Quitten: Renaissance einer steinharten Frucht

Sie sind rar geworden, die kleinen Bäume mit den leuchtend gelben Früchten. Nur noch wenige wissen, was man aus den aromatischen Quitten alles zaubern kann.

Smoothies

Quittenbäume wachsen in den milderen Klimazonen aller fünf Kontinente. Von den rund 200 Quittensorten sind bei uns nur noch etwa sechs von Bedeutung. Sie unterscheiden sich in rundliche Apfelquitten und längliche Birnenquitten. Während das Fruchtfleisch der Apfelförmigen herb-würzig und durch zahlreiche Steinzellen hart und trocken ist, schmeckt das der birnenähnlichen Früchte lieblich und ist weicher. Neben ihrem ganz eigenen Aroma zeichnen sich die gelben Früchte durch einen hohen Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen aus, besonders an Vitamin C und Kalium. Frisch vom Baum sind sie in unseren Breitengraden nicht zu genießen. Lediglich die vom Balkan und aus Mittelasien importierte Shirin-Quitte ist roh essbar. In den Handel kommen die reifen Früchte ab Oktober. Da es hier zu Lande immer weniger Quittenbäume gibt, werden sie vorwiegend aus der Türkei oder Frankreich eingeführt.

Die Frucht der Götter

Die ursprüngliche Heimat der Quitte war vermutlich der Iran, Armenien und der Kaukasus, wo es noch heute die meisten Sorten gibt. Ihren botanischen Namen "Cydonia oblonga" verdankt die Quitte jedoch der antiken kretischen Stadt Kydonia (heute Chania). Dort bauten Bauern die Früchte vermutlich erstmals als Feldobstkultur an. Eine bedeutende Rolle spielten sie wohl auch in der griechischen Mythologie. So glaubt man heute, dass etwa der goldene Apfel des Paris oder die Hesperiden-Äpfel eigentlich Quitten waren. Als Frucht der Liebesgöttin Aphrodite galt sie als Symbol für Glück, Liebe und Fruchtbarkeit. Im alten Rom waren die gelben Früchte als Weihegabe an die Nachtgöttin in den Herrenzimmern zu finden, wo sie ihren starken, zitronenähnlichen Duft verbreiten und die Angebetete betören sollte.

Heilkräfte schreibt man der Quitte ebenfalls von Alters her zu. Aufgrund des hohen Gehalts an Gerbstoffen und Fruchtsäuren nutzte schon Hippokrates die rohe Frucht als blutstillendes Mittel. Noch heute kennt die moderne Naturheilkunde eine ganze Reihe von Einsatzmöglichkeiten: So lassen sich Zahnfleischbeschwerden, Magen- und Halskrankheiten, Allergien, Nervosität oder Schlaflosigkeit mit den Früchten behandeln. Von besonderem Interesse sind die Quittensamen. Sie enthalten neben blausäurehaltigen Stoffen, ätherischen Ölen und Gerbstoffen vor allem Schleimstoffe. Werden die unzerkleinerten Samen in Wasser eingeweicht, setzen sie die Schleimstoffe frei. Sie sollen innerlich angewendet bei Husten und Magen-Darm-Entzündungen oder in Form von Umschlägen bei rissiger Haut und Verbrennungen gute Dienste leisten. Zerstößt man die Samen jedoch, wird Blausäure frei, die sehr hitzestabil und schon in kleineren Mengen giftig ist.

In der Kosmetik vorn dabei

Kocht man die ganzen Quittensamen in Wasser, entsteht ein zäher Schleim. Gefiltert und abgekühlt kann dieser als selbstgemachter Haarfestiger verwendet werden. Industriell wird der gelartige Schleim als kosmetische Emulsion z. B. in Handcremes eingesetzt. Quittenwachs hilft bei trockener Haut und findet sich daher nicht selten als Zutat in Gesichtscremes. Der Parfüm-Industrie dient das isolierte ätherische Quittenöl als Ausgangsstoff für verschiedene Geruchskompositionen. Aber auch die ganze Frucht hat ihren Nutzen: Eine Quitte im Wäscheschrank sorgt für duftende Wäsche und vertreibt zudem die Motten. Allerdings sollte sie keine Druckstelle haben, da sie sonst schnell fault. Will man die Früchte lagern, kann der intensive Geruch jedoch richtig lästig werden. Bei fehlendem Abstand übertönt er alle anderen Düfte. Doch auch diese gewisse Penetranz lässt sich nutzen und findet beim Aromatisieren von Essig, Öl, Honig oder alkoholischen Getränken Verwendung.

