Am Puls der Zeit: Supersäfte, Smoothies und Co.

Ein innovationsfreudiger Getränkemarkt und eine Zielgruppe, die auf Gesundheit und Natürlichkeit setzt: Was dabei herauskommt, sind Getränke wie Wellnesswässer, Smoothies oder Softdrinks mit Superfood- Zutaten. Empfehlenswert sind die oft überteuerten Drinks allerdings nicht.

© foodwatch

Getränke gehören wie Lebensmittel oder Kosmetikprodukte zu den Fast Moving Consumer Goods (FMCG), den sogenannten schnell drehenden Produkten. Das heißt, sie werden schnell abverkauft, da es sich um Produkte des täglichen Bedarfs handelt. Auf dem Getränkemarkt sinkt in den letzten Jahren das mengenmäßige Wachstum, wie in den anderen Segmenten der FMCG auch. Deshalb setzen Hersteller auf qualitative Innovationen. Denn Marktforschungsinstitute machen bei Verbrauchern eine zunehmende Qualitätsorientierung aus.

Neue Zielgruppen mit Kaufkraft

Als wichtigste Zielgruppe für Limonaden und Softdrinks galten bisher 19- bis 24-jährige Männer. Nicht zuletzt wegen des demografischen Wandels sind inzwischen die Best Ager mit großer Kaufkraft ein vielversprechendes Kundensegment: jung gebliebene, über 50-Jährige, die auf hochwertige, gesunde und kalorienarme Produkte Wert legen. So überrascht es nicht, viele neue Getränke auf dem Markt zu finden, die auf ein Gesundheits- und Wellnessimage setzen. Und während der Softdrinkkonsum leicht zurückgeht, steigt der Absatz von Sport- und Energy-Drinks (siehe S. 120) weiter an.

Im Wachsen begriffen ist auch

die Zielgruppe der sogenannten LOHAS (Lifestyles of Health and Sustainability). Sie greifen vornehmlich zu Produkten, die als gesund und nachhaltig gelten. Ihr überdurchschnittliches Einkommen macht sie bei Produzenten besonders beliebt. Paradoxer Weise geraten dabei Kriterien wie lange Transportwege, Anbau- und Lagerbedingungen der exotischen Früchte oder Art der Verpackung oft in den Hintergrund. Das steigende Gesundheitsbewusstsein und der Trend zu ethisch vertretbarem Konsum führen zum sichtbaren Zuwachs von Bioprodukten im Getränkebereich.

Superfood jetzt auch in Saftform

Marketingkonzepte der Getränkehersteller nutzen derzeit den Hype um sogenannte Superfoods. Diese Zutaten suggerieren, dass die Produkte fit halten, die Konzentrationsfähigkeit steigern oder die Gewichtsabnahme unterstützen. Gleichzeitig versprechen sie besondere Geschmackserlebnisse durch exotische Früchte und ungewohnte Kombinationen. So gibt es inzwischen Säfte mit Acerola, Erfrischungsgetränke mit Matcha und Aqua-Plus-Getränke mit Ginseng. Den Verbrauchern wird vermittelt, exotische Pflanzen wie Acai- und Goji-Beeren oder Chia-Samen seien nährstoffreicher als hiesige Lebensmittel. Doch während die heimischen Früchte und Samen gut untersucht sind, fehlen bei den Exoten seriöse Analysen. So hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den größten Teil der gesundheitsbezogenen Aussagen zum antioxidativen Potenzial verschiedener Superfoodfrüchte nicht bestätigt.

Es ist durchaus möglich, dass die Früchte reich an wertgebenden Inhaltsstoffen wie Polyphenolen sind und die Konzentrationen in Säften sogar höher liegen als in der Frucht; möglich ist auch, dass Laborstudien bestimmte Effekte zeigen. Für eine Bestätigung gesundheitsbezogener Aussagen müssen aber auch Interventionsstudien vorliegen, die am Menschen durchgeführt wurden und solche Aussagen belegen. Diese existieren für die Superfruitsäfte bislang nicht. Gerne werben die Getränkehersteller auch mit dem Vitamingehalt ihrer Produkte. Doch die Vitamine stammen häufig nicht aus der Frucht, sondern werden künstlich hergestellt und dem Saft zugesetzt. So suggeriert die Auslobung „Roter Traubensaft mit Eisen zur Blutbildung“ zwar, dass das Eisen aus dem Traubensaft stammt, doch ein Blick auf die Zutatenliste verrät, dass Eisen-2-Gluconat zugesetzt wurde. Sind die Vitamine oder Mineralstoffe nicht künstlich beigemischt, tauchen sie in der Zutatenliste auch nicht auf.

