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Brauchen Sportler mehr Oxidationsschutz als Nichtsportler?

Ein Anstieg von Freien Radikalen im Muskel bei intensiven körperlichen Belastungen ist beim Menschen nicht bewiesen. Bei Ausdauer trainierten Personen ist zudem die Aktivität antioxidativer Enzymsysteme im Muskel höher. So ist davon auszugehen, dass eine vollwertige Mischkost, die eine ausreichende Energiezufuhr gewährleistet, den Bedarf an antioxidativ wirksamen Nährstoffen auch bei Sportlern deckt.

Über die Nahrung nimmt der Mensch verschiedene Substanzen auf, die direkt antioxidativ wirken oder antitoxidativ wirksame Systeme beeinflussen. Sie schützen den Menschen vor einer übermäßigen Belastung durch sogenannte Freie Radikale bzw. oxidativen Stress.

Freie Radikale sind hochreaktive, chemische Teilchen (Atome, Moleküle oder Ionen) mit einem oder mehreren ungepaarten Elektronen. Solche Substanzen mit "einsamen" Elektronen sind hochreaktiv und daher meistens sehr kurzlebig. Sie sind in der Lage, mit anderen Molekülen unter Bildung eines neuen Radikals zu reagieren, das seinerseits ein neues Molekül angreifen kann. Auf diese Weise werden Kettenreaktionen ausgelöst. Freie Radikale können zahlreiche Stoffklassen angreifen. Die Schädigung biologischer Membranen, verschiedener Proteine (Enzyme) und Nucleinsäuren kann bis zur Zerstörung von Zellen und Funktionsbeeinträchtigung ganzer Organe führen.
Freie Radikale entstehen im Stoffwechsel unseres Körpers, z. B. in der Atmungskette, bei der Immunabwehr oder durch die Aktivität einiger oxidativer Enzyme. Sie sind für den geregelten Ablauf verschiedener Prozesse notwendig. Aber auch durch zahlreiche äußere Einflüsse Luftverunreinigungen, Zigarrettenrauch, Medikamente, UV-Licht, Ozon und radioaktive Strahlung können Freie Radikale im Körper entstehen oder über Lebensmittel in den Organismus gelangen.
In biologischen Prozessen handelt es sich fast ausschließlich um besonders reaktive, sauerstoffhaltige Radikale bzw. Vorstufen, die zur Bildung solcher Radikale führen. Dazu zählen das Superoxidanion, das Hydroxylradikal und das Peroxylradikal sowie als reaktionsfreudige Vorstufen Singulettsauerstoff, Stickstoff-Monoxid bzw. -Dioxid und Wasserstoffperoxid. Sie greifen vor allem ungesättigte Fettsäuren in Lipidmembranen an, die für die Aufrechterhaltung der Zellstruktur und -funktionen von entscheidender Bedeutung sind.

