Lupine: Die heimische Eiweißquelle

Als heimische Alternative zu Soja werden die eiweißreichen Samen schon lange gehandelt. Doch Produkte aus den wertvollen Lupinen erobern nur langsam den Markt.

Lupinen_Samen

Die Saat der bunt blühenden Lupinen wird nicht erst seit gestern gegessen. Bereits 2000 vor Christus war den Ägyptern die Lupine ebenso wichtig wie Getreide. In den Mittelmeerländern wird sie in 3000 Jahre alten Schriften erwähnt. Unsere Vorfahren wussten allerdings um die bitteren und schlecht verdaulichen Inhaltsstoffe, die Alkaloide. Sie wuschen die Samen deshalb in Meerwasser, damit sie bekömmlich wurden. Heute ist diese aufwendige Prozedur nicht mehr nötig. Den Züchtern ist es gelungen, alkaloidarme Sorten heranzuziehen, die als Süßlupinen bezeichnet werden. Drei Arten wachsen bei uns auf dem Acker: Gelbe Lupine, Weiße Lupine und Blaue Süßlupine.
Botanisch ist die Lupine eine Leguminose wie die Erbse und die Bohne. Nach der Blüte hängen an den Stängeln drei bis sieben Zentimeter lange Hülsen, die nierenförmige Samen beherbergen. Sobald die Hülsen gut trocken sind, können die Lupinensamen mit dem Mähdrescher geerntet werden.

Von Mehl bis Eis

Unverarbeitet finden sich die Lupinenkerne bisher nicht im Einzelhandel. Da die Samen immer noch Reste an Alkaloiden enthalten, müsste vorher geprüft werden, ob sie für den Verzehr geeignet sind. Das Mehl der Hülsenfrüchte ist immerhin im gut sortierten Naturkosthandel und in Reformhäusern erhältlich und wird vor allem für Zöliakiekranke angepriesen, da es frei von Gluten ist. Zudem verbessert ein Zusatz von Lupinenmehl die Konsistenz und die Haltbarkeit von Backwaren. Neuerdings werden immer öfter mit Lupinenschrot gebackene, eiweißreiche Brote angeboten. Sie enthalten weniger Kohlenhydrate als normales Brot und werden im Rahmen der Low-Carb-Diäten vermarktet. Eine pfälzische Firma verarbeitet die ganzen, vorher eingeweichten Bohnen zu rein pflanzlichen Schnitzeln, Gyros und ähnlichem Fleischersatz, alles in Bioqualität.

Neben Tofu liegt manchmal noch der Eiweißblock „Lopino“ im Kühlregal, der ähnlich wie Tofu hergestellt wird. Da das Produkt deutlich teurer als Tofu ist und leicht bitter schmeckt, hat es sich bei den Verbrauchern nicht durchgesetzt. Auch der eine oder andere Kaffeeersatz ist mit der Hülsenfrucht angereichert. Ganz neu auf dem Markt sind vier Eissorten mit isoliertem Lupinenprotein. Das milchfreie Eis wird unter dem Namen „Lupinesse“ in Süddeutschland verkauft. Entwickelt wurde es von dem Forschungsverbund PlantsproFood aus Mecklenburg-Vorpommern. Mit finanzieller Unterstützung des Bundesforschungsministerium wollen die beteiligten Unternehmen die Sojabohnen des Nordens populär machen.

Wertvolles Eiweiß

Interessant an der Lupine ist vor allem ihr hoher Gehalt an Eiweiß. Mit bis zu 40 Prozent Protein kommt der Gehalt locker an den der Sojabohne heran. Es enthält alle essenziellen Aminosäuren, die der Körper dem Essen entnehmen muss. Die Samen liefern außerdem die Vitamine A und B1 sowie Mineralstoffe wie Kalium, Calcium, Magnesium und Eisen. Verwertbares Vitamin B12 ist, anders als in einigen Veröffentlichungen behauptet, in Lupinensamen allerdings nicht enthalten.

