Superfood – regional und nähstoffreich

Superfoods stehen hoch im Kurs. Das bestätigen die steigenden Absatzzahlen der letzten Jahre. Ob aus Südamerika, Afrika oder Asien – je ungewöhnlicher und fremdartiger, desto beliebter. Doch Kenner wissen: Auch bei uns wachsen Pflanzen, die das Zeug zum Superfood haben.

Dieser Artikel ist im UGBforum 1/2018 Superfood alles gut? erschienen.

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Glaubt man Werbeexperten, verfügen Superfoods über einen besonders hohen Anteil an wertvollen Inhaltsstoffen und heben sich damit von normalen Lebensmitteln ab. Der Begriff Superfood ist jedoch nicht geschützt, wie zum Beispiel die Bezeichnung Bio. Das Europäische Informationszentrum für Lebensmittel (EUFIC) bezeichnet Superfoods als Lebensmittel, die aufgrund ihres Nährstoffgehaltes einen höheren gesundheitlichen Wert haben als andere Lebensmittel. Wenn unter Letzteren Convenience-Produkte und industriell Verarbeitetes verstanden werden, dann ist diese Aussage durchaus gerechtfertigt. Neben ein paar wenigen Lebensmitteln tierischer Herkunft sind die bekannten Superfoods überwiegend pflanzliche Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte und punkten mit Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen oder Ballaststoffen. Das trifft allerdings auf alle naturbelassenen Lebensmittel zu, die sich durch besondere Inhaltsstoffe auszeichnen.

Besondere Nährstoffdichte

Am häufigsten wird der gesundheitliche Vorteil von Superfoods mit einem hohen Gehalt an Antioxidanzien begründet. Dazu zählen zum Beispiel die Vitamine C und E sowie sekundäre Pflanzenstoffe wie Anthocyane, Flavonoide und Carotinoide. Sie sollen die Zellen vor reaktiven Sauerstoffverbindungen schützen, so Entzündungsprozesse vermindern und vor chronischen Erkrankungen schützen.

Immer wieder wird auch ein hoher Gehalt an Chlorophyll als günstig bewertet. Da der grüne Pflanzenfarbstoff in seinem molekularen Aufbau dem Blutfarbstoff Hämoglobin sehr ähnlich ist, wird ihm eine blutreinigende und sauerstoffanreichernde Wirkung nachgesagt. Allerdings kann der Körper nur einen Bruchteil des Chlorophylls aus der Nahrung über den Darm aufnehmen. Was anschließend mit dem Farbstoff im Stoffwechsel geschieht, lässt sich bisher nicht nachweisen.

Altbekannte Nährstoffe

Auch proteinreiche, pflanzliche Lebensmittel stehen hoch im Kurs, zum Beispiel Chiasamen. Protein ist für die Struktur und Funktion unseres Körpers verantwortlich und findet sich in größeren Mengen in Hülsenfrüchten, Getreide, Nüssen und Saaten. Manche Superfoods wiederum haben einen besonders hohen Gehalt an Mineralstoffen und Spurenelementen wie Kalium, Calcium, Magnesium, Zink oder Eisen. Mineralstoffreich sind jedoch alle Nüsse, Saaten und Getreidekörner sowie viele Gemüse. Alles in allem sind die Inhaltstoffe in Superfoods keine ungewöhnlichen Wundermittel. Vielmehr handelt es sich um gut bekannte Nährstoffe, die bis auf ein paar spezielle sekundäre Pflanzenstoffe in einer ganzen Reihe von Lebensmitteln vorkommen.

Dieser Beitrag ist im UGBforum 1/18 Superfood – alles gut? erschienen.

Nimmt man die Nährstoffe der exotischen Superfoods genauer unter die Lupe, so fällt auf, dass auch einheimische Vertreter aus dem Pflanzenreich es mit den Exoten aufnehmen können. Angefangen von traditionellen Gemüsen, wilden Kräutern über Getreide bis hin zu Beeren- und Hülsenfrüchten – die Liste einheimischer Superfoods ist lang. So toppen Leinsamen beispielsweise mit ihrem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren sogar die angesagten Chiasamen.

Regionale Nährstoffwunder

Bei den Gemüsen haben insbesondere Kohlsorten aus der Familie der Kreuzblütler den Namen Superfood verdient. Dazu zählen unter anderem Kohlrabi, Brokkoli, Grünkohl, Rucola und natürlich Weiß- und Rotkohl – auch in fermentierter Form als frisches Sauerkraut. Kohlsorten enthalten zum Teil hohe Mengen an Vitamin A und C, Calcium und reichlich Pflanzenfasern. Drei bis fünf Portionen Kohlgemüse pro Woche sollen das Risiko für verschiedene Krebsarten senken. Die krebspräventive Wirkung geht dabei auf bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe zurück, die Glucosinolate. Vertreter wie das Sulforaphan aus Brokkoli werden inzwischen versuchsweise zur Behandlung bestimmter Krebserkrankungen eingesetzt.

Unter einheimischem Beerenobst finden sich ebenfalls viele Nährstoffstars. Reichlich Anthocyane enthalten Heidelbeeren, Blaubeeren und Brombeeren, die den Früchten die dunkle Farbe verleihen. Auch Holunderbeeren sind reich an Anthocyanen. Sie sollten nur erhitzt verzehrt werden, da das enthaltene Sambunigrin zu Krämpfen und Durchfall führen kann.

