450 Teilnehmer bei ausgebuchter Tagung

Auch in diesem Jahr war die UGB-Tagung wieder bis auf den letzten Platz ausgebucht. Bei strahlendem Sonnenschein lauschten die rund 450 Teilnehmer in der Aula der Gießener Universität den neuesten Ergebnissen aus der Ernährungsforschung und was diese für die Beratung bedeuten.

Tagung 2014

„Wir leiden heute unter Konsumverstopfung.“ Mit dieser Feststellung eröffnete Prof. Dr. Niko Paech von der Universität Oldenburg die Tagung. Immer mehr Produkte, Dienstleistungen und Technologien zu nutzen, erhöhe die Unzufriedenheit. Stattdessen rät er diese öfter gemeinschaftlich zu konsumieren. Das beginne bei Car-Sharing und Reperatur-Cafés und reiche bis zu Tauschgemeinschaften, Gemeinschaftsgärten und anderen Netzwerken. Wer sich vom Überfluss befreie, könne sein Wohlbefinden steigern.

Ökologische Intensivierung

Löwenstein

Dass sich durch steigende Produktivität und Wachstum nicht alle Probleme lösen lassen, zeigte auch Dr. Felix Prinz zu Löwenstein (Foto) auf. Die Zahl der Weltbevölkerung nehme zu und damit auch die Zahl der Hungernden. Produktionssteigerung durch Düngemittel, Pestizide und gentechnische veränderte Pflanzen sei, anders als von der Agrarindustrie propagiert, aber nicht die Lösung. Löwenstein forderte vielmehr ein Umdenken bei den Verbrauchern. Eine ökologische Ernährungsweise durch eine ökologische Intensivierung sei die unumgängliche Therapie.

Vegetarier leiden weniger an Zivilisationskrankheiten und leben durchschnittlich länger. Das machte Prof. Claus Leitzmann in seinem Überblick über den Vegetarismus deutlich. Neben seiner Stärke in Bezug auf Gesundheit, Ökologie und Umwelt, seien aber auch die Schwächen nicht außer acht zu lassen. Besonders der Versorgung mit kritischen Nährstoffen seien sich viele Veganer nicht bewusst. „Vegetarier und Veganer benötigen eine Ernährungsberatung“, forderte Leitzmann deshalb.

Weniger essen – länger leben?

Wer nur 80 Prozent seines Energiebedarfs isst, sonst aber mit allen Nährstoffen gut versorgt ist, hat ein deutlich geringeres Krankheitsrisiko und lebt möglicherweise länger. Als eine Erklärung nennt Prof. Manfred Müller von der Universität Kiel den verringerten oxidativen Stress des Körpers durch weniger Nahrung. Auch die Körpertemperatur und der Energieverbrauch würden so reduziert. Das gehe einher mit ständigem Hungern und Frieren sowie einer verringerten Libido. „Ist es wirklich das, was wir wollen?“, fragte der Mediziner kritisch.

Fetteinlagerungen vor allem in der Leber bedeuten ein erhebliches Gesundheitsrisiko, lassen sich mit der Körperwaage aber nicht erfassen. „Ich stehe mit dem BMI auf Kriegsfuß“, machte Prof. Winfried Banzer von der Universität Franfurt gleich deutlich. Denn der Wert gebe keinerlei Hinweis auf die Fitness eines Übergewichtigen. Nicht alle Übergewichtigen seien zudem stoffwechselkrank. Vor dem Gewichtsverlust stehe für ihn daher das Ziel, die Fitness von Herz und Lunge zu verbessern.

Wie weit Wunsch und Wirklichkeit bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln auseinanderliegen, machte Wiebke Franz von der Verbraucherzentrale Frankfurt an Hand zahlreicher Beispiele deutlich. So enthielten als „rein pflanzlich“ beworbene Soja-Burger Eiklar und Hefe oder „babygerechte Kekse“ kämen mit 25 Prozent Zucker daher. Damit Verbraucher von den Herstellern nicht in die Irre geführt werden, seien etliche Gesetzeslücken zu schließen. Insbesondere für die Kennzeichnung „vegan“ und „vegetarisch“ forderte die Verbraucherschützerin klare gesetzliche Vorschriften.

