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Nitrosamin-Cocktail im Essen?

Warnungen vor Pizza, Toast Hawaii oder Gemüseauflauf verunsichern immer wieder die Verbraucher. Die leckeren Gerichte aus dem Backofen sollen mit Nitrosaminen belastet sein. Eine Studie gibt jedoch vorläufige Entwarnung.

Nitrosamine ist die Bezeichnung einer Stoffgruppe, zu der viele hundert Verbindungen zählen. Mehr als 300 davon wurden bisher auf ihre krebserregende Wirkung untersucht - bei etwa 90 Prozent bestätigte sich im Tierversuch der Verdacht. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Nitrosamine auch für den Menschen krebserregend sind. Die schädlichen Substanzen entstehen durch die Reaktion von Nitrit mit bestimmten Eiweißverbindungen, den sekundären Aminen. Das kann sowohl bei der Verarbeitung von Lebensmitteln als auch bei deren Zubereitung passieren. Früher enthielten Bier und Malzkaffee reichlich Nitrosamine. Aufgrund veränderter Herstellungsverfahren ging der Gehalt jedoch zurück. Heute sind neben Tabakrauch vor allem gepökelte und geräucherte Fleischwaren die Hauptquellen.

Belastung von Gepökeltem rückläufig

Etwa 95 Prozent der Wurstwaren in der Bundesrepublik sind mit dem Nitritpökelsalz Natriumnitrit (E 250) behandelt. Selbst in Bio-Wurst darf es mittlerweile enthalten sein. Das Nitrit kann mit den Aminen, die natürlicherweise im Fleisch vorkommen, reagieren und Nitrosamine bilden. Die Belastung von gepökelten Waren mit Nitrosaminen ist in den letzten 20 Jahren erheblich zurückgegangen. Denn durch verbesserte Technologien ist weniger Nitritzusatz nötig. Zudem setzen die Wurst- und Fleischerzeuger ihren Produkten heute Ascorbinsäure (Vitamin C) zu, die die Nitrosaminbildung hemmt. Dennoch sind gepökelte Produkte nach wie vor bedenklich. Eine Untersuchung mit Frühstücksspeck zeigte, dass unter großer Hitze reichlich Nitrosamine entstehen. Während vor dem Braten nur eine von 23 Proben die bedenklichen Stoffe aufwies, waren anschließend 21 Proben positiv. Unter Hitzeeinwirkung sind zwar 50-80 Prozent der Nitrosamine flüchtig. Da aber ein Rest im Lebensmittel verbleibt, sollten gepökelte Fleischwaren wie Kasseler oder geräucherte Würstchen nicht gegrillt oder gebraten werden.

Schadet Pizza der Gesundheit?

Werden bestimmte Nahrungsmittel kombiniert, kommt es zu einer geballten Ladung an Nitrit und Aminen. Dazu gehören Pizza, Toast Hawaii oder Spinatauflauf mit Käse. Die Zutaten für den Nitrosamin-Cocktail heißen
  • Nitrit aus gepökeltem Schinken, geräucherter Salami und/oder Käse
  • Nitrat aus stark nitrathaltigem Gemüse wie Spinat
  • hohe Aminkonzentration in Käse oder Fisch
  • saures Milieu z. B. durch Ananas oder Pepperoni
  • Hitze durch Überbacken oder Braten

Trotz dieser nitrosaminbildenden Zutaten ergab eine Untersuchung, dass der Verzehr einer Pizza oder eines überbackenen Toasts nur unwesentlich zur Nitrosaminaufnahme beiträgt. Scheinbar bilden sich doch weniger der krebserregenden Stoffe als vermutet. Aus diesem Grund halten die Wissenschaftler, die die Studie durchgeführt haben, eine Warnung vor Pizza und Co. für nicht gerechtfertigt. Dieser Auffassung hat sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung angeschlossen.