Wie in der Sojabohne wurden in der Lupine Phytoöstrogene entdeckt, allerdings in einer rund 50-mal geringeren Konzentration. Trotzdem ist Volker Briese vom Frauenklinikum der Universität Rostock diesen Inhaltsstoffen auf der Spur. Denn Phythoöstrogene können epidemiologischen Studien zufolge vor Brust- und Prostatakrebs, Osteoporose im Alter und vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen.
Weitere gesundheitsfördernde Effekte sind von den Ballaststoffen der Lupine zu erwarten, die etwa 15 Prozent des Samens ausmachen. Sie fördern die Darmpassage und beugen Darmkrebs vor. Auch eine cholesterinsenkende Wirkung der Lupinenballaststoffe konnte in Studien nachgewiesen werden.
Neben den Ballaststoffen in der Schale steuert offenbar auch das Eiweiß der Lupine seinen Anteil zur cholesterinsenkenden Wirkung bei, wie eine Untersuchung an der Universität Halle zeigte. Der Fettanteil der Lupinensamen ist mit vier bis sieben Prozent deutlich niedriger als der von Soja, aber ebenfalls reich an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Lupinen halten außerdem den Blutzuckeranstieg niedrig, da sie kaum direkt verwertbare Kohlenhydrate enthalten. Diese Effekte können aber nur genutzt werden, wenn der Samen als Ganzes oder als Mehl verzehrt wird. Proteinisolate aus Lupinen enthalten weder Ballaststoffe noch Kohlenhydrate.

Vorsicht bei Erdnussallergie

Die Hoffnung, dass Lupinen weniger allergisches Potenzial zeigen als Soja, hat sich allerdings nicht bestätigt. Seit in Frankreich Lupinenmehl unbegrenzt Getreidemehlen zugesetzt werden darf, ist die Zahl der Unverträglichkeiten dort in die Höhe geschnellt. Besonders häufig und manchmal auch sehr heftig reagieren Erdnussallergiker auf die Lupine. Aufgrund ihres allergenen Potenzials müssen Lupinenbestandteile in Nahrungsmitteln seit 2007 EU-weit vollständig gekennzeichnet werden.

Gut für den Boden

Auch aus ökologischer Sicht ist die heimische Lupine spannend. Sie stellt einen ernstzunehmenden Ersatz für tropisches Soja dar, das durch Regenwaldrodungen und den Einsatz von Gentechnik zunehmend in Verruf kommt. Lupinenpflanzen sind anspruchslos und vertragen Frost und Hitze, da sie mit ihren meterlangen Pfahlwurzeln Nährstoffe und Wasser aus großen Tiefen pumpen. Selbst auf den sandigen, schwierig zu bestellenden Böden Mecklenburg-Vorpommerns wächst sie. Da die an den Wurzeln sitzenden Knöllchenbakterien Stickstoff binden, gilt die Lupine als Bodenverbesserer. Gedüngt werden müssen die Lupinenfelder bis heute nicht. Lupinenforscher Peter Eisner vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising ist sich sicher, dass die Pflanze eine Renaissance erleben wird: „Wir essen ohnehin zu viel Fleisch. Die Lupine beansprucht ein Fünftel der Fläche, die eine Kuh samt Futter einnimmt.“

So sieht‘s der UGB

Gesundheit - 5 von 6 Punkten
Süßlupinen enthalten wertvolles Eiweiß, reichlich Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Bedenkliche Alkaloide wurden weitgehend weggezüchtet.

Eignung - 4 von 6 Punkten
Bislang sind nur wenige Lupinenprodukte auf dem Markt. Produkte mit den ganzen Samen sind besser als solche aus Isolaten.

Ökologie - 6 von 6 Punkten
Lupinen sind ein heimischer Ersatz für ökologisch bedenkliches Import-Soja und als Leguminose gut für die Böden.

Quelle: Donner, S. UGB-FORUM 3/12, S. 127-128
Foto: Antonio Duarte/Fotolia.com