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Macht Schlafen schlank?

Verschiedene Studien aus den USA, Japan und Spanien zeigen, dass Menschen, die wenig schlafen, ein höheres Risiko für Übergewicht haben. Klare Erkenntnisse über die Wirkmechanismen gibt es bisher jedoch nicht.

In der großangelegten US-amerikanischen Gesundheits- und Ernährungserhebung (NHANES) befragten Forscher mehr als 6000 Teilnehmer zu ihren Schlafgewohnheiten. Wer in der Nacht weniger als vier Stunden Schlaf fand, hatte ein um 73 Prozent größeres Risiko, dick zu werden. Bei einem Schlafpensum von sechs Stunden betrug das Übergewichtsrisiko noch 23 Prozent. Als "Normalschläfer" galten Personen mit sieben bis neuen Stunden Nachtruhe. Eine weitere Studie aus den USA belegt einen fast linearen Zusammenhang zwischen Schlafmangel und einem hohen Body Mass Index.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Schlaf eine wichtige Rolle im Energiehaushalt spielt. Dieser wird unter anderem durch die Botenstoffe Leptin und Ghrelin gesteuert. Leptin, ein von den Fettzellen freigesetztes Hormon, gibt Auskunft, wie gut die Energiespeicher gefüllt sind. Ein hoher Leptinspiegel ruft Sättigung hervor. Sein Gegenspieler, das Peptid Ghrelin, wird überwiegend vom Magen produziert und signalisiert Hunger. Untersuchungen zeigen, dass bei Schlafmangel der Leptinspiegel verringert ist, während Ghrelin ansteigt. Der Appetit nimmt folglich bei Schlafmangel zu – besonders auf Kalorienreiches wie Kuchen oder Chips. Gleichzeitig ist die Aktivität des sympathischen Nervensystems erhöht und unterdrückt vermutlich die Ausschüttung von Leptin. Nach kurzem Schlaf bleiben auch die Spiegel des Stresshormons Cortisol länger erhöht als im ausgeschlafenen Zustand. Zusammen mit der gesteigerten Aktivität des Nervensystems deuten die Forscher dies als Zeichen für Stress, auf den viele mit gesteigertem Appetit reagieren.

Die Wissenschaftler der NHANES-Studie halten aber auch evolutionsbiologische Gründe für denkbar. Das reichhaltige Nahrungsangebot und die langen Tage im Sommer wurden vermutlich genutzt, um Körperreserven für den Winter anzulegen. Möglicherweise ist wenig Schlaf daher ein Signal, Winterdepots zu bilden. Unser Körper könnte durch die veränderte Leptinkonzentration auch davon ausgehen, dass wir im Wachen mehr Energie verbrauchen, und daher Hungersignale auslösen. Viele verbringen jedoch die Zeit, in der sie nicht schlafen, vor dem Fernseher und verbrauchen die zusätzlich aufgenommenen Kalorien kaum.

Obwohl die Befragungen ein Zusammenhang zwischen Schlafmangel und Übergewicht andeuten, ist unklar, ob der gesteigerte Appetit bei Wenigschläfern tatsächlich zur Gewichtszunahme führt. Auch die Untersuchungen zu den hormonellen Veränderungen sind vorsichtig zu bewerten. Denn sie wurden nur in zwei Nächten mit zwölf Teilnehmern durchgeführt. Auch wenn ein Zusammenhang zwischen Schlafmangel und Übergewicht nicht eindeutig belegt ist, gilt: ausreichender Schlaf fördert in jedem Fall Gesundheit und Lebensqualität.

Literatuangaben:
N.N. Lack of Sleep may lead to exess weight. Pressemeldung der North American Association for the Study of Obesity, 16. 11. 2004

SPIEGEL K et al. Brief communication: Sleep curtailment in healthy young men is associated with decreased leptin levels, elevated ghrelin levels, and increased hunger and appetite. Ann Intern Med 141 (11), 846-850, 2004

SPIEGEL K et al. Leptin levels are dependent on sleep duration: relationships with sympathovagal balance, carbohydrate regulation, cortisol, and thyrotropin. J Clin Endocrinol Metab 89 (11) 5762-71, 2004

VORONA RD et al. Overweight and obese patients in a primary care population report less sleep than patients with a normal body mass index. Arch Intern. Med 165 (1), 25-30, 2005

Stand: 2005