Babykost: Kaufen oder selber machen?

Fertige Babybreie aus dem Supermarktregal sind sehr bequem. Wer sein Kind aber von klein auf an eine frische und naturbelassene Vollwertkost gewöhnen möchte, greift am besten selbst zum Pürierstab.

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© O. Kuzmina/123RF.com

Auf den ersten Blick erscheint es praktisch und sicher, zu Fertigkost zu greifen. Die Werbung der großen Anbieter setzt auf die Ängste junger Eltern. Sie locken mit der Einhaltung strenger Grenz­werte, Bio-Zutaten, sorgfältigster Qualitätskontrolle und suggerieren damit, normales Essen sei nicht sicher genug. Tatsächlich unterliegt industrielle Säuglings- und Kleinkindnahrung der Diätverordnung. Die Hersteller müssen strikte Vorgaben einhalten, zum Beispiel zur Nährstoffzusammensetzung oder zur Belastung mit Nitrat (max. 200 mg/kg) und Pflanzenschutzmitteln (0,01 mg/kg).

Frisch zubereitet schmeckt es besser

Die Hersteller betonen gerne die schonende Zubereitung der Zutaten vom Feld bis ins Gläschen. Dass sich dann ein Sterilisieren bei über 100 Grad Celsius anschließt, um den Babybrei keimfrei zu bekommen, bleibt meist unerwähnt. Hitzeempfindliche sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine wie Folat bleiben auf der Strecke. Üblicherweise werden anschließend nur Vitamin C und Vitamin B1 (bei Getreidebreien) zugesetzt. Gläschen bleiben damit eine Konserve – und das schmeckt man. Der Gaumen des Kindes gewöhnt sich an den standardisierten Geschmack haltbarer Fertigkost. Wer das Experiment macht und einmal frisch gegarte, pürierte Möhren und Kartoffeln im Vergleich zu dem entsprechenden Gläschenmus probiert, wird den Unterschied schmecken. So überrascht es nicht, dass der Übergang zum Familienessen mit selbst zubereiteter Beikost aus frischen Lebensmitteln leichter gelingt. Das Baby hat den Grundgeschmack mit seinen feinen Varianten dann bereits kennen und mögen gelernt.

Nur wenige Produkte, die sich in den Supermarktregalen finden, entsprechen den von Fachinstitutionen wie dem Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) in Dortmund empfohlenen drei Grundbreien: Kartoffel-Gemüse-(Fleisch-)Mus, Obst-Getreide-Brei und Milch-Getreide-Brei. Sie sollten aus wenigen Lebensmitteln bestehen und auf einzelne Sorten an Gemüse oder Obst setzen. So können die Kleinen den Geschmack von Karotte oder Brokkoli, Apfel oder Erdbeere klar wahrnehmen. Falls Unverträglichkeiten wie Durchfall oder ein wunder Po auftreten, ist die Ursache leichter einem Lebensmittel zuzuordnen. Schon manche Gläschen, die zum Füttern nach dem vierten Monat angeboten werden, enthalten aber mehrere Sorten Gemüse oder Obst. Säuglinge benötigen nicht die Vielfalt wie Erwachsene. Produktnamen und Rezepturen appellieren eher an die Vorlieben der Eltern, als dass sie sich am Bedarf der Kinder orientieren. Welchen Sinn machen ein fein pürierter „Bunter Kartoffelauflauf“ oder ein „Apfel-Banane-Zwieback“ aus dem Gläschen?

Zutatenliste genau studieren

Hilfreich bei der Wahl von fertigen Babybreien ist ein genauer Blick auf die Zutatenliste. In einer Portion Gemüse-Kartoffel-Mus (ca. 200 Gramm) sollten zweimal pro Woche 20-30 Gramm mageres Fleisch, fettreicher Seefisch (Lachs) oder ca. 10 Gramm eisenreiches Vollkorngetreide (Haferflocken) enthalten sein. Zudem sollte der Brei mit 10 Gramm Rapsöl angereichert sein. Milchprodukte haben hier nichts zu suchen, da das enthaltene Protein die Eisenausnutzung verschlechtert. Genau an diesen Punkten hapert es bei den Fertigprodukten: ein geringer Fleischanteil, häufig zu wenig hochwertiges Fett und Zusätze von Milch, Rahm oder Käse – und das ausgerechnet bei manchen vegetarischen Menüs. Ähnlich sieht es bei Getreide-­Obst-Gläschen oder auf den ersten Blick reinen Obstzubereitungen aus. Auch sie enthalten oft Milchbestandteile. Das Getreide ist selten ein Vollkornprodukt. Augen auf, heißt es auch beim Zuckergehalt. Zwar ist den Anfangsgläschen in der Regel kein Zucker zugesetzt. Doch die Hersteller arbeiten gerne mit einem hohen Anteil an Banane und zum Teil konzentrierten Säften. Was alles in Babybreien drinsteckt, offenbaren die Internetseiten der Hersteller und die vom FKE erstellte Beikost-Datenbank.

