Energy-Drinks: Zusatzstoffe bunt gemixt

Fanta und Cola sind out. Bei Jugendlichen sind heute eher Energy-Drinks und bunte Getränke im schrillen Dosen-Design angesagt. Was die Jugend dabei in sich hineinkippt, ist alles andere als empfehlenswert.

energydrink

Zu den Klassikern "Red Bull" und "Flying Horse" haben sich in atemberaubender Geschwindigkeit immer neue Modegetränke gesellt. Es geht schon lange nicht mehr um eine schnelle Energiezufuhr - gefragt ist, was ankommt. In erster Linie sind Jugendliche die Adressaten der coolen Drinks. Mittlerweile gibt es aber auch extra Produkte für Autofahrer wie "Full Speed" oder "Formel 1", Drinks für Computerfreaks, z. B. "Power Point" oder "CyBer" fürs Durchhaltevermögen beim nächtlichen Surfen im Internet. Die britische "Love bomb" soll die Libido auf Trab bringen, und was "Erektus" bewirken soll, kann sich jeder denken. Den Reiz des Verbotenen bieten "XTC" oder Hanf-auszüge, allerdings ohne berauschende Wirkung.

Energy-Drinks: Standardzutaten immer neu kombiniert

Diese Modedrinks gehören lebensmittelrechtlich zu den coffeinhaltigen Erfrischungsgetränken wie Limonade und Cola. Die eigentlichen Energy-Drinks zählen als Untergruppe ebenfalls dazu. Sie enthalten neben Coffein oft noch Zutaten wie Taurin, Inosit und Glucoronolacton, für die bestimmte Höchstmengen gelten. Zusätzlich liefern sie jede Menge Zucker oder Süßstoffe. Mit einem Zuckergehalt von rund elf Prozent unterscheiden sich die Drinks aber nicht von normalen Erfrischungsgetränken. Neben einem möglichst ausgefallenen Namen sorgen Pflanzenextrakte wie Mate oder Guarana, verschiedene Aroma- und Farbstoffe dafür, dass sich die Getränke voneinander unterscheiden. Das süß schmeckende Myo-Inositol, das sich ebenfalls oft auf der Zutatenliste findet, soll die Gedächtnisleistung und Fettverbrennung steigern. Die Substanz spielt eine Rolle als Membranbestandteil und kann vom Körper selbst gebildet werden. Zusätzliche Wirkungen auf den Stoffwechsel sind Wissenschaftlern nicht bekannt.

Höchstmengen für Zusätze in Energy-Drinks

Koffein320 mg / l
Taurin4.000 mg / l
Inosit200 mg / l
Glucuronolacton2.400 mg / l

Nach der Verordnung für Fruchtsäfte und koffeinhaltige Erfrischungsgetränke gelten seit 2. Juni 2013 in Deutschland verbindliche Höchstmengen und neue Kennzeichnungsvorsgaben für Energy-Drinks.

Die meisten Trendgetränke schmecken künstlich süß und erinnern an flüssige Gummibärchen. Doch der Geschmack ist Nebensache. Was für die jungen Käufer zählt, ist das Outfit: Je aufwendiger das Dosen-Design, je schriller die Farbe und umso dubioser die Herkunft, desto besser. Gefragt sind daher nicht Getränke aus dem Supermarkt, sondern solche, die es per Mausklick im Internet, in Diskotheken und Szene-Kneipen oder an Tankstellen zu kaufen gibt. Der Preis spielt kaum eine Rolle. Ohne Wimpernzucken werden für eine 250-Milliliter-Dose zwei bis drei Euro und mehr ausgegeben.

Neue Kennzeichnungsvorschrift für Energy-Drinks

Energydrinks müssen mit der Angabe "erhöhter Koffeingehalt" und der Koffeinmenge in Milligramm pro 100 Milliliter gekennzeichnet werden. Ab Dezember 2014 muss der Warnhinweis „Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“ auf allen Getränken mit einem Koffeingehalt über 150 Milligramm erfolgen. Das gilt neben den Dosen aus dem Supermarkt auch für den Ausschank der Energy-Drinks in Gaststätten oder Diskotheken. Red Bull umgeht diese Regelungen. Der neue 60 Milliliter-Energy-Shot ist nicht als koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk, sondern als Nahrungsergänzungsmittel eingeführt worden und enthält hochkonzentriert die gleiche Menge Koffein und Taurin wie eine normale Red-Bull-Dose.

Stark wie ein Stier - dank Taurin?

Taurin findet sich in fast allen Designer-Getränken - vermutlich weil keiner so recht weiß, was das eigentlich ist. Aminoethylsulfonsäure, so der wissenschaftliche Name, ist das biogene Amin der Aminosäure Cystein und stellt neben Sulfat die Endstufe beim Abbau der schwefelhaltigen Aminosäuren dar. Darüber hinaus spielt das Amin als Bestandteil von Gallensäuren eine Rolle im Fettstoffwechsel. Diskutiert wird, ob Taurin auch als Neurotransmitter im Gehirn aktiv ist und ob es die Wirkung von Coffein verstärkt. Unser Organismus synthetisiert täglich bis zu 125 Milligramm Taurin. Zusätzlich werden zwischen 40 und 400 Milligramm pro Tag mit der Nahrung aufgenommen. Die Zusatzstoffzulassungs-Verordnung lässt bei den Energy-Drinks einen Taurinzusatz von 4000 Milligramm pro Kilogramm zu. Dass Taurin die Leistung steigert, wie immer wieder von den Anbietern behauptet, konnte wissenschaftlich nicht bewiesen werden - zumindest nicht unabhängig von den Wirkungen des Coffeins.

Nichts als kalter Kaffee?

Die Leistung steigern soll auch der Zusatz von Coffein. In Deutschland hergestellte Energy-Drinks enthalten maximal 320 Milligramm des anregenden Stoffs pro Liter. Das heißt, in einer Dose (250 ml) stecken gut 80 Milligramm, also etwa so viel wie in einer Tasse Kaffee (150 ml). Coffein wirkt anregend auf das Zentralnervensystem, Pulsfrequenz und Blutdruck steigen. Gleichzeitig produzieren die Nebennieren vermehrt Noradrenalin, und der Grundumsatz steigt. Übermäßiger Coffeingenuss führt zu innerer Unruhe, Reizbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Empfindliche Personen leiden an Herzrasen und Schwindel.

Für den gesunden Erwachsenen, der Kaffeekonsum gewohnt ist, gelten etwa vier Tassen Kaffee über den Tag verteilt als unbedenklich. Das entspricht etwa vier Dosen eines Energy-Drinks. Wenn beim schweißtreibenden Dauertanz in der aufgeheizten Disco die Coffeindrinks zum Durstlöschen getrunken werden, kann es schon einmal zu einer Überdosis kommen. Zumal Kinder und Jugendliche eine geringere Körpermasse haben und daher die verträgliche Menge an Coffein deutlich niedriger liegt. Kreislaufzusammenbrüche in Discos hat es bereits gegeben. Mittlerweile ist der Warnhinweis vorgeschrieben, solche Getränke nur in begrenzten Mengen zu trinken. Dieser Hinweis dürfte jedoch von vielen Kids eher als Herausforderung verstanden werden. Das Gleiche gilt für die Warnung vor einer gleichzeitigen Alkoholaufnahme. Vielmehr werden die Drinks häufig mit Alkohol gemixt angeboten. „Wodka-Energy“ ist so ein beliebtes Trendgetränk in den Diskotheken.

Energy-Drinks werden mit Glucuronsäure aufgepeppt

Ein weiterer typischer Inhaltsstoff der Energy-Drinks ist die Glucuronsäure, die meist in Form des Lactons zugesetzt wird. Die Hersteller werben damit, dass diese Verbindung die Entgiftung des Körpers von Umweltschadstoffen unterstützt. Tatsächlich ist aktivierte Glucuronsäure an der Entgiftungsreaktion in der Leber beteiligt. Sie wird allerdings im Stoffwechsel in ausreichender Menge gebildet. Die Energy-Drinks dürfen maximal 2400 Milligramm Glucuronolacton pro Liter enthalten. Zum Vergleich: Das Teegetränk Kombucha weist bis zu 3500 Milligramm Glucuronsäure pro Liter auf.

Aufgepeppt werden Energy-Drinks zusätzlich mit Vitaminen, insbesondere mit Vitamin B1, B2, B6, B12, Vitamin C und E, denn die Getränke sollen ja fit machen und die Leistung steigern. Der neue "Red Bull Energy-Shot" enthält 170 Prozent der empfohlenen Tagesdosis für Vitamin B6 und 140 Prozent der empfohlenen Vitamin-B12-Zufuhr in nur 60 Millilitern. Was derartige Konzentrationen für einen Sinn haben sollen, bleibt schleierhaft.

Zusatzstoffcocktail kann schädlich sein

Aus ernährungsphysiologischer Sicht können die süßen Zusatzstoffcocktails eindeutig nicht empfohlen werden. Noch ist unklar, wie sich größere Mengen Coffein, Taurin, Glucuronolacton und Myo-Inositol auswirken, insbesondere in der Kombination miteinander. Sicher ist, dass für allergiegefährdete Personen einige der Farbstoffe wie Chinolingelb (E104), Azorubin (E122) oder Brillantblau (E133) bedenklich sein können. Auch aus ökologischer Sicht bekommen die schrillen Drinks ein dickes Minus, da sie ausschließlich in Dosen und Einwegflaschen erhältlich sind.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stuft die Energy-Drinks als nicht sicher ein. Wirkungen und Wechselwirkungen von Taurin und Glucoronolacton in Kombination mit Coffein seien nicht gut genug erforscht. Vor allem besteht Forschungsbedarf zum Zusammenhang mit gleichzeitiger sportlicher Betätigung und Alkoholkonsum. Hierzu hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) kürzlich ein Forschungsprojekt initiiert.

Da sie bereits zu Kreislaufkollaps geführt haben, sollten Energy-Drinks mit größter Vorsicht genossen werden. Strenge Verbote helfen in der Regel wenig. Sachliche Aufklärung über die künstlichen und teuren Designer-Getränke ist sicher der bessere Weg.

Quelle: Berges, U.: UGB-Forum 5/2000, S. 276-277, aktualisiert 2013