Essstörungen bei Kleinkindern

„Fütterungsstörungen spiegeln nur eine andere Störung wider, die in der Nahrungsverweigerung zum Ausdruck kommt.“ Einblicke in die Seele von Kleinkindern mit Essstörungen gab die Ernährungspsychologin Jocelyne Reich-Soufflet vom Frankfurter Zentrum für Essstörungen den Zuhörern: „Die Kinder haben Angst, gemästet und bevormundet zu werden und die Kontrolle über das Essen zu verlieren.“ Um die zugrunde liegenden Probleme aufzuspüren und zu beseitigen, seien unbedingt die Eltern in die psychotherapeutische Behandlung einzubeziehen. Wichtig sei es, die Eltern von der Last der Schuldfrage zu befreien. „Am allerwichtigsten ist die Liebe und Zuwendung, die die Eltern ihren Kindern schenken“, resümierte Reich-Soufflet.

Makroalgen können mit zahlreichen Nährstoffen aufwarten. Die in der asiatischen Küche verbreiteten Grün- Rot- und Braunalgen überträfen beispielsweise die Proteinqualität aller anderen pflanzlichen Lebensmittel. Zudem lieferten sie reichlich Eicosapentaensäure, eine wichtige Omega-3-Fettsäure und möglicherweise aktives Vitamin B12, berichtete Prof. Dr. rer. nat. Gerhard Jahreis von der Universität Jena. Inwieweit B12 verfügbar ist, müssten aber noch weitere Studien klären. Der relativ hohe Gehalt an Arachidonsäure ebenso wie der hohe Jodgehalt und das Akkumulieren von Schwermetallen rücke sie dagegen in ein kritisches Licht.

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„Essen Sie mehr Nüsse!“

Zu diesem eindeutigen Statment kam UGB-Dozent Hans-Helmut Martin in seinem Vortag und lieferte die wissenschaftliche Begründung dafür: Nüsse seien zwar energiereich, lieferten aber beachtliche Nährstoffmengen, ohne dick zu machen. Selbst bei Abnehmdiäten wirke sich der Verzehr von Nüssen positiv auf den Erfolg aus.

Wie sich die Zusammenhänge zwischen dem Darm und der Psyche auf unseren Körper und unser Wohlbefinden auswirken können, erläuterte Dr. Sabine Poschwatta-Rupp. Besonders Stress habe ein großes Störungspotenzial im Verdauungstrakt. Durch Sättigung, Bauchschmerzen, Übelkeit oder Blähungen könne das Darmgeschehen aber auch unsere Stimmungslage verändern.

Viele begeisterte Teilnehmer

Prof. Gabriele Oettingen von der Universität Hamburg stellte den Teilnehmern eine Methode zur nachhaltigen Veränderung des Lebensstils vor. Beim mentalen Kontrastieren werden den positiven Tagträumen die persönlichen Hindernisse gegenübergestellt, die dem Ziel entgegenstehen. „Dem positiven Träumen wird sozusagen die Realität entgegengesetzt.“ Mit zusätzlicher Hilfe von wenn-dann-Plänen könne so gelernt werden, das Denken, Fühlen und Handeln in jeglichen Lebensbereichen zu regulieren.

Für eine kleine Überraschung sorgte UGB-Geschäftsführer Thomas Männle, als er Edith Severin als treuem UGB-Mitglied und Absolventin zahlreicher Ausbildungen an der UGB-Akademie einen Gutschein für ein Wochenende im Seminarhotel fünfseenblick am Edersee überreichte, dessen Leitung der UGB letztes Jahr übernommen hat. Zum ersten Mal wurde die Tagung auch mit Kurzberichten und Fotos bei Facebook begleitet. Die Kommentare im sozialen Netzwerk und auf den Rückmeldebögen der Teilnehmer zeigten, das Themen, Referenten und Organisation der Veranstaltung bestens ankamen.

Text: Ulrike Becker, Stefan Weigt, Julia Fischer
Fotos: Manuell Klumpp, Stefan Weigt, Julia Fischer