Abmelden

Der Zugang zu den Fachinformationen exklusiv für Mitglieder und Abonnenten ist jetzt für Sie freigeschaltet.

Wie bedenklich ist die Cadmiumbelastung bei vegetarischer Ernährung?

Die durchschnittliche wöchentliche Aufnahme an Cadmium über Lebensmittel ist bei Vegetariern in der Regel höher als bei Mischköstlern. So kann es zur Überschreitung der von der EFSA festgelegten vorläufig tolerierbaren maximalen Cadmiumaufnahme pro Woche kommen. Sowohl die EFSA als auch das BfR gehen dennoch davon aus, dass bei Überschreitungen die zu erwartenden Risiken gering sind und der Nutzen einer pflanzenreichen Ernährung überwiegt.

In der nicht rauchenden Bevölkerung ist die Ernährung die Hauptquelle von Cadmium. Besonders hohe Gehalte sind in Innereien, vor allem in Leber und Nieren, und Schalentieren enthalten. Aber auch pflanzliche Grundnahrungsmittel wie Weizen oder Reis können stark belastet sein. Die höchsten Werte ermittelte das Scientific Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM) in Algen, Fisch, Meeresfrüchten und Schokolade. Aufgrund des hohen täglichen Konsums tragen vor allem Getreide und Getreideprodukte, Gemüse, Nüsse und Samen, Kartoffeln sowie Fleisch und Fleischprodukte zur täglichen Cadmiumaufnahme bei.
Das Schwermetall gelangt über den Boden oder die Luft in Lebensmittel, bei tierischen Produkten auch über das Futter. Trotz der geringen Absorptionsrate von nur etwa drei bis fünf Prozent ist die Aufnahme problematisch, da sich Cadmium in Nieren und Leber anreichert und mit einer Halbwertszeit von zehn bis 30 Jahren gespeichert wird. Es wirkt vorwiegend toxisch auf die Nieren und kann hier zu Funktionsstörungen bis zur Niereninsuffizienz führen. Eine hohe Belastung kann durch direkte und indirekte Knochendemineralisierung auch zu Osteomalazie und Osteoporose führen. Außerdem wurde das Schwermetall als für den Menschen krebserregende Substanz der Gruppe 1 klassifiziert. Im Januar 2009 hat die EFSA den vorläufig festgelegten Wert für die tolerierbare wöchentliche Aufnahme (PTWI) von 7 auf 2,5 µg/kg Körpergewicht gesenkt. In einer europäischen Meta-Studie zeigte sich, dass die durchschnittliche wöchentliche Aufnahme bei Erwachsenen sehr nahe an diesem Wert liegt. Verschiedene Untergruppen wie Vegetarier, Kinder, Raucher und Personen in stark mit Cadmium belasteten Gebieten überschreiten die Werte zum Teil sogar um das Doppelte.

Nach den in der Nationalen Verzehrsstudie II (2008) ermittelten Zufuhrwerten liegt die durchschnittliche wöchentliche Aufnahme von Cadmium in Deutschland bei etwa 1,2 µg/kg Körpergewicht und damit unter dem PTWI. Aufgrund der höheren Zufuhr pflanzlicher Lebensmittel ist das Risiko von Vegetariern, den Grenzwert zu überschreiten, höher als in der Allgemeinbevölkerung. Durch eine gezielte Lebensmittelauswahl kann aber auch bei Vegetariern die Belastung innerhalb der Grenzwerte bleiben. Das Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe GmbH in Freiburg, das die Exposition anhand der NVS II ermittelte, empfiehlt mehr Roggen anstelle von Weizen und Eisberg- statt Kopfsalat zu verzehren. Anstelle von Leinsamen, Mohn und Sonnenblumenkerne könnten Erdnüsse eine Alternative darstellen. EFSA und BfR gehen davon aus, dass die gesundheitlichen Nutzen einer pflanzenreichen Kost mit viel Vollkorngetreide, Obst, Gemüse und Nüssen die Risiken der Cadmiumbelastung übersteigen. Eine solche Ernährungsweise soll z.B. vor Übergewicht, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und möglicherweise verschiedenen Krebsarten schützen. Außerdem senkt sie das Risiko, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken (1,2,3,4).

