches Übergewicht, wird zu Radeln oder Schwimmen geraten. Fahrrad und Wasser tragen ein Teil des Körpergewichts, so daß Bänder, Sehnen und Gelenke geschont werden.

Sportarten kombinieren

Wer lieber in Gesellschaft schwitzt und neben der Ausdauer gezielt bestimmte Muskelpartien kräftigen möchte, ist z. B. mit Aerobic und Fitneßgymnastik gut beraten. Auch das dosierte Training an Fitneßgeräten kann vernachlässigte Muskelgruppen stärken und einseitige berufliche Belastungen ausgleichen. Ballspielarten wie Fußball, Handball oder Basketball sind dagegen ideal, um Beweglichkeit und Koordination zu schulen. Allerdings variiert die Intensität der Belastung während eines Spiels sehr stark und ist nur schwer zu dosieren. Um positive Effekte auf das Herz-Kreislaufsystem zu erzielen, sind sie daher weniger geeignet.

Wer sich beim Sport mit anderen messen und gleichzeitig Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination schulen möchte, liegt bei Spielsportarten wie Tennis, Squash oder Badminton richtig. Ein Nachteil dieser Sportarten ist, daß aufgrund der schnellen Bewegungswechsel die Gelenke stark belastet werden - insbesondere beim Squash. Jeder sollte sich aus dem breiten Angebot an unterschiedlichen Sportarten die heraussuchen, die ihm am meisten liegen und wirklich Spaß machen. Denn letztendlich bringt nur die Bewegung etwas, die auch regelmäßig ausgeführt wird. Die Übersicht zeigt, welche Sportart welchen Bereich besonders wirksam trainiert. Am besten ist die Kombination von zwei Sportarten, die sich sinnvoll ergänzen. So ist z. B. Gymnastik gut geeignet, um die Muskeln zu stärken und die Beweglichkeit zu fördern, und daher ein gutes Ergänzungsprogramm zu einem Ausdauertraining wie Radfahren oder Schwimmen.

Dem Streß einfach davonlaufen

Sport bringt aber nicht nur für die Karosserie und den Motor etwas, sondern auch für die Schaltzentrale, das heißt für unseren Kopf. Denn Bewegung ist eine gute Möglichkeit, um aufgestaute Aggressionen abzubauen und Streß einfach wegzutrainieren. Auch das läßt sich mit der Entwicklungsgeschichte des Menschen erklären. Streß bedeutete für unsere Vorfahren meist, daß Gefahr drohte. In solchen Situationen mußten alle Körperreserven für die Flucht mobilisiert werden. Dabei steigen Puls, Blutdruck und Atemfrequenz an, und Gehirn und Muskulatur setzen blitzschnell Energien frei. Zwar haben sich heute die streßauslösenden Situationen geändert, doch Streßhormone wie Adrenalin sorgen noch immer für die gleichen körperlichen Reaktionen. Allerdings rennt bei Überforderung im Beruf, Ärger mit dem Partner oder nervendem Lärm niemand mehr auf und davon. So richten sich die freiwerdenden, ungenutzten Energien häufig gegen den eigenen Körper und lösen Streßsymptome wie Nervosität, Konzentrationsschwäche, Herzklopfen oder erhöhten Blutdruck aus. Ein wirksames Mittel um Streßhormone abzubauen ist also, dem Ärger und Alltagsfrust z. B. einfach davonzujoggen oder sie auf dem Fahrrad abzustrampeln.#

Langsam beginnen

Wer lange keinen Sport mehr getrieben hat, stark übergewichtig oder über 40 Jahre alt ist, sollte sich vor dem Trainingsbeginn vom Hausarzt durchchecken lassen. Ganz wichtig ist es, die noch ungewohnte Belastung langsam angehen zu lassen. Wer sich gleich zu Beginn überfordert, verliert schnell wieder die Lust. Am Anfang ist es sinnvoll, immer wieder kurze Pausen einzulegen und z. B. beim Joggen zwischendurch ein Stück zu gehen. Erst innerhalb von mehreren Wochen wird die Intensität behutsam gesteigert.

Es bringt übrigens wenig, sich einmal in der Woche total auszupowern. Sportmediziner haben nachgewiesen, daß bei einem einzigen großen Sportpensum der Trainingseffekt und die Wirkung auf die Gesundheit deutlich geringer sind als bei mehreren kleinen Bewegungseinheiten. Daher empfehlen sie, mindestens zweimal pro Woche 60-90 Minuten oder dreimal 30-40 Minuten etwas für die Fitneß zu tun. So bleibt einerseits ausreichend Zeit zum Regenerieren, andererseits wird der Körper immer wieder aufs Neue gefordert. Mit der Zeit wird er dadurch belastbarer und leistungsfähiger. Sportliche Aktivitäten sollten außerdem mindestens eine halbe bis dreiviertel Stunde dauern. Diese Zeit braucht unser Stoffwechsel, um sich auf die Belastung umzustellen. Erst dann lassen sich auch merkliche Trainingserfolge erzielen.

Gemeinsam schwitzen, statt einsam sitzen

Viele, die lange keinen Sport getrieben haben, scheuen sich vor einem Neubeginn. Sie halten sich für unsportlich oder haben Angst, sich zu blamieren und schneller schlapp zu machen, als sie sich selbst eingestehen möchten. Manche beginnen daher ihr Training lieber unter Ausschluß der Öffentlichkeit und kaufen sich teure Fitneßgeräte für zu Hause. Doch nach wenigen einsamen Schwitzstunden bleiben die Anschaffungen meist unberührt in der Ecke. Nur wenigen gelingt es, sich ohne festen Termin immer wieder alleine zu motivieren. Mehr Spaß an der Sache verspricht das Angebot der Volkshochschulen, der örtlichen Sportvereine oder von Fitneßcentern. Gemeinsam mit Gleichgesinnten fällt der Einstieg viel leichter. Ein regelmäßiger Termin, Geselligkeit und ein bißchen Gruppenzwang helfen, bei der Stange zu bleiben. Erfahrene Übungsleiter sorgen außerdem für eine korrekte Ausführung der Bewegungsabläufe. Dadurch ist das Training erfolgreicher und Verletzungen werden vermieden.

Oberste Priorität hat bei allem der Spaß an der Bewegung. Wer erst einmal die Anfangsschwierigkeiten überwunden hat, wird die regelmäßige Körperpflege nicht mehr missen wollen. Ganz anders als nach einem anstrengenden Arbeitstag, fühlt man sich nach körperlicher Belastung trotz Ermüdung wohl und entspannt. Sportlich Aktive haben zudem eine positive Ausstrahlung, gewinnen Selbstvertrauen und trauen sich insgesamt mehr zu. So profitieren durch den Sport letztendlich alle Lebensbereiche und man gewinnt ein Stück Lebensqualität.

LITERATUR:
DEUTSCHER SPORTBUND (Hrsg.): WIAD-Studie: Sport und Gesundheit. Frankfurt 1996
N.N.: Sport - Auf die Sprünge geholfen. In: Gesundheit. Öko-Test Sonderheft Nr. 24, S.112-115, 1998
RITZDORF, W.: Bewegung. Techniker Krankenkasse (Hrsg.), Hamburg 1994
SCHWARZ, L; SCHWARZ, M.: Gesundheitssport - sportmedizinische und sportpraktische Aspekte. In: UGB-Forum 4/7. Jg., S. 169-170, 1990
WAGNER-LINK, A.: Nicht stressen lassen. In: UGB-Forum 1/13. Jg., S. 23-25, 1996

Quelle: Becker, U.: UGB-Forum 3/98, S. 132-134

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