Andere Experten kritisieren die Entwarnung allerdings. Denn mit einer Pizza nimmt man im Schnitt bereits ein Drittel der täglichen Pro-Kopf-Aufnahme an Nitrosaminen auf. Wird eine Pizza mit maximalen Nitrosamin-Werten gegessen, kann die mittlere tägliche Pro-Kopf-Aufnahme sowohl von Frauen als auch Männern sogar überschritten werden. Da es bei krebserregenden Stoffen keine Grenzwerte für eine maximale Aufnahme gibt, müssen schon minimale Mengen als bedenklich betrachtet werden. Zu beachten ist außerdem, dass angebrannte Pizzen und Toastzubereitungen deutlich mehr Nitrosamine enthalten. Auch besonders aminreiche Pizzazutaten wie Tintenfisch, Sardellen, Tunfisch oder Schrimps erhöhen die Nitrosaminbildung.

Krebserreger bilden sich auch im Körper

Nitrosamine können auch im menschlichen Organismus gebildet werden. Die dazu nötigen Amine sind in fast allen Lebensmitteln vorhanden und entstehen zudem in unserem Stoffwechsel. Das Nitrit stammt entweder direkt aus Nahrungsmitteln mit Pökelsalz oder in geringen Mengen aus Käse. Schnittkäse wie Gouda, Edamer oder Tilsiter wird in der Regel Natrium- oder Kaliumnitrat (E 251 bzw. E 252) zugesetzt, um unerwünschte Bakterien zu hemmen. Während des Reifungsprozesses wird dieses Nitrat langsam zu Nitrit umgewandelt. Bakterien können Nitrat auch aus anderen Quellen in Nitrit umwandeln. Reichlich Nitrat liefern verschiedene Gemüsesorten wie Spinat, Feldsalat oder Rote Bete. Auch das Trinkwasser kann in bestimmten Regionen mit Nitrat belastet sein. Bereits im Mund werden etwa sechs Prozent des zugeführten Nitrats durch Bakterien und Enzyme zu Nitrit reduziert.

Vermutlich bilden sich die Nitrosamine im Magen. Es gibt zahlreiche Untersuchungen, die nach der Aufnahme von nitrat- bzw. nitrit- und aminreichen Lebensmitteln Nitrosamine im menschlichen Urin gefunden haben. Zur Zeit streiten sich die Wissenschaftler noch darüber, ob die mögliche Nitrosaminbildung im Körper ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko darstellt oder nicht. Im Rahmen der gesamten Nitrosaminbelastung wird sie aber eher als gering eingeschätzt.

Gemüse und Obst liefern Schutzstoffe

Vitamin C und E, Selen sowie verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe können die Nitrosaminbildung hemmen. Zum einen reagieren sie selbst mit dem Nitrit, zum anderen unterstützen sie die Reparaturmechanismen des Organismus. Mit einer abwechslungsreichen Kost, die reichlich frisches Gemüse und Obst enthält, nimmt man ausreichend Schutzstoffe auf. Wer auf diese Weise gut mit Vitaminen versorgt ist, der kann sich nach jetzigem Kenntnisstand ohne Sorgen gelegentlich Pizza, Toast Hawaii und Gepökeltes schmecken lassen. Zurückhaltung ist jedoch bei überhitzten oder angebrannten Speisen geboten. Da es bisher nur eine Untersuchung zu der Thematik gibt, sind für endgültige Empfehlungen allerdings weitere Studien erforderlich.

Zu bedenken ist außerdem, dass Nitrosamine für Tiere, einschließlich dem uns nah verwandten Affen, eindeutig krebserregend sind. Daher ist man auf der sicheren Seite, wenn man ihre Aufnahme möglichst gering hält. Gepökeltes sollte aus diesem Grund nur selten verzehrt und das Erhitzen von gepökelten und geräucherten Waren in jedem Fall vermieden werden. Gleichzeitig ist es günstig, wenig Nitrat und Nitrit aufzunehmen. Ökologisches Gemüse enthält aufgrund der Anbauweise in der Regel weniger Nitrat als konventionelles. Bei Käse lohnt sich ebenfalls ein Blick auf das Etikett. Die Verwendung von Nitratsalzen muss angegeben werden. Auch hier ist Bio-Ware die bessere Alternative, denn bei ökologisch hergestelltem Käse ist der Einsatz von Nitrat tabu.

Quelle: Nardmann, B.: UGB-Forum 3/01, S. 164-165
Foto: R. Eisele

Dieser Beitrag ist dem UGB-Archiv entnommen.

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