Breimahlzeiten einfach selbst zubereiten

So wie Stillen als erste Nahrung für Babys optimal ist, so ist in der Beikost selbst zubereiteter Baby­brei aus frischen Lebensmitteln die erste Wahl. Mit nur drei einfachen Grundrezepturen aus wenigen Lebensmitteln kommen Eltern problemlos durch die Beikostzeit: Begonnen wird mit einem Mus aus Kartoffeln und Gemüse, bei dem anfangs nur eine Gemüsesorte verwendet wird. Für den Einstieg eignen sich nährstoffreiche, milde Sorten wie Karotten, Pastinaken, Kürbis, Blumenkohl, Brokkoli oder Kohlrabi. In bissfest gegartem Gemüse bleiben die hitzeempfindlichen Nährstoffe bestmöglich erhalten und Ballaststoffe werden weniger stark zersetzt. Mindestens zweimal pro Woche wird der Brei mit magerem Muskelfleisch und einmal mit fettreichem Fisch ergänzt. 20 bis 30 Gramm reichen. Das Fleisch lässt sich in größeren Portionen vorgaren und in Eiswürfelbehältern portionsgerecht einfrieren. In der Zahl der Fleischportionen weichen die Empfehlungen des UGB vom FKE ab. Das FKE rät zu fünf Portionen à 30 Gramm Fleisch pro Woche. Doch der hohe Fleischanteil ruft oft Verstopfungen hervor, der Gemüseanteil fällt dann geringer aus und es macht die Umgewöhnung nach dem ersten Lebensjahr auf die dann empfohlenen zwei Fleischportionen für Kinder und Eltern schwieriger. Statt Fleisch werden eisenreiche Vollkornflocken (Hafer, Roggen, Hirse) mitgegart. Zur besseren Eisenaufnahme erhält das Kind Vitamin-C-reichen Obstsaft oder Obstmus dazu. So ist auch eine vegetarische Ernährung möglich.

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Etwa ab dem sechsten Lebensmonat wird dann ein Obst-Getreide-Brei eingeführt. Er wird aus Vollkorngetreide und frischem, unerhitztem Obst hergestellt. Ideal sind Hafer-Kleinblattflocken oder Hirseflocken, die vor dem Pürieren kurz eingeweicht werden. Der Brei wird nicht erhitzt, sondern nur püriert. Diese beiden Breie sind milchfrei, damit Eisen bestmöglich aufgenommen werden kann. Beide werden mit hochwertigem Fett angereichert, um den hohen Energiebedarf des Säuglings zu decken. Bio-Rapsöl oder auch ein mildes Bio-Leinöl liefern Omega-3-Fettsäuren, im Wechsel sorgt Butter für Lezithin, dass für die Gehirnentwicklung wichtig ist. Das Fett wird nicht mit dem Brei erhitzt, sondern direkt vor dem Füttern kalt eingerührt.

Milch-Getreide-Brei bringt Energie

Der Milch-Getreide-Brei wird aus pasteurisierter Vollmilch und Vollkornmehl oder -grieß zubereitet: 2-3 Minuten unter Rühren kochen – fertig. Reis und Reisprodukte können bedeutende Mengen an krebserregendem Arsen enthalten. Deshalb werden in der Säuglings- und Kleinkindernährung vorrangig Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer und Hirse verwendet. Amaranth und Quinoa können reich an Gerbstoffen, Saponinen, Oxalaten, Phytaten oder Isoflavonen sein. Diese Stoffe sind für die Kleinen gesundheitsabträglich oder können die Verfügbarkeit von Mineralstoffen, Vitaminen und Proteinen hemmen. Auch Buchweizen ist wegen des möglichen hohen Gehaltes an Fagopyrin nur bedingt geeignet. Der Farbstoff kann zu Hautirritationen führen.

Abweichend von den Empfehlungen des FKE rät Edith Gätjen, Dozentin im Bereich Säuglingsernährung an der UGB-Akademie, den Milch-Getreide-Brei erst als dritte Beikostmahlzeit einzuführen: „Oft sind die Kinder am Abend zu müde, um den Milchbrei zu essen, und haben noch ein größeres Saugbedürfnis, so dass zusätzlich die Brust oder Flasche gegeben werden. Das Löffeln am Abend gelingt leichter, wenn die Kinder in ihrer Entwicklung weiter sind. Sich am Vor- und Nachmittag zunächst an den Obst-Getreide-Brei und als letzte Stufe abends an den Milch- Getreide-Brei zu gewöhnen, fügt sich zudem besser in das spätere Mahlzeitenschema mit Zwischenmahlzeiten und Abendbrot ein.“

Das Würzen kommt erst später

Für das Baby zu kochen, kann gut in die Zubereitung des eigenen oder Familienessens integriert werden. Salz, Gewürze und Zucker gehören allerdings nicht in die Beikost. Wichtig sind zudem frische Zutaten und sauberes Arbeiten. Reste vom Füttern werden entsorgt. Gemüse-Kartoffel-Mus und Fleisch lassen sich grundsätzlich auf Vorrat garen und portionsweise einfrieren. Der Milch-Getreide-Brei ist zwar schnell gekocht, kann aber auch als eine Portion für den nächsten Tag im Kühlschrank aufbewahrt werden. Der Obst-Getreide-Brei muss täglich frisch zubereitet werden – das dauert keine fünf Minuten. Kühl aufbewahrt hält er sich nur etwa vier bis fünf Stunden.

