UGB-Statement zur Gesundheitsreform

Am 01.01.2000 trat die neue Gesundheitsreform mit dem geänderten § 20 des Sozialgesetzbuches (SGB) in Kraft. Zur Wiederbelebung der Gesundheitsförderung verfasste der UGB eine Stellungnahme, die im Februar an wichtige Krankenkassen, die entsprechenden Berufs- und Fachverbände sowie das Bundesministerium für Gesundheit und die Parteien gesendet wurde.

Prävention, betriebliche Gesundheitsförderung und Stärkung der Selbsthilfe sind als Leistungen der Krankenkassen zur Gesundheitsvorsorge ab dem Jahr 2000 vorgesehen. Dies begrüßt der Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung e.V. - Deutschland (UGB). Derzeit sind die Spitzenverbände der Krankenkassen unter Einbeziehung von Fachinstitutionen, -verbänden und von unabhängigem Sachverstand dabei, einheitliche Kriterien für die anerkennenswerten, qualitätsgesicherten (weil wirksam im Hinblick auf Bedarf, Zielgruppe, Inhalt und Methodik) Maßnahmen und die zugelassenen Leistungserbringer zu erstellen.

Dabei ist zu beobachten, dass in dem offiziellen Bemühen um eine qualifizierte Ernährungsberatung die Lobbyisten verschiedener Berufsgruppen andere - die in der Regel nicht lobbymäßig vertreten sind - als nicht geeignet titulieren. Diese Verdrängung ist zwar auf Grund der seit 1996 schwierigeren Arbeitsmarktlage verständlich, aber weder fair noch sinnvoll. Denn ob ein Betroffener seine Ernährung umstellt oder nicht, ist (leider) nur in geringem Maße von der fachlichen (wissenschaftlichen) Qualifikation der Beratungspersonen abhängig. Noch bedeutungsvoller sind die Kompetenzen: Vermittlungs-, Methoden-, Praxis-, Verhaltensmodifikations-, Motivations-Kompetenz und auch soziale Kompetenz. Zusätzlich besonders wichtig ist - unserer Erfahrung nach - die soziale Nähe zu den KlientInnen.

Zum Thema "Ernährungsberufe und deren Kompetenzverteilung" hatte der UGB bereits 1991 einen Beitrag veröffentlicht (UGB-Forum 1/91). Darin werden die Schwerpunkt-Kompetenzen vieler Ernährungsberufe dargestellt, die die Kompetenz der Oecotrophologen und deren Co-Professionalitäten ausmachen.
Die derzeitigen Überlegungen, nur Diplom-OecotrophologInnen und DiätassistentInnen für die Ernährungsberatung anzuerkennen, wäre insgesamt eine unglückliche und zugleich die teuerste Lösung. Wenn Ernährungsberatung für den Bürger künftig nicht nur qualitätsgesichert und wirksam, sondern auch finanzierbar sein soll, gilt es ein Netzwerk aufzubauen, das auch spezielle Co-Professionalitäten mit in die Ernährungsberatung integriert; denn keiner Berufsgruppe werden in ihrer Ausbildung alle Fähigkeitspotenziale vermittelt. (Ein Arzt macht z. B. nicht alle Handgriffe selbst, das wäre außerdem viel zu teuer.)
Der besondere Vorteil besteht darin, dass unter der Leitung von Diplom-OecotrophologInnen auch oecotrophologische Co-Professionalitäten hergestellt werden können, um einen größeren Wirkungsradius zu erreichen, der sich obendrein kostenreduzierend auswirkt. Ohne dieses Netzwerk (d. h. alle Ernährungsberufe zusammen mit geeigneten Co-Professionalitäten) besteht die Gefahr, dass die Bevölkerung zwar fachlich richtige Ernährungsinformationen methodisch gut präsentiert bekommt, diese aber nicht anwendet, weil zusätzliche Elemente wie z. B. das Praxis-Training und die soziale Nähe zu den KlientInnen fehlen.

Verbandsintern entwickelt der UGB seit etwa 20 Jahren ein inzwischen sehr gut funktionierendes, ergebnisorientiertes Kooperationsmodell, bei dem sowohl verschiedene Berufsgruppen aus dem Bereich Ernährung als auch eigens von Diplom-OecotrophologInnen herangebildete Co-Professionalitäten eingesetzt werden. Insofern fordert der UGB alle Beteiligten auf, eine Lösung zu finden, die nicht wenige Berufsstände an den staatlichen (Finanz-)"Tropf" hängt. Sonst würde die Chance verpasst, dass die Gesundheitsreform 2000 von einer Mehrheit getragen werden kann.

Quelle: Männle, T.: UGB-Forum 2/00, S. 99

Dieser Beitrag ist dem UGB-Archiv entnommen.

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