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Seed Cycling: Reguliert der Verzehr von Samen unsere Hormone?
Hinter der Idee des Seed Cycling steht die Annahme, dass die Inhaltsstoffe verschiedener Samen Beschwerden rund um den weiblichen Zyklus verbessern. Wissenschaftlich belegt sind die Wirkungen jedoch nicht.

Sogenanntes Seed Cycling sorgt derzeit vor allem in sozialen Medien und Frauenportalen für Aufsehen. Über den gezielten Konsum bestimmter Samen wie Lein- und Sesamsamen, Sonnenblumen- und Kürbiskernen sollen sich hormonell bedingte Beschwerden bei Frauen verringern. Tatsächlich leiden viele Frauen unter Störungen der Hormonregulation, die Menstruationsschmerzen auslösen können oder auch Krankheiten wie das Polycystische Ovarialsyndrom (PCOS).
Das Seed Cycling setzt an den hormonell unterschiedlichen Phasen des weiblichen Zyklus an. Während der Follikelphase, also vom Beginn der Menstruation bis zum Eisprung, sollen täglich 1-2 Esslöffel geschrotete Leinsamen und Kürbiskerne gegessen werden. In dieser Phase sorgt das Hormon Östrogen dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut aufgebaut wird. In der zweiten Zyklushälfte, der Lutealphase, werden 1-2 Esslöffel Sesam und Sonnenblumenkerne empfohlen. Sie sollen sich positiv auf das Gelbkörperhormon Progesteron auswirken. Derzeit gibt es allerdings nur wenige wissenschaftliche Artikel, die sich speziell dem Seed Cycling widmen. Bekannt ist, dass Leinsamen und Sesam große Mengen Lignane enthalten, die zu den Phytoöstrogenen zählen. Lignane können sowohl pro- als auch antiöstrogen wirken. Einzelne Studien deuten darauf hin, dass der regelmäßige Konsum von Leinsamen das Risiko für Brustkrebs und Brustschmerzen reduzieren könnte. Zyklusregulierende Eigenschaften wurden bisher vorwiegend an Ratten beobachtet.
Gemeinsam ist allen Samen, dass sie wertvolle Omega-3-Fettsäuren wie die Alpha-Linolensäure enthalten. Bei ausreichender Aufnahme können sie Entzündungs- und Schmerzmediatoren verringern und möglicherweise so auch bei Menstruationsschmerzen helfen. Einige Studien beschreiben auch einen positiven Zusammenhang zwischen der Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren und reduzierten PCOS-Symptomen. Das Spurenelement Zink, das reichlich in Kürbis- und Sonnenblumenkernen enthalten ist, wirkte wiederum in Untersuchungen scheinbar positiv auf Hormonstörungen wie PCOS und soll die Intensität von Menstruationsschmerzen senken können. Einzelne Studien führen das auf die progesteronregulierende Wirkung zurück. Sesamsamen und Sonnenblumenkernen sind zudem besonders calcium- und magnesiumreich. Der gemeinsamen Zufuhr der beiden Mineralstoffe werden in einer wissenschaftlichen Arbeit ebenfalls eine Reduktion von Menstruationsschmerzen zugeschrieben.
Die einzelnen Studienbefunde zu den Wirkungen der Sameninhaltsstoffe reichen jedoch nicht aus, um das Konzept des Seed Cyclings und Wirkungen auf den Hormonhaushalt zu belegen. Werden die Samen regelmäßig in den empfohlenen Mengen verzehrt, wirkt sich das sicher günstig auf die Nährstoffversorgung aus. Die speziellen Samenmischungen zum Seed Cycling, die in Pulver- oder Kapselform im Internet verkauft werden, sind dazu aber unnötig. Effekte auf Hormonstörungen sind nicht zu erwarten. Diese sollten besser medizinisch abgeklärt werden.
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Emilia Hilk/UB
UGBforum 6/22
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