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Vertragen Zöliakiekranke Hafer, obwohl er Gluten enthält?

Hafer weist nur einen geringen Glutengehalt auf. Dennoch konnten auch neuere Studien nicht eindeutig belegen, dass er für Zöliakiepatienten ohne Risiko ist. Deshalb sollten Betroffene Hafer weiterhin meiden.

Menschen, die an Zöliakie leiden, dürfen keine glutenhaltigen Nahrungsmittel verzehren, da sie ihre Darmschleimhaut schädigen. Das Polypeptid Gluten, auch Klebereiweiß genannt, findet sich in allen Getreidearten außer Mais, Reis und Hirse. Gluten besteht vorwiegend aus Prolamin und Glutelin. Die für Zöliakiekranke unverträgliche Fraktion ist das Prolamin, das reich an den Aminosäuren Prolin und Glutamin ist. Prolamin wird je nach Getreideart anders bezeichnet: bei Weizen beispielsweise Gliadin, bei Hafer Avenin. Noch ist nicht genau bekannt, welche Fraktion des Prolamins für die Schädigung der Darmschleimhaut verantwortlich ist. Zwei Sequenzen mit jeweils vier Aminosäuren stehen im Verdacht, Zöliakie auszulösen. Das Gliadin des Weizens enthält beispielsweise fünf dieser Sequenzen, das Avenin des Hafers nur zwei.

Das Prolamin bzw. Avenin von Hafer unterscheidet sich in der Zusammensetzung von dem der übrigen Getreidearten. Der Glutamingehalt entspricht dem von Weizen, Roggen und Gerste, der Prolingehalt dagegen ähnelt dem von Mais, Reis und Hirse, die von Zöliakiekranken vertragen werden. In Hafer sind zudem nur 1,6 g Prolamin pro 100 g enthalten, bei Weizen sind es etwa 6 g. Da Spuren bis 10 mg Gluten pro Tag nach bisherigen Erkenntnissen als harmlos gelten, vermuten Experten, dass Hafer für Zöliakiepatienten in moderaten Mengen verträglich sein könnte. Eine 1995 veröffentlichte Interventionsstudie, bei der Patienten ein Jahr lang durchschnittlich 50 g Hafer pro Tag aßen, konnte keine Unterschiede zwischen den Hafer- und den Kontrollgruppen feststellen. Aufgrund von Kritik wegen der geringen Studiendauer, untersuchten die Autoren die Zöliakiepatienten fünf Jahre nach Abschluss ein weiteres Mal. Auch nach dieser Zeit und rund 34 g Hafer am Tag gab es keine signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe.

Aufgrund der neuen Erkenntnisse lassen die britische und finnische Zöliakie-Gesellschaft mittlerweile kleine Mengen an Hafer für Zöliakiepatienten zu. Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft (DZG) dagegen rät weiterhin, Hafer bei der glutenfreien Kost auszuschließen. Auch wenn bei oben genannter Studie 92 Patienten untersucht wurden und keine negative Wirkung festzustellen war, liefert eine ganz aktuelle Studie ein gegenteiliges Ergebnis. 23 Zöliakiepatienten, die über ein Jahr etwa 50 g Hafer pro Tag aufnahmen, litten vermehrt unter Unverträglichkeitssymptomen wie Durchfall. Problematisch bei der Beurteilung der Studienergebnisse ist, dass es bei Zöliakiekranken oft mehr als acht Jahre dauern kann, bis nach einer glutenhaltigen Kost Beschwerden bzw. nachweisbare Darmschädigungen auftreten. Die DZG kritisiert zudem, dass bei der Langzeitstudie Patienten mit schwerer Zöliakie von vornherein ausgeschlossen waren. Zum bisherigen Zeitpunkt sollten daher Zöliakiepatienten sicherheitshalber Hafer in ihrer Ernährung weiterhin strikt meiden.

Weitere Informationen finden Sie hier:
Gut essen – bei Lebensmittelunverträglichkeiten
Allergien und Säure-Basen-Haushalt – was tun?

Literaturangaben:
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Stand: 2004