Viel Zucker im Fruchtsaft

Säfte haben generell den Nachteil eines hohen Zuckergehalts (Glucose und Fructose), selbst ohne Zuckerzusatz. Mit einem Energiegehalt von 48 bis 72 Kilokalorien pro 100 Millliter liegen sie auf dem Niveau gesüßter Limonaden. Insbesondere Fructose, also Fruchtzucker, steht im Verdacht, die Fettspeicherung zu stimulieren und das Risiko für Bluthochdruck, Gicht, Insulinresistenz und eine nicht-alkoholischen Fettleber zu erhöhen. Ungünstig sind vor allem Getränke mit Zuckerzusätzen wie Maissirup oder Fructose-Glucose-Sirup, da hier der Fructoseanteil besonders hoch ist. Diese Süßungsmittel sind auf dem deutschen Getränkemarkt zwar noch die Ausnahme. Weil sie billig sind, wird ihr Einsatz aber in Zukunft vermutlich steigen. Süße Getränke stehen darüber hinaus im Verdacht, das Risiko für Typ-2-Diabetes zu erhöhen. Denn durch den schnell verfügbaren Zucker aus Getränken schießt der Blutzuckerspiegel in die Höhe, was langfristig den Insulin-bildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse schaden kann. Wie hoch das Diabetesrisiko für den Einzelnen ist, hängt aber von verschiedenen Risikofaktoren ab. Süße Getränke haben zudem nicht den gleichen Sättigungseffekt wie Lebensmittel. Daher kommt ihr Energiegehalt meist zusätzlich zur üblichen Nahrungsenergie hinzu, was das Risiko für Übergewicht erhöht.

Selbstgemacht vor Fertigsmoothie

Im Gegensatz zu Fruchtsäften bestehen Smoothies aus ganzen pürierten Früchten, zumindest selbst hergestellte. Die Fertigprodukte aus dem Supermarkt enthalten dagegen häufig einen großen Anteil an Saft. „Smoothie“ ist kein lebensmittelrechtlich geschützter Begriff und muss daher keine spezifischen Anforderungen erfüllen. Smoothies dürfen zwar auf der Verpackung nicht mit gesundheitsbezogenen Aussagen werben. Dennoch kursieren unzählige Ratgeber auf dem Markt, die vor allem den Konsum grüner Smoothies aus (Blatt-)gemüse, Kräutern und Früchten bewerben. Sie sollen den Körper entgiften oder vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Durch das Pürieren, das heißt die starke Zerkleinerung kann der Körper wertgebende Inhaltsstoffe angeblich besser nutzen.

Doch ob die Früchte gekaut, püriert oder mit einem Hochleistungsmixer zubereitet werden, ist laut Bernhard Watzl, Leiter des Ins­tituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max-Rubner-Institut, in Bezug auf die gesundheitliche Wirkung vernachlässigbar. Ein großer Unterschied liegt vielmehr zwischen frisch zubereiteten Smoothies und den im Supermarkt käuflichen: Letzteren fehlen durch den hohen Anteil an Saft und Fruchtpüree (ohne Fruchtschale) wertvolle Ballaststoffe und sekundäre Pflanzeninhaltstoffe. Zur Haltbarmachung werden sie meist hitzebehandelt. Das erhöht für manche Nährstoffe die Verfügbarkeit, andere werden dadurch jedoch zerstört. Nicht zuletzt sättigen Smoothies weniger, da das Kauen wegfällt und das Volumen im Vergleich zu ganzen Früchten geringer ausfällt. Und sie enthalten auch ohne Zuckerzusatz relativ hohe Mengen an (Frucht-)Zucker. Auch wenn Smoothies gelegentlich helfen können, den Frischekonsum zu erhöhen, ersetzen sie keinesfalls frisches Obst und Gemüse. Ein selbst zubereiteter Smoothie ist dem verarbeiteten Erzeugnis in jedem Falle vorzuziehen, zumal auch die Verpackung wegfällt. Wer trotzdem zum fertigen Smoothie greift, sollte zumindest auf einen hohen Püree-Anteil achten.

