Ernährungsfachkraft und Arzt im Team erfolgreicher

Im Seminar der UGB-Akademie „Synergie und Wechselspiel – Medikamente und Lebensmittel, Ernährungstherapie und Arztpraxis“ steht die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Ernährungstherapeut im Fokus.

Sie arbeiten seit vier Jahren als Arzt und Ernährungstherapeutin erfolgreich zusammen. Andere scheuen häufig noch immer die Zusammenarbeit? Worin liegen die größten Probleme – strukturell und kommunikativ?

Will: In einer guten Zusammenarbeit zwischen Ernährungstherapeut und Arzt liegt ein großes Potenzial für eine bessere Versorgung der Patienten. Dies wird allerdings aus verschiedenen Gründen bei weitem nicht genutzt. Vielen Ernährungstherapeuten fällt der Erstkontakt sowie die Kontaktpflege zu Ärzten schwer. Darüber hinaus wissen potenzielle Kooperationsärzte oft nicht, was wir Ernährungsfachkräfte können. Hier bestehen häufig falsche Vorstellungen und Wissenslücken über unsere Arbeit und unsere Kompetenzen. Daher sollten wir das Gespräch mit den Ärzten suchen und es als Chance sehen, unsere beruflichen Kompetenzen und Tätigkeitsfelder zu kommunizieren. Das ist zeitaufwändig und kostet gelegentlich Überwindung, zahlt sich aber langfristig in einer vertrauensvollen und respektvollen Zusammenarbeit aus.

Worin liegen die Chancen einer erfolgreichen Kooperation – für Arzt, Patient und Ernährungstherapeut?

Will: Als Ernährungstherapeutin begleite ich die Patienten über einen befristeten Zeitraum. Ergänzend zum Anamnesegespräch kann der langjährig betreuende Arzt wertvolle Informationen für die Ernährungstherapie liefern. Ein Beispiel: Bei Patienten mit Stoffwechselstörungen können wir über den Arzt den Verlauf der Therapie mittels Laborwerten kontrollieren. Deren Verbesserung motiviert die Patienten und erhöht Vertrauen und Compliance. Umgekehrt gebe ich die relevanten Inhalte und Erfolge der Ernährungstherapie an die Arztpraxis weiter. Selbstverständlich ist hierfür die Entbindung von der Schweigepflicht durch den Patienten Voraussetzung. Die Patienten fühlen sich dadurch in beiden Praxen besser begleitet. Sie haben für ihre medizinischen und ernährungsbezogenen Fragen jeweils kompetente Ansprechpartner, die ihnen individuelle Lösungen anbieten. Das stärkt die Beziehung auf allen Seiten. Außerdem ist der fachübergreifende Austausch eine Bereicherung. Ich bekomme über den Arzt teilweise nach Jahren spontane Rückmeldung zu früheren Patienten, die durch die Ernährungstherapie nachhaltig gesünder wurden. Das ist ungemein befriedigend.

Schwarz: Für den Arzt liegen die Chancen bei einer erfolgreichen Kooperation in der entlastenden Erweiterung diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten, z.B. bei Patienten, die Vorbehalte gegen eine (rein) medikamentöse Behandlung haben, bei denen eine medikamentöse Therapie nicht ausreicht bzw. nicht möglich ist oder die selbst aktiv ihre Gesundheitssituation verbessern möchten. Die Behandlungsergebnisse sind eindeutig besser, auch weil sie nebenwirkungsfrei sind. Eine solche Kooperation steigert für den Arzt die Ressourcen, die Sinnhaftigkeit und die Zufriedenheit seines Handelns. Die Patienten erleben, wie sie selbst ihre Situation verbessern können und übernehmen so Verantwortung für eine wirksame und nebenwirkungsfreie Behandlung.

Wie lässt sich die Kooperation gut gestalten?

Schwarz: Die Kooperation muss vom Arzt als gut begründetes gemeinsames Anliegen vermittelt werden. Er sollte bereit sein, auf die Qualifikation des Ernährungstherapeuten zu vertrauen und einen vorbehaltlosen Informationsfluss ermöglichen.

Will: Das sehe ich genauso; dazu muss zunächst eine Vertrauensbasis gebildet werden. Der Arzt soll erfahren, dass ich als Ernährungstherapeutin das Leistungsspektrum seiner Praxis erweitern kann und ihm nicht die Patienten wegnehme. Umgekehrt soll ich erfahren, dass meine therapeutischen Vorschläge angenommen werden.

Mit welchen Argumenten motiviere ich als Ernährungstherapeut Ärzte zu einer Zusammenarbeit?

Will: Ärzte bekommen häufig von Patienten Fragen zur Ernährung bei ihrer Diagnose gestellt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung nicht beantworten können. Das erwarten aber häufig die Patienten und auch viele Ärzte von sich selbst. Die Überweisung an einen qualifizierten Ernährungstherapeuten steigert das Vertrauen des Patienten in den Arzt. Zu Beginn einer Kooperation sollten natürlich die fachlichen Kompetenzen und die Grenzen für beide Seiten klar definiert sein. Der Aufbau von solchen Kooperationen ist das zentrale Thema in meinem Teil des Seminars: Wie funktioniert Arztakquise? Welche Argumente kann ich anbringen und wie wird eine Kooperation erfolgreich? Was brauchen Ärzte, was Ernährungstherapeuten?

Was können beide Seiten voneinander lernen?

Schwarz: Gegenseitige Ergänzung des individuellen Standes von Wissen und Erfahrung; dies beinhaltet gegebenenfalls auch gegenseitige fachliche Information und Weiterbildung. Der Austausch über Ähnliches und Unterschiedliches in der konkreten Arbeit von Arzt und Ernährungstherapeut ist ausgesprochen hilfreich; unter anderem wird der Patient umfassender verstanden und die Optionen des Handelns werden erweitert. Resultat einer solchen Kooperation ist der Abbau von Vorbehalten. An ihre Stelle können durch die Vernetzung Entlastung und motivierende Erfahrungen treten.

Seminartipp

Synergie und Wechselspiel: Medikamente und Lebensmittel

In diesem Seminar erfahren Sie, wie das Essverhalten die Wirkung von Arzneimitteln verändern kann. Ob Arzt, Diätassistentin oder Ernährungswissenschaftler – hinterher wissen Sie, wie Sie die Kooperation zwischen Arztpraxis und Ernährungstherapie erfolgreich gestalten können.

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Bild © Alexander Raths/Fotolia.com

Stichworte: Medikamente, Arzneimittel, Lebensmittel, Synergie, Nebenwirkung, Ernährungstherapie, Zusammenarbeit, Ernährungsberatung, Kooperation, Compliance, Ärzte


Kohlenhydrate kontrovers Dieser Beitrag ist erschienen in:
UGBforum 4/2018
Kohlenhydrate kontrovers


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