Wildgemüse und -kräuter sind durch Züchtung nicht verändert und haben so ihren natürlichen Gehalt an Nährstoffen bewahrt. So wird zum Beispiel die als Heilpflanze bekannte Brennnessel mit ihrem hohen Vitamin A- und C-, Calcium- und Eisengehalt gerne als Stärkung bei Frühjahrsmüdigkeit verwendet. Auch Brennnesselsamen sind ein wahres Superfood. Sie schmecken leicht nussig und enthalten reichlich ungesättigte Fettsäuren sowie Mineral- und Ballaststoffe. Die bei Gärtnern unbeliebten Kräuter Giersch und Vogelmiere sind ebenfalls reich an Vitamin C und werten frische Blattsalate mit einer extra Vitaminportion auf.

Gehaltvolle Wildpflanzen

Dies sind nur wenige Beispiele von essbaren Nährstoffpaketen aus der Natur. Es lohnt in jedem Fall, sich einmal näher mit essbaren Wildpflanzen zu befassen und diese regelmäßig in den Speiseplan einzubeziehen. Natürlich liefern auch wohlbekannte Küchenkräuter wie Petersilie, Schnittlauch und Oregano neben ihrem würzigen Geschmack Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.

Gerade im Winter, wenn es nur wenig frisches Gemüse gibt, sind selbst gezogene Sprossen ein hervorragender Lieferant für Vitamine und Mineralstoffe. Zum Keimen eignen sich Hülsenfrüchte, Getreide, Kresse, Brokkolisamen, Alfalfa oder Sonnenblumenkerne. Weitere einheimische Superstars sind Zwiebelgewächse, zum Beispiel Knoblauch, ebenso wie Nüsse, Saaten, Getreide und die bunte Familie der Hülsenfrüchte. Sie alle überzeugen mit einer reichen Palette an gesunden Nährstoffen. Einige nicht heimische Superfoods lassen sich auch im eigenen Garten oder auf dem Balkon kultivieren. Hierzu zählen Aronia (Apfelbeere), Gojibeeren (Bocksdorn) und Amaranth. Für ambitionierte Gärtner sind sogar Chiapflanzen zum Anbau geeignet.

Heimisches Superfood

 Gemüse Weiß-, Rot-, Grünkohl, Feldsalat, Spinat, Karotten, Kürbis
 Früchte und Beeren Holunderbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Hagebutten, Sanddorn
 Nüsse und Samen Walnüsse, Haselnüsse, Esskastanien, Leinsamen, Hanfsamen
 Kräuter Petersilie, Oregano, Basilikum, (Brunnen-)kresse
 Gewürze Meerrettich, Senf

Die im Handel angebotenen exotischen Superfoods sind oft industriell verarbeitet, haben lange Transportwege hinter sich und dadurch empfindliche Inhaltsstoffe eingebüßt. Im Gegensatz dazu punkten einheimische Lebensmittel durch kurze Wege und sind frisch verfügbar. Der Gehalt an hitzeempfindlichen Inhaltsstoffen fällt bei richtiger Lagerung so bedeutend höher aus. Heimische Produkte schonen zudem den Geldbeutel. So kosten 100 Gramm Leinsamen etwa nur die Hälfte von importierten Chiasamen.

Frisch und ausgereift

Der regionale und saisonale Bezug bietet einen weiteren Vorteil: die Pflanzen können richtig ausreifen. Denn wird Gemüse und Obst erst zum optimalen Reifezeitpunkt geerntet, bilden sich vermehrt sekundäre Pflanzenstoffe, die für Geschmack und Gesundheit wichtig sind. Nach der Ernte gehen hitzeempfindliche Inhaltsstoffe wie Vitamin C, Folsäure und manche sekundäre Pflanzenstoffe – zum Beispiel die Glucosinolate – schnell verloren, so dass sie möglichst erntefrisch verzehrt werden sollten. Ein Grund, täglich einen Teil der Superfoods unerhitzt zu essen. Auch Gemüse wie Grünkohl oder Brokkoli eignen sich für einen schmackhaften Rohkostsalat. Manche sekundäre Pflanzenstoffe – insbesondere Farbstoffe wie Lycopin aus Tomaten – werden allerdings durch das Erhitzen für den Körper besser verfügbar.

Selbst in grünen Blättern von Möhren und Kohlrabi stecken wertvolle Inhaltsstoffe. Sie lassen sich zum Beispiel klein gehackt als Garnitur über das Gemüse streuen. Ratsam ist es, beim Einkauf auf die Herkunft aus Bioanbau und fairen Handel zu achten. Zum einen verzichten Ökobauern auf Pestizide und zum anderen kann man so faire Handelssysteme unterstützen.

Saisonale Vielfalt nutzen

Jede Jahreszeit hat ihre eigenen Superstars: frische Kräuter und erste grüne Blätter im Frühling, bunte Beeren und Früchte im Sommer, knackige nahrhafte Nüsse und Saaten im Herbst und hartgesottene Gemüse wie Grünkohl und Portulak im Winter. Mit einer so großen Fülle an heimischen Produkten gelingt es, auch ohne exotische Superlebensmittel nährstoffreich und genussvoll zu essen. Der Hype um Superfoods birgt jedoch auch die Chance, dass Menschen, die sich bisher nur wenig Gedanken um ihr Essen gemacht haben, das Interesse an wertvollen, naturbelassenen Lebensmitteln entdecken.

Dieser Artikel ist im UGBforum 1/2018 "Superfood – alles gut?" erschienen

Quelle: Feichtinger, J. UGBforum 1/18, S. 9-11