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Vollwertkost überzeugt

"Komm mir bloß nicht mit Körnerfraß!" Mit solchen oder ähnlichen Vorurteilen weisen immer noch so manche die Vollwert-Ernährung zurück. Grund dafür sind nicht selten Unkenntnis oder die Befürchtung, alte Gewohnheiten aufgeben zu müssen. Doch wer Vollwertkost unvoreingenommen kennen lernt, kommt meist schnell auf den Geschmack.

Vollwertkost

„Vollwertkost gleich Körnerkost“

Viele Menschen setzen Vollwert-Ernährung immer noch gleich mit Vollkorn-Ernährung. Diese Gleichsetzung stammt noch aus den Anfängen der Vollwert-Bewegung. Werner Kollath – einer ihrer Pioniere – hielt Vollgetreide für das wichtigste pflanzliche Lebensmittel. „Das (...) Weizenkorn ist (...) die konzentrierteste Vitalstoffnahrung. Es ist unsere wertvollste und zugleich haltbarste Nahrung.“ So mancher überzeugte Vollwertköstler hat daraus abgeleitet, Körner seien das A und O einer gesunden Ernährung. Grobe Brote mit ganzen Körnern waren bezeichnend für die Anfänge der Vollwert-Küche. Zwar ist die Nährstoffdichte und -zusammensetzung des ganzen Korns unbestreitbar überragend. Getreide ist jedoch nur ein Teil eines abwechslungsreichen, vollwertigen Speiseplans, auf dem außerdem frisches Gemüse, Obst, Milch und Milchprodukte stehen. Mengenmäßig läuft Gemüse und Obst in der VolIwert-Ernährung dem Getreide eindeutig den Rang ab. Der Anteil an Getreide und Produkten daraus kann ganz individuell nach persönlichen Vorlieben variieren. Wichtig ist nur, das volle Getreide zu nutzen, um nicht die wertvollsten Nährstoffe des Korns zu verlieren. Denn die sitzen in Schale und Keim, die in Auszugsmehlen nicht mehr vorhanden sind. Getreide muss nicht als ganzes Korn gegessen werden. Geschrotet oder fein vermahlen ist Vollkorn meist besser bekömmlich.

„Vollwertkost kostet zu viel“

Wer mit seinem konventionellen Einkaufszettel in den Naturkostladen geht, muss tiefer in die Tasche greifen als im Supermarkt – das ist unbestritten. Doch Vollwert-Ernährung ist mehr, als Bio-Lebensmittel zu kaufen. Haushalte, die sich vollwertig versorgen, kaufen weniger teure Lebens- und Genussmittel wie Fleisch, Alkohol, Süßwaren und Fertiggerichte und sparen so Geld, das sie für qualitativ hochwertigere Bio-Produkte ausgeben können. Teurer als zuvor kann es allerdings in der Umstellungsphase werden, wenn noch häufig Süßes oder viel Fleisch auf den Tisch kommen. Ein preisgünstiger Kompromiss auf dem Weg zur Vollwert-Ernährung könnte so aussehen:
– Getreide und Getreideprodukte aus ökologischer Landwirtschaft
– Gemüse und Obst teils aus ökologischem, teils aus konventionellem Anbau
– Milch und Milchprodukte aus dem Supermarkt
– weniger Fleisch
– seltener Süßwaren und Fertigprodukte

„Vollwertkost = Kein Steak mehr essen?“

Vollwert heißt nicht fleischlos, und fleischlos heißt nicht Vollwert! Allein dadurch, dass Fleisch vom Speiseplan gestrichen wird, ist niemand ein gesund ernährter Vollwertköstler. Im Gegenteil: Wer einfach nur das Fleisch weglässt, ansonsten aber viele Fertigprodukte und wenig Gemüse und Obst isst, kann mit einigen Nährstoffen wie Vitamin B1, Folsäure, Eisen und Magnesium unterversorgt sein. Ein- bis zweimal wöchentlich oder als Beilage in Eintöpfen und Aufläufen ist Fleisch also auch in der Vollwerternährung durchaus empfehlenswert. Aus ökologischen Gründen sollte es aus artgemäßer Tierhaltung vom Bio-Bauern stammen.