Traditionell werden Quitten eingemacht, sei es als Gelee, Mus, Chilli- und Curry-Quitten oder als Chutney. Die Zubereitung von Hand kann allerdings ganz schön mühselig sein. Denn das Fruchtfleisch ist gespickt mit harten Steinzellen, die je nach Gericht weitgehend entfernt werden sollten. Doch die Mühe lohnt sich. So war eine Art Quittenmus aus Portugal schon im Altertum so beliebt, dass man ihren portugiesischen Namen "marmeleiro" gleich für alle Arten derartiger Fruchterzeugnisse übernahm: die Marmelade!

Schmackhaft und lecker

Heute findet man im Handel hauptsächlich Quittengelee. Mit ihrem hohen Gehalt an Pektin, einem löslichen Ballaststoff, eignet sich die Quitte dazu besonders gut. In Verbindung mit Wasser bilden Pektine ein Gel aus. Die Früchte dürfen allerdings nicht zu reif sein, da sie sonst zu wenig Pektin enthalten. Um Gelee herzustellen, werden die Früchte gekocht und dann durch ein Sieb passiert. Der so erzeugte Quittensaft wird mit Zucker gekocht und anschließend in Gläser abgefüllt. Wer ohne Geliermittel auskommen will, braucht allerdings große Mengen des Süßmachers - der Haken an manch altem Quittenrezept. So benötigt man z. B. für geliertes Quittenmark, auch Quittenbrot genannt, auf 500 Gramm Fruchtfleisch 500 Gramm Zucker. Nach Eindicken und Trocknen erstarrt das Ganze zu einer süßen Masse und wird in Rauten geschnitten als quietschsüße Häppchen serviert.

Auch herzhaft geht´s

Doch Zucker muss nicht sein. So schmeckt Quittensaft auch ganz ohne süßen Zusatz, löscht gut den Durst und vertreibt nebenbei noch Mundgeruch. Auch bei zahlreichen Gerichten lässt sich auf den Süßmacher verzichten. Auf jeden Fall sollten die Früchte gekocht oder gedämpft werden. So schmecken sie auch viel weniger sauer. Salaten, Suppen sowie Eintöpfen mit Kokos, Ingwer oder Gemüsesorten wie Karotten, Lauch, Pilzen und Bohnen verleiht die Quitte das gewisse Etwas. Aber auch herzhafte Nudel-, Reis-, Gemüse-, Fleisch- oder Fischgerichte lassen sich mit den aromatischen Früchten verfeinern.

Kartoffel-Quitten-Rösti

  • 400 g Quitten
  • 400 g mehlige Kartoffeln
  • 50 g Sahne
  • Kräutersalz, Pfeffer
  • Koriander, gemahlen
  • 1 El Butterschmalz
  • 120 g Cashewkerne
  • 200 g junger Lauch
  • 200 g Tofu, geräuchert
  • Sojasauce (Tamari)
  • 1 El Butterschmalz

    Quitten waschen und mit einem trockenen Tuch abreiben. Quitten und Kartoffeln schälen, Quitten entkernen und beides grob reiben. Sahne darunter mischen und mit Kräutersalz, Pfeffer und Koriander würzen.
    In einer Pfanne in heißem Butterschmalz jeweils ein Esslöffel Masse von beiden Seiten braten.
    Cashewkerne in einer Pfanne ohne Fett goldbraun rösten. Lauch in Streifen und Tofu in Würfel schneiden und beides in Butterschmalz andünsten. Mit Kräutersalz, Pfeffer und Tamari abschmecken. Cashewkerne untermischen und Lauchgemüse zu den Rösti servieren.


Quelle: Gaster, C.: UGB-Forum 5/01, S. 249-250 Foto: Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

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