Der Cadmiumgehalt von Pflanzen ist neben verschiedenen Umweltfaktoren auch von der Düngung abhängig. Während Klärschlamm stark belastet ist, finden sich zu Biokompost widersprüchliche Angaben. Die Staatliche Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft Sachsen geht davon aus, dass der Kompost zwar geringer mit Cadmium belastet ist als Klärschlamm. Durch die höhere Austragungsmenge steigt aber der Cadmiumgehalt im Boden durch Biokompost schneller an als bei anderen Düngemethoden (5). Wie viel Cadmium Pflanzen letztendlich aus dem Boden aufnehmen, ist abhängig vom pH-Wert des Bodens und dem Angebot anorganischer und organischer Komplexbildner. Da die Aufnahme von Cadmium in die Pflanze über Zink- oder Eisen-Transporter bzw. über Calcium-durchlässige Ionenkanäle erfolgt, wirkt sich eine gute Versorgung mit diesen Nährstoffen hemmend auf die Aufnahme des Schwermetalls aus. Auch das Nitratangebot ist eine wichtige Komponente. Durch Düngungsmaßnahmen wie Kalken oder Nitratdüngung kann die Cadmiumaufnahme in die Pflanzen verringert werden. Da zwischen verschiedenen Sorten einer Gemüseart ebenfalls Unterschiede in der Aufnahme bestehen, könnte außerdem auf Sorten mit geringerer Aufnahme zurückgegriffen werden, was aber in der Praxis noch nicht erfolgt (6). Das BfR fordert, die Festlegung von EU-weiten Höchstmengen in Lebensmitteln auf mehr Lebensmittelgruppen auszuweiten, insbesondere solche mit höherem Belastungsrisiko (7).

Nadja Graßmeier/WF

Literatur:
(1) Großklaus R: Nutzen-Risiko-Abwägungen bei mit Cadmium belasteten Lebensmitteln. Vortrag auf dem BfR Statusseminar "Cadmium - neue Herausforderungen für die Lebensmittelsicherheit" am 07.07.2009. http://www.bfr.bund.de/cm/232/nutzen_risiko_abwaegungen_bei_mit_cadmium_belasteten_lebensmitteln.pdf, 2009 (eingesehen am 27.08.2009)
(2) Alexander J et al.: Cadmium in food - Scientific opinion of the panel on contaminants in the food chain. http://www.efsa.europa.eu/cs/BlobServer/Scientific_Opinion/contam_op_ej980_cadmium_en_rev.1.pdf?ssbinary=true, 2009 (eingesehen am 25.08.2009)
(3) Nau H u.a.: Lebensmitteltoxikologie - Rückstände und Kontaminanten: Risiken und Verbraucherschutz. Parey Buchverlag, Berlin 2003
(4) Schwarz M, Schneider K: Lebensmittelbedingte Exposition von Umweltkontaminanten - Expositionsabschätzung basierend auf der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II). Vortrag auf dem BfR Statusseminar "Cadmium - neue Herausforderungen für die Lebensmittelsicherheit" 07.07.2009. http://www.bfr.bund.de/cm/232/lexukon_lebensmittelbedingte_exposition_von_umweltkontaminanten.pdf, 2009 (eingesehen am 27.08.2009)
(5) Dittrich B: Cadmiumaustrag über Düngemittel. Vortrag auf dem BfR Statusseminar "Cadmium - neue Herausforderungen für die Lebensmittelsicherheit" 07.07.2009. http://www.bfr.bund.de/cm/232/cadmiumaustrag_ueber_duengemittel.pdf, 2009 (eingesehen am 27.08.2009)
(6) Engels C: Übergang von Cadmium aus dem Boden in die Pflanze und Verteilung in der Pflanze. Vortrag auf dem BfR Statusseminar "Cadmium - neue Herausforderungen für die Lebensmittelsicherheit" 07.07.2009. http://www.bfr.bund.de/cm/232/uebergang_von_cadmium_aus_dem_boden_in_die_pflanze.pdf, 2009 (eingesehen am 27.08.2009)
(7) N.N.: BfR schlägt die Einführung eines Höchstgehalts für Cadmium in Schokolade vor. Stellungnahme Nr. 015/2007 des BfR vom 31.07.2007

Stand: 2010