Für jeden das passende Fasten

Die Beweggründe für eine Fastenzeit sind so vielfältig wie wir Menschen. Ebenso vielfältig fallen die unterschiedlichen Fastenformen aus. Dies erschwert zwar die Vergleichbarkeit der einzelnen Methoden, ermöglicht es aber, eine individuell passende Variante für sich zu finden.

Die Ärztegesellschaft für Heilfasten und Ernährung (ÄGHE) definiert den Begriff Fasten in ihren Leitlinien als freiwilligen Verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel für begrenzte Zeit. Die Fastenärzte legen dabei Wert auf eine ganzheitlich Sichtweise, denn Fasten betrifft neben jeder einzelnen Körperzelle auch die geistige, seelische und spirituelle Dimension des Menschen. Dennoch steht für jeden Menschen ein anderer Aspekt im Vordergrund. Voraussetzung ist, sich für eine gewisse Zeit auf den bewussten Verzicht einzulassen.

Erfahrungsgemäß entschließen sich die meisten Menschen hierzulande aus gesundheitlichen Gründen zu fasten – entweder um für ihre Gesundheit vorzusorgen oder eine bestehende Erkrankung zu lindern. Viele erhoffen sich auch, ein paar überflüssige Kilos abzunehmen oder Alterungsprozessen entgegenzuwirken.

Andere sehen im Fasten eine Möglichkeit, sich bewusst eine Auszeit zu nehmen. In Zeiten ständiger Erreichbarkeit und der enormen Informationsflut bietet die Nahrungspause die Chance, sich einmal von allem Überflüssigen zu befreien, den Kopf frei zu bekommen und die augenblickliche Lebenssituation neu zu bewerten. Schließlich gibt es Menschen, bei denen die Neugier auf eine neue Erfahrung im Vordergrund steht. Diese offene und neugierige Haltung sollte jeder mitbringen, denn Fasten beginnt zu allererst im Kopf.

Vorteile für Köper und Geist

Mit jeder Unterbrechung der Nahrungszufuhr – ob für mehrere Stunden, Tage oder Wochen – werden im Körper Prozesse angeregt, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken. Dabei entscheidet die Länge der Fastenperiode, wie intensiv die Wirkung ist. Fastenforscher gehen davon aus, dass bereits eine zwölfstündige Nahrungspause das Stoffwechselgeschehen günstig beeinflusst. Tiefergreifende Prozesse werden aber erst mit einer Fastenphase von mehreren Tagen in Gang gesetzt. Gesunde können bis zu zwei Wochen am Stück auf feste Nahrung verzichten – am besten mit fachlicher Begleitung. Unter ärztlicher Betreuung oder in einer Fastenklinik gelingen auch bis zu vier Fastenwochen.

Regelmäßige Nahrungspausen helfen unter anderem dabei, Körpergewicht und Blutdruck zu normalisieren, Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörungen vorzubeugen oder das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu vermindern. Fasten wirkt entzündungshemmend und schmerzlindernd, was bei rheumatischen Erkrankungen helfen kann. Fastende berichten zudem über einen ausgleichenden Effekt auf die Stimmung.

Wissenschaftler kommen den genetischen und biochemischen Mechanismen des Fastens immer genauer auf den Grund. Forscher wie Prof. Dr. Valter Longo von der University of Southern California in Los Angeles oder Prof. Dr. Frank Madeo von der Universität Graz untersuchen derzeit die lebensverlängernden Effekte des Nahrungsverzichts. Der japanische Mediziner und Nobelpreisträger Yoshinori Ohsumi erforscht dagegen seit Jahrzenten den Prozess der Autophagie. Dies ist eine Art Recycling-Verfahren in der menschlichen Zelle, bei dem Fehlerhaftes und Endprodukte des Stoffwechsels abgebaut werden. Ständige Nahrungszufuhr stört die Selbstreinigung der Zellen, denn sie läuft bevorzugt bei zeitweiligem Energiedefizit ab. Fasten ist damit eine Möglichkeit, die Autophagie in Gang zu setzen. Vor diesem Hintergrund lässt sich erklären, weshalb Essenspausen günstig auf Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Alzheimer und Parkinson wirken können.

