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Phenylketonurie

Bei der Phenylketonurie (PKU) handelt es sich um eine angeborene Störung des Aminosäurestoffwechsels. Der ursächliche Enzymdefekt betrifft die Phenylalaninhydroxylase, der von Aktivitätsverminderung bis zum vollständigen Aktivitätsverlust reichen kann. Die Aminosäure Phenylalanin kann dadurch nicht zur Aminosäure Tyrosin abgebaut werden und häuft sich im Blut und Geweben an. Fehlerhafte Abbauprodukte wirken toxisch und stören die geistige Entwicklung Betroffener.

Wird das Phenylalanin nicht abgebaut, staut es sich im Blut an und kann schwere Schäden im Gehirn auslösen. Bleibt die Phenylketonurie unbehandelt, sind Störungen der geistigen Entwicklung die Folge, neurologische Ausfälle und auch Epilepsie. Um die Stoffwechselstörung rechtzeitig zu erkennen, wird jedes Kind in den ersten Lebenstagen auf Phenylketonurie untersucht. In Deutschland ist etwa jedes achttausendste Neugeborene von der Erkrankung betroffen. Nur wenn von Anfang an eine strikte, phenylalaninarme Diät eingehalten wird, kann sich der Säugling weitgehend normal körperlich und geistig entwickeln. Die Diät muss ein Leben lang beibehalten werden, denn hohe Phenylalaningehalte im Blut können auch im Erwachsenenalter noch die Gehirnfunktion beeinträchtigen.

Individuelle Verträglichkeit

Da Phenylalanin eine unentbehrliche Aminosäure ist, die der Körper zum Aufbau von körpereigenem Eiweiß benötigt, kann sie nicht ganz vom Speiseplan gestrichen werden. Ziel der Diät ist es, so viel Phenylalanin zuzuführen, wie der Betroffene benötigt, aber nur so wenig, dass es nicht zu erhöhten Werten im Blut kommt. Da bei jedem Erkrankten der Abbau von Phenylalanin unterschiedlich stark eingeschränkt ist, muss die Diät individuell ermittelt werden. Auch das Alter ist zu berücksichtigen. Denn je älter der Patient wird, desto weniger Phenylalanin benötigt er pro Kilogramm Körpergewicht. Die individuelle Diät orientiert sich an den Phenylalaningehalten im Blut. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Arzt sind daher unumgänglich, in denen die tägliche Aufnahmemenge an Phenylalanin ermittelt wird.

Phenylalaninarm essen

Um die Aufnahme an Phenylalanin einzuschränken, müssen Lebensmittel, die diese Aminosäure enthalten, weitgehend vom Speiseplan weichen. Da Phenylalanin in nahezu allen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt, muss auf eine sehr eiweißarme Ernährung geachtet werden. Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte enthalten viel Eiweiß und damit Phenylalanin. Die Kost ist daher überwiegend vegetarisch. Damit trotzdem ausreichend Eiweiß und unentbehrliche Aminosäuren aufgenommen werden, wird die Ernährung durch spezielle phenylalaninfreie Eiweißmischungen ergänzt. Da durch die strenge Diät auch andere Nährstoffe zu kurz kommen, sind die Präparate zusätzlich mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen angereichert.

Ernährung im ersten Lebensjahr

Wird beim Säugling eine Phenylketonurie diagnostiziert, bekommt er zunächst eine Spezialnahrung, um den hohen Phenylalaningehalt im Blut auf unbedenkliche Werte zu senken. Anschließend erhält er eine Kombination aus phenylalaninfreier und standardisierter Säuglingsmilch oder Muttermilch. Wird das Kind gestillt, bekommt es vor jeder Muttermilchmahlzeit eine berechnete Menge der phenylalaninfreien Ersatznahrung. Im fünften Lebensmonat wird mit Obst- und Gemüsebrei begonnen, deren Phenylalaningehalt genau berechnet wird. Später kommen eiweißarme Spezialprodukte wie Getreidebreie, Teig- und Backwaren hinzu, die nach und nach die Muttermilchmahlzeit oder das Fläschchen ersetzen. Mit dem Wegfall der Milchnahrung wird das Aminosäurepräparat eingeführt, das über den Tag verteilt unter Obstmus, Kakao oder Brei gemischt wird.

Speiseplan für Kinder und Erwachsene

Mit Unterstützung durch Ernährungsfachkräfte lernen Eltern und Betroffene den täglichen Speiseplan zusammenzustellen.
Lebensmittellisten oder spezielle Computerprogramme helfen, die erlaubten Phenylalaninmengen zu berechnen. Auf dem Speiseplan stehen Lebensmittel mit wenig bzw. ohne Phenylalanin, wie Obst, eiweißarmes Gemüse, Blattsalate, Stärke, Spezialmehle, spezielle, eiweißarme Teigwaren, Spezialbrote und -backwaren, Spezialmilch, pflanzliche Bindemittel, Zucker, Öle, Margarine. Phenylalaninarme Fertigprodukte wie Suppen, