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UGBforum

10 UGBforum 1/14 über fettleibige Menschen. Sie gelten als willensschwach, träge und maßlos; etwas netter formu- liert werden häufig Attribute wie gemütlich, genussfreudig und gutmütig genannt. Durch diese negativen Stereoty- pen haben Adipöse es in vie- len Lebensbereichen deutlich schwerer als normalgewichtige Menschen. Ein Forscherteam des Integrierten Forschungs- und Be- handlungszentrums (IFB) Adipo- sitasErkrankungen in Leipzig hat diese Vorurteile in einer bundes- weiten, repräsentativen Studie ge- nauer unter die Lupe genommen. Sie befragten dazu über 3000 Bürger in ganz Deutschland, wie sie über Menschen mit starken Übergewicht denken und worin sie die Ursachen für Fettleibigkeit sehen. „Selbst schuld“ weit verbreitet Die meisten der Befragten gehen davon aus, dass Übergewicht selbst verschuldet ist. So nannten zwei Drittel der Befragten Bewe- gungsfaulheit und ein Übermaß an Essen als Hauptgründe für starkes Übergewicht. Anhand von Fallbeispielen normalgewichti- ger und stark übergewichtiger Kinder, Erwachsener und Senio- ren, sollten die Befragten diesen Personen außerdem Eigenschaften zuordnen. Dabei schnitten adipöse Menschen durchgehend schlechter ab. Die am häufigsten gewählten Eigenschaften waren unförmig, langsam, untätig und schwach. Die Koordinatorin der Studie, Dr. Claudia Sikorski, Psychologin und Wissenschaftlerin am Institut für Sozialmedizin, Arbeitsme- dizin und Public Health (ISAP) erläutert: „Die negative Haltung gegenüber adipösen Menschen geht teilweise darauf zurück, dass die Befragten annehmen, Fettlei- bigkeit sei selbst verschuldet und somit ein kontrollierbarer Faktor. Nur rund 28 Prozent der Befrag- ten sahen auch in genetischen oder Stoffwechselstörungen einen Grund für Übergewicht.“ Fettleibige Kinder wurden beson- ders geringschätzig beurteilt. Im Mittel wurden ihnen noch öfter negative Eigenschaften zuge- schrieben als erwachsenen und älteren Adipösen. Als Ursachen für das kindliche Übergewicht nannten die Befragten im Gegen- satz zu den Beispielen adipöser Erwachsener allerdings auch äußere Faktoren wie das soziale Umfeld und die Erziehung. Dicke Kinder weniger gefördert Zu dieser schlechten Meinung passt das Ergebnis einer Studie des Wissenschaftszentrums Ber- lin für Sozialforschung (WZB). Sie belegt, dass adipöse Kinder seltener ein Gymnasium besu- chen als schlanke und schlechtere Noten in Mathematik bekommen, auch wenn die Klassenkameraden nicht besser sind. Unabhängig vom sozialen Status der Eltern beeinflusse Fettleibigkeit daher den Schulerfolg. Die Forscher erklären das vor allem mit dem geringeren Selbstwertgefühl der Kinder; besonders dicke Mädchen werden häufiger gehänselt, was zusätzlich zu Verhaltensproble- men führt. Möglicherweise wird den dicken Kindern aber sowohl von Eltern als auch Lehrern weni- ger zugetraut. So zeigen Studien, dass Übergewichtige weniger Unterstützung von den Eltern hin- sichtlich höherer Bildungswege erfahren. Die negativen Meinungen über stark Übergewichtige führen zu einer ungleichen Behandlung, das heißt sie werden diskriminiert. ISAP-Direktorin Prof. Steffi Rie- del-Heller erforscht diese Stigma- tisierung adipöser Menschen und weiß: „Ablehnung und Missbilli- gung führen dazu, dass Betroffe- ne oft mit sozialer Ausgrenzung leben müssen.“ So werden stark übergewichtige Menschen etwa bei der Jobvergabe benachteiligt. Denn die für Personalentschei- dungen Verantwortlichen sind ebenfalls voller Vorurteile. Sie trauen dicken Menschen weniger Leistung zu und übertragen ihnen seltener Führungsverantwor- tung. Insbesondere dicke Frauen bekommen weniger angesehene Auch Ärzte, die um die vielschichtigen Ursachen für Übergewicht wissen sollten, verhalten sich adipösen Menschen gegenüber oft wenig einfühlsam. L.Louro/Fotolia.com

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