Erste Erfahrungen entscheidend

Die erstaunlichen Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Nahrungspausen wecken bei immer mehr Menschen das Interesse, für gewisse Zeit auf das gewohnte Essen zu verzichten. Ist die Entscheidung dann getroffen, steht die Frage im Raum, welche Fastenmethode die richtige ist. Soll es eine Fastenkur nur mit Saft oder Brühe wie zum Beispiel nach Dr. Otto Buchinger werden? Oder sind kurzzeitige Nahrungspausen über mehrere Stunden oder einzelne Tage wie beim Intervallfasten besser geeignet? Ist vielleicht eine Entlastungswoche mit basenreichen Gerichten das Richtige? Um die geeignete Fastenmethode für sich zu finden, sollten im Vorfeld einige Fragen geklärt werden. Zum Beispiel ob überhaupt gefastet werden darf. Zu den Ausschlusskriterien zählen neben Schwangerschaft und Stillzeit starke Erschöpfungszustände, Essstörungen und Psychosen sowie chronische Erkrankungen wie fortgeschrittene Leber- oder Niereninsuffizienz.

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Fastenleiter begleiten gesunde Menschen kompetent durch das Fasten – in Fastenkuren, Fastenkursen oder Fastenkliniken. Diese Ausbildung ist für alle geeignet, die selbst eine gesundheitsfördernde Lebensweise praktizieren und andere dazu motivieren und anleiten wollen.

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Das erste Fastenerlebnis entscheidet oft darüber, ob Fasten zu einem festen Bestandteil der eigenen Lebensführung wird oder ein einmaliger Versuch bleibt. Gerade Erstfaster profitieren daher von der Anleitung eines gut ausgebildeten Fastenleiters, beispielsweise an der UGB-Akademie. Fastenbegleiter wissen um die Individualität ihrer Teilnehmer, gehen auf deren Bedürfnisse ein, stehen motivierend zur Seite und wissen, wie man sich in besonderen Fastensituationen helfen kann. Zudem bietet die Geborgenheit einer Gruppe zusätzliche Unterstützung und erleichtert das Durchhalten.

Individuelle Lebenssituation berücksichtigen

Die körperlichen Voraussetzungen haben ebenfalls Einfluss auf die Wahl der Fastenmethode, die Dauer und das entsprechende Begleitprogramm. Wer über ausreichend Speicher verfügt, kann länger fasten als eine sehr schlanke Person. Wer Freude an Bewegung hat und gerne draußen in der Natur ist, für den eignen sich aktive Fastenmethoden wie zum Beispiel Fastenwandern. Wer eher Besinnung sucht, dem bietet ein Fastenaufenthalt im Kloster die Gelegenheit für innere Einkehr.

Auch die Lebensumstände entscheiden darüber, wie und wo gefastet werden kann. Wer ungebunden und unabhängig ist, hat eher die Möglichkeit, an einer Urlaubsfastenwoche teilzunehmen. Dagegen eignet sich für jemanden der familiär oder beruflich stärker eingebunden ist, eher ein Fastenkurs vor Ort. UGB-Fastenleiter, von denen sich viele im Netzwerk Gesunde Ernährung zusammengeschlossen haben, bieten an Volkshochschulen, Familienbildungsstätten, kirchlichen Einrichtungen oder als selbstständige Kursleiter Kurse in Deutschland, Österreich und der Schweiz an – nicht nur in der vorösterlichen Fastenzeit. Wer schon öfter gefastet hat und weiß, wie der eigene Körper auf den Nahrungsentzug reagiert, kann dies auch auf eigene Faust tun. Zahlreiche Ratgeber helfen bei der Umsetzung zu Hause. Doch selbst erfahrene Faster schwören auf die einfühlsame fachliche Begleitung und das Erlebnis in der Gruppe.

Heilfasten ist Fasten mit therapeutischer Absicht und sollte immer unter ärztlicher Betreuung oder in einer Fastenklinik stattfinden. Dort wird die Fastentherapie je nach Krankheitsbild von einem multidisziplinären Team ganz individuell angepasst. Neben der körperlichen wird hierbei immer auch die psycho-soziale und spirituelle Dimension mitangesprochen, zum Beispiel mit Achtsamkeitstraining oder geleiteten Meditationen, und im Angebot der jeweiligen Klinik berücksichtigt. Wer die therapeutischen Möglichkeiten des Fastens für sich nutzen möchte, kann sich an eine der bundesweiten Fastenkliniken oder Fastenärzte wenden (weitere Infos).