Wasserähnliche Getränke für die Wellnesswelle

Wasserklare oder leicht gefärbte, aromatisierte Erfrischungsgetränke kommen als Aqua-Plus, Near Water oder Flavoured Water in die Regale der Getränkemärkte. Obwohl sie hauptsächlich aus Mineral- oder Tafelwasser bestehen, werden sie teilweise noch als kalorienarm ausgelobt (< 20 kcal pro 100 ml). Gesüßt sind die Erfrischungsgetränke meist mit Zucker (Saccharose), teilweise mit Süßungsmitteln oder auch mit Fruchtsaftkonzentraten. Weitere Inhaltsstoffe erwecken den Eindruck von Funktionalität, darunter Vitamine, Mineralstoffe und bestimmte Pflanzenextrakte wie Ginseng, Melisse oder Cranberry. In ihrer Vielfalt sprechen die Getränke ganz unterschiedliche Zielgruppen an: Sportaffine durch Attribute wie aktiv, energy oder power, Neugierige durch die Anpreisung bestimmter Geschmackserlebnisse, Gesundheitsbewusste durch Wellness-Attribute wie energiearm. Obwohl häufig Fruchtabbildungen zu sehen sind, wird der Geschmack meist mit Hilfe von Aromen erzeugt.

Ein vermeintlicher Zusatznutzen durch Pflanzenextrakte ist aufgrund ihrer geringen Konzentration nicht zu erwarten. Für alle Getränke gilt, dass bei zugesetzten Vitaminen und Mineralstoffen darauf geachtet werden sollte, dass mit einem Liter Flüssigkeit nicht ein Vielfaches der empfohlenen Tagesdosen aufgenommen wird. Dazu lohnt der Blick auf die Nährwerttabelle, die die prozentualen Anteile der empfohlenen Tagesmengen angibt.Die Nährwerttabelle ist zwar (noch) nicht verpflichtend, muss aber auf allen Lebensmitteln abgedruckt sein, die mit einem besonderen Nährwert werben. Dies gilt in der Regel für Lebensmittel, denen Vitamine oder Mineralstoffe zugesetzt sind. Ab dem 13. Dezember 2016 wird die Kennzeichnung verpflichtend. Zugesetzte Zitronensäure kann in Kombination mit Zucker zahnschädigend wirken. Ungünstig sind dabei besonders die Plastik-Saugflaschen, da so die Zähne besonders von Flüssigkeit umspült werden.

Neue Varianten von Teegetränken

Besonders bei Jugendlichen war in den letzten Jahren Eistee angesagt. Inzwischen hat sich der Teemarkt in Richtung Trendgetränke weiter ausdifferenziert. Teilweise ähneln die Produkte den Wellness-Wässern: Sie werben mit geringem Kaloriengehalt und Naturbelassenheit. Andere Produkte gehen in Richtung Limonade. Besonders beliebt ist derzeit Matcha, das ist Grüntee, der nach einem bestimmten Verfahren zu feinstem Pulver gemahlen und oft auch als Superfood bezeichnet wird. Im Gegensatz zum aufgegossenen Tee trinkt man hier das ganze Teeblatt in gemahlener Form. Matcha enthält wie andere Tees Coffein und ist vergleichsweise teuer. Daher ist die Zugabe in Getränken häufig so gering, dass eine Wirkung kaum zu erwarten ist.

Naturbelassen sind vor allem jene Getränke, die selbst hergestellt werden, was bei Smoothies, Tees oder Near-Water-Getränken durchaus machbar ist. So lassen sich Wellness-Drinks einfach selbst herstellen: Wasser mit etwas Fruchtsaft mischen und Fruchtstückchen oder frische Kräuter wie Basilikum, Minze oder Zitronenmelisse hinzugeben, schon ist das Erfrischungsgetränk fertig – ohne Zuckerzusatz, ohne zugesetzte Aromen. Bleibt jedoch nicht die Zeit fürs Selbermixen, lohnt der Blick auf die Zutatenliste. Hier erfährt man, ob tatsächlich alle Inhaltstoffe natürlich sind oder nicht vielleicht doch überflüssige Zutaten enthalten sind.

Quelle: Milosevic D. UGBforum 3/16, S. 110-113