Gemüse und Obst für die Beikostmahlzeiten sollten aus der Region stammen und nach Saison ausgewählt werden. Was im Freiland wachsen und reifen kann, enthält mehr sekundäre Pflanzenstoffe und auch weniger Nitrat als Gewächshausware. Die für die erste Breimahlzeit gut geeigneten Gemüse wie Karotten, Pastinaken oder Kürbis gehören ohnehin nicht zu den Spitzenreitern in punkto Nitrat. Das kritische Nitrit, das zum Teil im Körper aus Nitrat entstehen kann, können Säuglinge im Beikostalter, also nach dem vierten Monat, bereits entgiften. Die Zutaten für die Breie sollten aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft stammen. Die schneiden nicht nur beim Nitrat günstiger ab. Pflanzenschutzmittel werden hier erst gar nicht eingesetzt.

Früh auf Fertigprodukte geeicht

Produkte für Säuglinge und Kleinkinder ab zehn Monaten aufwärts gleichen immer mehr den Fertig- und Snackprodukten für ältere Kinder und Erwachsene: Angefangen bei Kinderkeksen, Fruchtmus aus dem Quetschbeutel über mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Kindermilchen bis zu kompletten Menüs. Die Produkte enthalten oft zuckerreiche Zutaten und Aromen. Gern verwenden die Hersteller auch geschmacksintensivierende Tomatenprodukte. Den Ernährungsbedürfnissen der jungen Esser werden sie in der Regel nicht gerecht.

Zuviel Energie und Zucker in industriellen Snacks

Zum Ende des ersten Lebensjahres heißt es, Stück für Stück kauen zu lernen. Das ist wichtig für die motorische Entwicklung. Die Konsistenz der industriellen Mahlzeiten verwirrt mehr, als dies zu unterstützen. Weiche, meist sehr kleine Stückchen flutschen mit dem überwiegend fein pürierten Brei einfach durch. Und auch leicht zerbröselnde, luftige Cracker und Kekse, Puddings oder Trinkbreie verleiten zum bequemen Schlucken. Zusätzlich zum Fläschchen saugen Kleinkinder neuerdings auch noch aus Aluminiumbeuteln – oft Zucker- und Säurereiches. All diese Produkte sind prädestiniert zum schnellen Essen zwischendurch mit den bekannten Risiken einer überhöhten Energiezufuhr und Karies. Zudem prägen sie früh ein ungünstiges Essverhalten. Hunger als Antriebsmotor zum Probieren und Essen am Familientisch kommt so kaum auf. Unter dem Strich bleibt: Die meisten der auf dem Markt befindlichen Produkte sind nicht sinnvoll, teuer, verursachen viel Müll und dienen den Herstellern zur Kundenbindung von klein auf.

Eltern, die sich hier und da den Alltag erleichtern und Engpässe überbrücken möchten, wählen am besten Produkte, die möglichst nah den empfohlenen Grundrezepturen der Beikostbreie entsprechen. Praktisch ist es auch, einzelne Komponenten der Mahlzeit wie reines Karottenmus mit frisch Zubereitetem zu ergänzen. Neu auf dem Markt sind dampfgegarte, schockgefrostete und gut portionierbare Monoprodukte zur Beikosternährung in Bioqualität – eine ernährungsphysiologisch und sensorisch gute, allerdings recht kostspielige Alternative zu Gläschen. Am günstigsten ist der weitgehende Verzicht auf Vorgefertigtes. Die selbst zubereite Beikost erleichtert es zudem, den Nachwuchs bald an die Mahlzeiten der Familie heranzuführen. Eltern, die den Herd bislang eher gemieden haben, wachsen mit dem einfachen Kochen fürs Baby in diese Alltagspraxis hinein und lernen vielleicht nebenbei, auch sich selbst besser zu versorgen.

Für Ernährungsfachkräfte, die Eltern in der Ernährung ihrer Kinder beraten, gilt: Behalten Sie die persönliche Situation der Familie im Blick. Trotz aller Vorteile selbst zubereiteter Beikost kann ein gut ausgewähltes Gläschen der bessere Rat für den Moment sein. Demonstrieren Sie die einfache Zubereitung und lassen Sie probieren – das überzeugt am besten.

Quelle: Fromme, S. UGBforum 2/16, S. 58-61