Ernährung bei Demenz

Die Ernährung Demenzkranker stellt eine besondere Herausforderung dar. Kommen Kauprobleme und Schluckstörungen hinzu, braucht es eine gute Organisation von Küche und Pflege, um die Betroffenen vollwertig zu versorgen.

ernährung demenz © DAK

Durch die etwa 1,5 Millionen Demenzkranken in Deutschland findet ihre Versorgung eine immer größere Beachtung. Häufig kommt es bei den Patienten schon frühzeitig zu einem veränderten Trink- und Essverhalten. Manche verweigern das Essen aufgrund von Appetitverlust oder einer veränderten Wahrnehmung, zum Beispiel durch Schluck- und Riechstörungen. Die zeitliche und räumliche Desorientierung, die schnelle Ablenkbarkeit oder weil das Essen auf dem Teller nicht mehr richtig erkannt wird, verringern in vielen Fällen die Nahrungsaufnahme. Gerade pürierte Kost kann das Misstrauen der Patienten wecken: „Es gibt wieder die pürierten Reste von letzter Woche.“

Pürierte Kost

Auch Menschen die nur noch begrenzt Nahrung zu sich nehmen, haben einen Anspruch auf vollwertiges, frisches und wohlschmeckendes Essen. Daher geht es bei pürierter Kost nicht um die Resteverwertung vom Vortag.

  • Bei der pürierten Kost werden die Menükomponenten im Fleischwolf oder Mixer zerkleinert.
  • Oberste Priorität haben hier frisch verarbeitete Lebensmittel mit kurzen Garzeiten, um vitaminschonend und nährwertreich zubereiten zu können. Die Speisen werden auf den Punkt gegart (al dente) und dann püriert.
  • In der Großküche werden die Speisen im Schockkühler auf 2 Grad herunter gekühlt und danach im Thermobehälter in den Wohnbereich geschickt.

Krankheit beeinträchtigt das Essverhalten

Bei auftretenden Kau- und Schluckbeschwerden, Gebissproblemen oder Abszessen im Mund verschlimmert sich die Lage und das Risiko einer Mangelernährung steigt stark an. Häufig tritt bei einer beginnenden Demenz eine rapide Gewichtsabnahme auf. Ein Verlust von mehr als fünf Prozent des Körpergewichtes in drei Monaten oder zehn Prozent in sechs Monaten sollte von den Angehörigen als Alarmsignal betrachtet werden. Der Gewichtsverlust gilt allerdings nicht als Symptom, sondern als Begleiterkrankung einer Demenz.

Ein ernstzunehmendes Problem bei Demenzpatienten ist die Dehydration. Bei älteren Menschen ist das Durstgefühl ohnehin vermindert. Dies kann sich durch die Krankheit noch verstärken. Manche haben auch Angst vor nächtlichem Harndrang und Inkontinenz und verzichten darum bewusst auf die Flüssigkeitszufuhr ab dem Nachmittag. Durch das veränderte Geschmacksempfinden erhöht sich zudem oft der Salzkonsum, wodurch der Flüssigkeitshaushalt zusätzlich belastet wird.

Selbstbestimmung der Patienten Raum geben

Wesentlich bei der Versorgung von Demenzpatienten ist es, auf ihre Wünsche und Vorstellungen einzugehen. Wer früher gerne Fleisch gegessen hat, sollte dies auch weiterhin tun dürfen. Bekehrungsversuche zur fleischlosen Kost sind nicht angebracht. Auch auf nicht zwingend notwendige Diätvorschriften sollte verzichtet werden. Idealerweise steht die Wunschkost im Vordergrund, auch Genussmittel sind erlaubt. Traditionelle Speisen lassen sich als Fingerfood anbieten. So fällt das Essen leichter und es können kleine Portionen aufgenommen werden, bei Bedarf auch als pürierte oder passierte Kost. Fünf bis sechs Mahlzeiten pro Tag sind ideal. Das entlastet den Verdauungstrakt und verbessert die Bekömmlichkeit. Meist sind die Patienten von großen Portionen überfordert. Ihnen fällt es leichter, mehrmals am Tag kleine Portionen zu essen.

Schaumkost

Für Menschen mit massiven Schluckstörungen ist die Schaumkost ideal. Sie ist etwas flüssiger als die passierte Kost und sollte durch ein Sieb gestrichen werden, um kleinste Krümelchen zu umgehen. Anschließend wird diese mit einem Bindemittel wie Cellulose, Agar-Agar oder Guarkernmehl verarbeitet und über einen hitzestabilen Espuma-Siphon (ähnlich einem Sahnebereiter) aufgeschäumt.

  • Schäume (Espumas) werden in Gläser serviert, da die Rezeptur so gestaltet ist, dass die Menükomponenten langsam, aber leicht fließend nach hinten laufen.
  • Für die Verarbeitung wird ein leistungsstarker Mixer benötigt, der Smoothie-tauglich ist.
  • Notwendig ist ein hitzestabiler Sahnespender. Mit herkömmlichen Sahnebläsern kann man nur kalte Schäume verarbeiten.

Eine klare, farbliche Abtrennung von Tisch, Geschirr und Speisen erleichtert es Demenzpatienten, das Essen zu erkennen. Zusätzlich unterstützt eine deutliche Trennung der einzelnen Nahrungskomponenten die Wahrnehmung. Falls das Essen aus motorischen Gründen schwierig ist, helfen Spezialgeschirr und -besteck. Da Demenzkranke sich oft sehr schnell ablenken lassen, ist auch auf eine ruhige Atmosphäre zu achten. Radio und Fernseher bleiben besser ausgeschaltet. Rituale wie das gemeinsame Tischdecken können dagegen helfen, das bevorstehende Essen stärker ins Bewusstsein zu holen.

Betreuende sollten die Mahlzeiten nicht nur als reine Nahrungsaufnahme ansehen. Essen und Trinken ist mehr als das, es ist soziale Teilhabe, Struktur und auch Selbstbestimmung für den Patienten. Selbstbestimmung, die der Erkrankte schon oft zu großen Teilen aufgeben musste. Zuwendung und Entscheidungsfreiheit sind wichtig, damit der Patient seine Wünsche in die Speisengestaltung miteinbringen kann. All das trägt dazu bei, Demenzkranke und auch Hochbetagte ausreichend mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen.

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Quelle: Martin H. Thill M. UGBforum 3/16, S. 131-132