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Was bedeuten die neuen Protein-Referenzwerte der DGE für die Praxis?

Aufgrund aktueller Daten hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) die Referenzwerte für Protein überarbeitet. Neu ist unter anderem die Angabe des durchschnittlichen Bedarfs an unentbehrlichen Aminosäuren. Für die Praxis bleibt das allerdings ohne Relevanz

Protein-Referenzwerte-DGE

© belchonock/123RF.com

Proteine sind elementare Bestandteile des menschlichen Körpers: als Zellbausteine, Enzyme, Hormone, Faktoren der Blutgerinnung, des Immunsystems und vieles mehr. Zugeführt werden müssen streng genommen aber nicht bestimmte Proteine, sondern Stickstoff sowie 20 verschiedene Aminosäuren, neun davon gelten als unentbehrlich – früher als essenziell bezeichnet. Das berücksichtigen die DGE-Referenzwerte nun erstmals. Die Angaben zum Bedarf an unentbehrlichen Aminosäuren stammen für alle Altersklassen – bis auf den Wert für Säuglinge bis zum vierten Lebensmonat – von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Daten gelten jedoch als ungenau, zudem werden Aminosäuren für gewöhnlich nicht einzeln, sondern im Proteinverband aufgenommen. Daher verzichten die Autoren auf die Ableitung konkreter Zufuhrempfehlungen. Das heißt, die als wesentliche Neuerung angekündigte Änderung der Referenzwerte bleibt ohne praktischen Nutzen für den Alltag.

Der Referenzwert, das heißt die von der DGE empfohlene Zufuhr für über 65-Jährige wurde von 0,8 auf 1,0 Gramm Protein pro Kilogramm (g/kg) Körpergewicht pro Tag angehoben, um den Erhalt der Körperfunktionen im Alter zu gewährleisten. Da die Datenlage aus Stickstoffbilanzstudien für diese Altersklasse unzureichend ist, beruht die Erhöhung aber lediglich auf Schätzwerten. Ebenfalls um Schätzwerte handelt es sich bei den um 0,1 bzw. 0,2 g/kg Körpergewicht pro Tag verringerten Proteinwerten für Säuglinge bis zum vierten Lebensmonat. Sie basieren auf der Zusammensetzung von Muttermilch. Erstmals berücksichtigten die Autoren auch den für Säuglinge bioverfügbaren Nicht-Protein-Stickstoff-Anteil und nicht nur den reinen Proteingehalt der Muttermilch.

Nicht ganz schlüssig ist, dass die Angaben zu Höchstmengen an Protein gestrichen wurden. Dafür würden die wissenschaftlichen Daten nicht ausreichen. Dabei merkt die DGE selbst an, dass laut der zugrundeliegenden Quellen nicht sicher ausgeschlossen werden könne, ob eine langfristig hohe Proteinaufnahme zu negativen Wirkungen führt. Experten des UGB gehen davon aus, dass bei Kostformen mit hoher Proteinzufuhr langfristig die Gefahr einer latenten metabolischen Azidose besteht. Möglicherweise besteht in diesem Zusammenhang ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und Insulinresistenz.

Auch pflanzlich gut versorgt

Die Deutschen sind mit Protein gut versorgt. So steht es im 13. DGE-Ernährungsbericht. Häufig stammt es allerdings von Lebensmitteln tierischer Herkunft, die unerwünschte Begleitstoffe wie Purine und gesättigte Fettsäuren mit sich bringen. Die empfohlene tägliche Proteinzufuhr für Erwachsene von 0,8 g/kg Körpergewicht kann über eine geeignete Lebensmittelauswahl auch bei vegetarischer oder veganer Ernährungsweise gedeckt werden. Während tierische Lebensmittel meist alle unentbehrlichen Aminosäuren in ausreichender Menge enthalten, kommt es bei den pflanzlichen Lebensmitteln auf eine gute Kombination der einzelnen Proteinquellen an. Getreide und Hülsenfrüchte zum Beispiel ergänzen sich in Bezug auf die unentbehrlichen Aminosäuren gegenseitig. Bei Veganern kann die Aufnahme der unentbehrlichen Aminosäure Lysin kritisch sein, wenn lysinreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Quinoa oder Amaranth auf dem Speiseplan fehlen. Mit einer pflanzenbetonten, abwechslungsreichen Vollwert-Ernährung ist man in puncto Proteinen auf der sicheren Seite.

Literatur:
D-A-CH (Hrsg) (2016). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn, 2. Aufl.
D-A-CH (Hrsg) (2017). 2. Ergänzungslieferung D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr.
DGE (Hrsg) (2016). 13. DGE-Ernährungsbericht. Bonn
Martin HH (2017). Säure-Basen-Haushalt: Besser basisch essen. UGBforum 34 (2), 86-89
http://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faq/protein/#c5273

Quelle: UGBforum 6/17, S. 304

Stand: 2017