Der Körper schützt sich gegenüber der Schädigung durch Freie Radikale durch enzymatische (Superoxiddismutase, Glutathionperoxidase, Katalase) und nicht enzymatische antioxidative Abwehrsysteme (hauptsächlich Ascorbinsäure - Vitamin C, Tocopherole - Vitamin E, Carotinoide und Ubiquinon). Darüber hinaus werden verschiedenen sekundären Pflanzenstoffen wie Liponsäure und Flavonoiden antioxidative Eigenschaften zugesprochen. Diese antioxidativ wirksamen Substanzen bzw. Systeme werden zum Teil endogen gebildet oder müssen wie die essenziellen Vitamine über die Nahrung zugeführt werden. Die antioxidativ wirksamen Enzymsysteme enthalten essenzielle Mineralstoffe wie Selen, Zink, Kupfer und Mangan, deren ausreichende Zufuhr über die Nahrung für einen funktionierenden Oxidationsschutz somit ebenfalls notwendig ist. Antioxidantien bzw. antioxidativ wirksame Systeme zersetzen reaktive Sauerstoffverbindungen, fangen Freie Radikale ab oder stabilisieren sie und schützen vor Oxidationsprozessen. Durch die zunehmende Umweltbelastung oder Fehlernährung können diese Entgiftungssysteme überfordert sein. Viele Befunde sprechen dafür, dass Freie Radikale am Entstehen sehr unterschiedlicher Erkrankungen wie Krebs, Arthritis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligt sind. Auch intensive sportliche Aktivität soll oxidativen Stress verursachen. Im Tierversuch steigt unter körperlicher Aktivität durch den vermehrten Sauerstoffverbrauch, die Energiegewinnung aus der Fettverbrennung und Hypoxie (Sauerstoffmangel im Gewebe) die Lipidperoxidation im Muskel an. Etwa 3-15 % des aufgenommenen Sauerstoffs verwertet der Organismus nicht vollständig, so dass Freie Radikale oder Radikalvorstufen wie Wasserstoffperoxid entstehen können. Außerdem ist bei anaeroben Belastungen die Bildung des Hydroperoxidradikals erhöht, da die anfallende Milchsäure (Laktazidose) den pH-Wert senkt, was die Reaktion fördert. Beim Menschen waren die beschriebenden Mechanismen bisher nicht eindeutig nachzuweisen. Im Gegenteil zeigte sich in einer Untersuchung mit Marathonläufern sogar, dass die Malondialdhydkonzentration im Muskel, die als Maß für die Lipidperoxidation gilt, nach der Belastung niedriger war. Als Grund vermuten die Forscher Anpassungsmechanismen durch langjähriges Ausdauertraining, was sie durch die messbar erhöhte Aktivität antioxidativ wirksamer Enzymsysteme im Muskel von Trainierten bestätigt sehen. Bei moderatem Ausdauersport kann man also eher von Oxidationsschutz als von oxidativem Stress sprechen. Auf der anderen Seite gibt es Studien, die durch Supplementierung mit Antioxidanzien eine Leitungsverbesserung erzielen konnten. Außer Zweifel ist also eine ausreichende Versorgung mit allen bekannten Antioxidanzien bzw. die endogenen antioxidativen Systeme fördernden Substanzen auch für Sportler unerläßlich. Ein überproportionaler Bedarf an antioxidativ wirksamen Nährstoffen bei intensiver köperlicher Belastung läßt sich aus den bisher veröffentlichten Studienergebnissen jedoch nicht ablesen. Eine Supplementierung der entsprechenden Substanzen ist also weder notwendig noch empfehlenswert. Über eine Energie angepasste abwechslungsreiche Vollwert-Ernährung mit hohem Frischkostanteil läßt sich der Bedarf an antioxidativ wirksamen Nährstoffen ausreichend decken. Zusätzlich sollten Sportler wie Nichtsportler folgendes beachten: nicht zu viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren aufzunehmen (z. B. öfter Oliven- oder Rapsöl anstelle von Distel- oder Sonnenblumenöl) übermäßige Ozonbelastung und UV-Strahlung zu meiden sowie nicht zu rauchen.

Literatur:
BEUEL, M.: Sauerstoff: Freund oder Feind? In: Condition 4, S. 48-49, 1999
BIRGERSSON, B. u.a.: Chemie und Gesundheit. Eine verständliche Einführung in die Toxikologie. VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim 1988
BROUNS, F.: "Functional Foods" für Sportler. In: Insider 5 (3), S. 1-8, 1997
KARLSSON, J.: Exercise, muscle metabolism and the antioxidant defense. Aus: Simopoulos, A.P., Pavlou, K.N. (Hrsg.): Nutrition and Fitness: Metabolic and behaviorial aspects in health and disease. World Rev.Nutr.Diet. Bd. 82, S. 81-100, Karger, Basel 1997
KULINSKI, B.: Oxidativer Streß, Alterungsprozesse und organische Risiken. In: Evi aktuell 1, S. 1-2, 1992
ROKITZKI, L.; LOGEMANN, E.: Radikalreaktionen und körperliche Arbeit. In: VitaMinSpur 7 (4), S. 169-175, 1992
ROTH, R.: Mineralstoffe und Antioxidantien im Sport. V. Stuttgarter Mineralstoff-Symposium. In: Erfahrungsheilkunde 41 (10), S. 677-678, 1992

Stand: 2007

Weitere Informationen finden Sie hier: Sporternährung in Theorie und Praxis