Mikroalgen und Algenöl: Alternative zum Fischöl?

Seefisch und Fischölkapseln gelten als beste Quellen für Omega-3-Fettsäuren. Mikroalgen und daraus hergestelltes Algenöl könnten eine Alternative sein – nicht nur für Vegetarier und Veganer.

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Produkte mit und aus Mikroalgen gewinnen in Zeiten von Superfood, Paleo oder Clean Eating an Beliebtheit. Der Handel preist das aus Mikroalgen hergestellte Algenöl vor allem wegen seines hohen Gehaltes an Omega-3-Fettsäuren an, die für den Menschen essenziell sind und über die Nahrung aufgenommen werden müssen. Aber kann Algenöl tatsächlich eine sinnvolle Alternative zur Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren sein?

In Kapseln und Öl-Mixturen

Mikroalgen wie die Süßwasser­algen Chlorella und Spirulina sind schon seit einigen Jahren im Handel, überwiegend als Nahrungsergänzungsmittel. Eine Vielzahl von Herstellern bietet omega-3-reiches Algenöl in Form von Pellets, Kapseln oder als Mixtur mit anderen Pflanzenölen wie Lein-, Walnuss­- oder Sojaöl an. Mit Algenöl an­gereicherte Öle sind vor allem in Reformhäusern und Bioläden sowie Onlineshops zu finden. Je nach Anbieter variieren die Preise und der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. 100 Algenöl-Kapseln erhält man online zum Beispiel für 12 bis 24 Euro: Pro Kapsel können 225 oder auch 500 Milligramm Omega-3-Fettsäuren enthalten sein. Algenöl als Mixtur wird oft in 250 Milliliter-Fläschchen angeboten und kostet zwischen 5,50 und 24 Euro. Geschmacklich mag das Öl vielleicht gewöhnungsbedürftig sein, da es nach Fisch beziehungsweise Meer schmecken kann.

Relativ neu ist, dass die Industrie Algenextrakte nun auch Lebensmitteln wie Soja-Joghurt oder Mandelmilch hinzufügt. Diese Extrakte stammen dann meist aus den Mi­kroalgen Schizochytrium und Ulkenia. Die Europäische Kommission hatte 2003 erstmals DHA-reiches Öl aus Mikroalgen als neuartige Lebensmittelzutat zugelassen. Die erlaubte Verwendung beschränkte sich zunächst auf Milch- und Milchersatzerzeugnisse, Streichfette sowie Salatsoßen, Frühstückscerealien, Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Im Jahr 2009 weitete die EU-Kommission das Verwendungsspektrum auf Backwaren, Getreideriegel und nichtalkoholische Getränke aus.

Aquakulturen brauchen Licht und Wärme

Anders als Makroalgen, die etwa in Form von Sushi oder Miso-Suppe auf unseren Tellern landen, werden Mikroalgen nicht dem Meer entnommen, sondern in zwei Varianten kultiviert. Eine Möglichkeit sind offene Zuchtanlagen mit flachen, großflächigen Bassins und einer Wassertiefe von etwa 20 Zentimeter. Vorteile dieser Aquakulturen sind die einfache Konstruktion und der preisgünstige Betrieb. Allerdings benötigt ein optimales Wachstum der Algen ausreichend Licht und Wärme. Aufgrund der klimatischen Bedingungen und jahreszeitlichen Schwankungen sind offene Zuchtanlagen in Deutschland nicht wirtschaftlich. Im gemäßigten Klima Europas werden deshalb vorwiegend Röhren-, Platten- und Schlauchsysteme verwendet. Diese geschlossenen Systeme haben eine deutlich höhere Ausbeute als offene Aquakulturen.

Dieser Beitrag ist im UGBforum 3/17 Ernährung: Markt, Macht & Moneten erschienen.

Weltweit größter Algenproduzent ist China. In Europa dürfte Frankreich mit einer Ernte von 90.000 Tonnen die meisten Mikroalgen liefern. Gemessen an der weltweiten Algenproduktion von rund 21 Millionen Tonnen ist dies jedoch ein verschwindend geringer Anteil. In Deutschland wird hauptsächlich in geschlossenen Reaktoren produziert. Die größte deutsche Anlage für Mikroalgenkulturen steht in Sachsen-Anhalt und kultiviert dort Mikroalgen, vorwiegend Chlorella-Algen, in einem 500 Kilometer langen Glasröhrensystem.

Algenöle gesund und nachhaltig?

Um das Öl aus der Algenbiomasse zu gewinnen, wird es extrahiert, in Lösungsmittel angereichert und aufgereinigt. Mit Hilfe von Zentrifugen werden unerwünschte Begleitstoffe wie freie Fettsäuren und Phospholipide entfernt, die unter anderem die Haltbarkeit beeinflussen. Zurück bleiben die für die Algenölpräparate so wichtigen Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA). Diese beiden mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren kann der Körper nur in begrenztem Umfang aus der in einigen pflanzlichen Ölen enthaltenen Alpha-Linolen­säure (ALA) selbst herstellen. Deshalb müssen sie über die Nahrung zugeführt werden. Außer in Mikroalgen kommen sie nur in fetten Seefischen in nennenswerten Mengen vor.

Mit Fisch- und Algenölpräparaten kann es allerdings auch zu viel des Guten werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung erklärt, dass eine überhöhte Aufnahme von über 700 mg DHA/EPA pro Tag auch gesundheitliche Risiken berge. So könnten sich die Blutgerinnung und der Cholesterinspiegel erhöhen und die Immunabwehr beeinträchtigt werden.

Rettung der Fischbestände in den Meeren?

Zur ausreichenden Versorgung mit EPA und DHA wurden bislang vor allem fettreicher Seefisch oder Fischölkapseln angepriesen. Doch sinken die Fischbestände im Meer rapide. Deshalb sind nicht nur Veganer und Vegetarier auf der Suche nach pflanzlichen Alternativen.

Aus gesundheitlicher Sicht könnten Mikroalgen und Algenöle eine ergänzende Rolle bei der Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren spielen. Anstelle des Verzehrs von Seefisch könnten dadurch die Fischbestände in den Ozeanen geschont werden. Diesem Umweltvorteil stehen allerdings die energieintensive Aufzucht und die starke Verarbeitung der isolierten Extrakte gegenüber. Obwohl es in den vergangen Jahren Fortschritte in der Algenzucht gab, ist die wirtschaftliche Bedeutung der Mikroalgen in Deutschland noch gering. Die Zucht und Verarbeitung benötigt bisher noch zu viel Energie und Wasser. Zudem deuten Studien darauf hin, dass auch eine rein pflanzliche Ernährungsweise ohne Präparate die Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren sicherstellen kann, wenn alpha-Linolensäure-reiche Lein-, Raps-, Hanf- und Walnussöle regelmäßig verwendet werden.

Quelle: Willers V. UGBforum 3/17, S. 134-135