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Beeinflusst die Teigführung die Bekömmlichkeit von Vollkornbrot?

Die Art und Weise, wie eine Backware zubereitet wird, verändert die Zusammensetzung und Verfügbarkeit der Inhaltsstoffe. Besonders die Dauer der Teigreife sowie das Einwirken von Wasser und Säure beeinflussen die Verträglichkeit.

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© kzenon/123RF.com

Kommt es bei Backwaren zu Bekömmlichkeitsproblemen wie Blähungen, Durchfall oder Bauchschmerzen, werden häufig sogenannte FODMAPs verantwortlich gemacht. Hinter dem Kürzel verbergen sich fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole (= Zuckeralkohole). In Getreide finden sich als FODMAPs überwiegend Fruktane, Fruktose und Raffinose. Im Dickdarm werden sie von den Darmbakterien teilweise fermentiert, was zu Gasbildung führt. Gleichzeitig sind sie osmotisch wirksam, ziehen Wasser in den Darm und können Durchfälle verursachen. Durch die Dauer der Teigführung wird der Anteil an FODMAPs beeinflusst.

Forscher der Universität Hohenheim konnten nachweisen, dass der FODMAP-Gehalt nach einer Stunde Teigruhe am höchsten ist, nach viereinhalb Stunden dagegen auf zehn Prozent des Ausgangswertes sinkt. Dies ist vermutlich ein Grund, weshalb Brote aus Großbäckereien häufig mehr FODMAPs enthalten als Brote aus traditionell arbeitenden Bäckereien, die sich mehr Zeit für die Teigbereitung nehmen. Auch alte Getreidesorten wie Emmer, Dinkel und das FODMAP-reiche Einkorn profitieren von der langsamen Teigführung, die in vielen Biobäckereien praktiziert wird. Durch eine längere Teigreife erhält das Getreide zudem ausreichend Zeit zum Quellen, wodurch die Bekömmlichkeit steigt. Schrot benötigt zwei bis drei Stunden, ganze Körner brauchen zehn bis zwölf Stunden, bis sie sich voll Wasser gesogen haben.

Hierzulande werden die meisten Vollkornbrote mit einer Sauerteig- oder Backfermentgärung hergestellt. Die in Sauerteig und Backferment enthaltenen Milchsäurebakterien und Hefen bauen getreideeigene Zucker zu Säuren und Gasen ab. Das saure Teigmilieu bedingt eine gute Quellung sowie Gashaltefähigkeit, wodurch die Brote locker weden. Gleichzeitig hemmt die Säure stärkeabbauende Enzyme und begünstigt eine gute Verkleisterung der Stärke, was die Brote bekömmlicher macht. Zudem aktiviert ein saures und feuchtes Milieu das Enzym Phytase, das in Vollkorn enthaltene Phytate abbaut. Der sekundäre Pflanzenstoff bildet Komplexe mit Mineralstoffen wie Calcium, Eisen und Magnesium, die durch die Aufspaltung der Komplexe besser verfügbar werden.

Die Herstellung eines traditionellen Sauerteigbrotes dauert mehrere Tage und kann die Bekömmlichkeit von Vollkornbackwaren erhöhen. Dies ist vor allem für Reizdarmpatienten von Vorteil, die empfindlich auf fermentierbare Inhaltsstoffe reagieren.

Literatur:
Franz W (2002). Entwarnung für Vollkorn. UGB-FORUM 2/02, 108, aktualisiert April 2014
Hahn A, Ströhle A, Wolters M (2016). Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 3. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 472-473
Knödler M (2009). Schriftenreihe des Lehrstuhls Lebensmittel pflanzlicher Herkunft der Universität Hohenheim, Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie, Band 22
Schäfer C (2015). FODMAP-Kostformen beim Reizdarmsyndrom. Kritische Einschätzung aus der Praxis. Ernährung im Fokus, 05-06, 172-177
Ziegler JU et al (2016). Wheat and irritable bowel syndrome – FODMAP levels of modern and ancient species and their retention during bread making. Funct Foods 25, 257-266

Quelle: UGBforum 1/17, S. 46

Stand: 2017