„Vollwertkost liegt schwer im Magen“

„Ich vertrage Vollwertkost nicht“, klagen manche Neueinsteiger. Tatsächlich kann der ungewohnt hohe Anteil an Ballaststoffen dazu führen, dass zunächst Blähungen entstehen. Besonders diejenigen, die ihre Kost zu schnell umstellen oder falsch zubereiten, können damit Probleme haben. Ursache hierfür ist, dass der hohe Anteil an Ballaststoffen in der Vollwert-Nahrung andere Darmbakterien fördert als die meist übliche fett- und zuckerreiche und gleichzeitig ballaststoffarme Kost.

Wahrscheinlich spielt eine ungünstige Kombination mit bestimmten Lebensmitteln dabei eine Rolle. So scheint es eher zu Blähungen zu kommen, wenn gleichzeitig mit Vollkorn isolierter Zucker, Süßwaren, Säfte oder erhitztes Obst gegessen werden. Um Probleme mit der Bekömmlichkeit zu vermeiden, ist es deshalb wichtig, schrittweise vorzugehen und sich Zeit für eine allmähliche Umstellung zu nehmen. Werden Getreide und Hülsenfrüchte eingeweicht, gut ausgequollen oder gekeimt und reichlich mit Kräutern und Gewürzen abgeschmeckt, sind sie in der Regel gut bekömmlich. Entscheidend ist gerade in der Umstellungsphase zur Vollwerternährung, seine Körpersignale bewusst wahrzunehmen und sich dementsprechend zu verhalten. Auch das Essen ohne Zeitdruck und intensives Kauen fördert die Bekömmlichkeit. Wer rohes Getreide oder irgendein Gemüse nicht verträgt, sollte sie einfach von seinem Speiseplan streichen. Die Vollwert-Ernährung bietet genug Alternativen, die jedem Spielraum für persönliche Vorlieben lassen.

„Vollwertkost - Das schmeckt nicht“

Wer nach dem Motto „Hauptsache gesund“ handelt, hat die Vollwert-Ernährung nicht begriffen. Denn mit Askese hat sie nichts zu tun. Im Gegenteil: Die genussvolle Zubereitung der Speisen gehört zu ihren ausdrücklichen Grundsätzen. Naturbelassene Lebensmittel frisch zubereitet und mit aromatischen Ölen und Kräutern verfeinert, sind die besten Voraussetzungen für köstliche Speisen. Der feine Eigengeschmack der Lebensmittel wird nicht mit Fertigsoßen, Ketchup oder Mayonnaise übertüncht. Wie in der konventionellen Küche auch bedarf es allerdings eines gewissen Know-hows und etwas Übung, mit noch ungewohnten Rezepten leckere Gerichte zu zaubern.

„Vollwertkost - Viel zu zeitaufwendig?“

Mit einer Tütensuppe in Minutenschnelle kann ein Vollwertgericht zeitlich sicher nicht konkurrieren. Aber in weniger als einer halben Stunde ist so manches leckere Gericht frisch zubereitet. Und so lange dauert es mindestens, bis man eine Pizza aufgetaut und aufgebacken hat. Frischkost ist im Nu auf dem Tisch, besonders wenn das Dressing aus Essig, Öl, Pfeffer und Salz für einige Tage auf Vorrat zubereitet wird. Wer nicht gerne schnippelt, für den sind Gemüsesticks mit einem Quark-Dip ideal. Auch Nudeln sind mit würzigem Öl, Kräutern oder gedünstetem Gemüse und Käse fix fertig. Selbst Getreide und Hülsenfrüchte, die lange garen, lassen sich mit einer schnellen Vollwertküche vereinbaren: über Nacht einweichen, morgens aufkochen, ausschalten und nachquellen lassen – so können sie abends gleich weiterverarbeitet werden. Ein Wochenplan kann hilfreich sein und lässt die Überlegung ,,Was koche ich heute?“ nicht zum täglichen Kopfzerbrechen werden. Doch ab und an darf Kochen auch etwas länger dauern: Mit Muße ein leckeres Mahl zubereiten, bietet neben viel Genuss Erholung und Entspannung von einem hektischen Alltag.

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Fromme S.: UGB-FORUM Spezial 2008, S.12-13, Foto: DAK/Schläger