Vegetarier häufiger krank?

Studienergebnisse fehlinterpretiert | Kritik an Grazer Wissenschaftlern | Falschdarstellung in der Presse

Eine aktuell veröffentlichte Studie der Medizinischen Universität Graz versetzt die vegetarische und gesundheitsorientierte Ernährungsszene in Aufruhr. Vegetarier seien öfter krank, häufiger depressiv und hätten eine geringere Lebensqualität als Fleischesser. Ernährungswissenschaftler des Verbands für Unabhängige Gesundheitsberatung e. V. (UGB) haben sich die Studie zusammen mit Kooperationspartnern genauer angeschaut und kritisieren diese unzulässigen Schlussfolgerungen aus der Studie.

So zeigt nach Bewertung der Gießener Vollwertexperten die Studie gravierende methodische Mängel. Die Studie beruht auf einer Befragung von über 15.000 Österreichern. „Darunter waren lediglich rund 150 Veganer und Vegetarier, die mit den rund 180 Fischessern der Gruppe der Vegetarier zugeordnet wurden. Mehr als die Hälfte der sogenannten Vegetarier sind also gar keine Vegetarier.“ erklärt Diplom-Oecotrophologe Hans-Helmut Martin, wissenschaftlicher Leiter der UGB-Akademie. Dieser als Vegetarier bezeichneten Gruppe sind drei entsprechende Gruppen an Personen zugeordnet worden, die mehr oder weniger viel Fleisch essen. „Eine repräsentative Auswahl, die wissenschaftlich haltbar sein soll, sieht anders aus,“ merkt Martin an.

Die Erkrankungen, über die die Studie berichtet, wie Allergien, Diabetes, Bluthochdruck, Krebs oder Angstzustände und Depressionen, wurden im Interview abgefragt. Der Experte für vegetarische Ernährungsformen beim UGB, Dr. Markus Keller, weist darauf hin, dass „bei Allergien zum Beispiel bekannt ist, dass Laien das Auftreten einer tatsächlichen Allergieerkrankung deutlich überschätzt.“ Auch bei Depressionen und Angstzuständen sei die subjektive Zuordnung der Befragten meist nicht deckungsgleich mit den medizinischen Definitionen. Bei Krebs, Bluthochdruck, Herzinfarkt oder psychischen Erkrankungen legen andere Studien die Vermutung nahe, dass vielmehr die bereits Erkrankten sich für eine vegetarische Kost entscheiden und nicht umgekehrt.

Schlichtweg falsch ist die über Pressemeldungen verbreitete Behauptung, die Studie verzeichne bei Vegetariern 150 Prozent mehr Herzinfarkte als bei Fleischessern. „Tatsächlich wurde in der Grazer Studie nicht einmal ein signifikanter Zusammenhang festgestellt“, so Keller. Pikanterweise verschwiegen diese Pressemeldungen dagegen, dass Inkontinenz bei den Fleischessern dreimal häufiger vorkommt.

Hier geht es zur ausführlichen inhaltliche Stellungnahme der UGB-Experten

Gießen, 28.02.2014