An „echtes“ Fasten herantasten

Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht länger fasten darf, keinen Zugang zum Fasten findet oder sich erst einmal an das Fasten herantasten will, für den kann das Intervallfasten eine Alternative sein. Die Ansätze variieren von stunden- oder tageweisen Zeiten ohne Essen. Ab einer Nahrungspause von zwölf Stunden wird die Fettverbrennung angekurbelt und die Leber- und Zellregeneration setzt ein. Die Intervalle lassen sich beliebig ausdehnen und nach eigenen Bedürfnissen in den Alltag integrieren. Einfach einmal das Frühstück oder das Abendessen ausfallen lassen, ist beispielsweise ganz einfaches Alltagsfasten. Oder im Wechsel einen Tag essen, einen nicht.

Für diejenigen, die eine mehrtägige Nahrungspause als zu große Hürde empfinden, kann eine „Basenkur“, oft auch als Basenfasten bezeichnet, als Einstieg geeignet sein. Der Ansatz geht auf das Ehepaar Sabine und Dr. Andreas Wacker zurück und es kommen dabei für bis zu drei Wochen nur als basisch definierte Lebensmittel wie Gemüse, Sprossen, Samen, kalt gepresste Öle und Obst auf den Tisch. Alles Säurebildende wie Brot, Teigwaren, Milch, Käse, Fleisch oder Fisch beibt in dieser Zeit tabu. Zwar zählt diese Kostform eigentlich nicht zum Fasten, doch durch den hohen Anteil pflanzlicher Lebensmittel und die hohe Ballaststoffzufuhr ist die basenreiche Kost als Entlastungskur gut geeignet.

Nachhaltige Effekte auf den Lebensstil

Um langfristig von den Erfolgen zu profitieren, ist es hilfreich, sich Ziele für die Zeit nach dem Fasten zu setzen. Dem einen ist es wichtig, weiter abzunehmen, der andere möchte sich mehr bewegen, Stress abbauen oder sein Essverhalten verbessern. Da Fasten eine Unterbrechung aller Verhaltensmuster darstellt, ist es wie geschaffen, den bisherigen Lebensstil zu überdenken und mehr Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Das neue und bewusste Spüren von Hunger und Sättigung nach dem Fasten hilft, den Unterschied zu Essgelüsten leichter wahrzunehmen und so das Ernährungsverhalten zu verbessern. Zwar gibt es bisher keine umfangreichen Erhebungen zur langfristigen Gewichtsreduktion und Lebensstilmodifikation durch Fasten, dennoch liefern zahlreiche Fallbeispiele aus Fastenkliniken ermutigende Erkenntnisse. Über 60 Prozent der Menschen, die regelmäßig in einer Klinik fasten, halten ihr Gewicht oder nehmen sogar noch weiter ab und das über Jahrzehnte.

Je stärker man seine individuellen Bedürfnisse im Fasten berücksichtigt, desto eher wird die freiwillige Nahrungspause eine positive Erfahrung. Wer sie als Highlight für Körper, Geist und Seele wahrnimmt, lässt sie zu einem festen Bestandteil der eigenen Fürsorge und mehr Wohlbefinden und Gesundheit werden.


Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Fasten gemacht? Was hat Sie begeistert oder was hat vielleicht nicht so gut geklappt? Welche Fastenmethode bevorzugen Sie?
Berichten Sie uns und anderen von Ihren Erfahrungen und Erlebnissen.


Bild © Sebnem Ragiboglu/123RF.com

Stichworte: Fasten, Heilfasten, Intervallfasten, Intermittierendes Fasten, Basenfasten, Entlastungskur, Nahrungspause, Autophagie, Fastentherapie


Natürlich entlasten – Frühjahrsputz von innen Dieser Beitrag ist erschienen in:
UGBforum 1/2019
Natürlich entlasten – Frühjahrsputz von innen


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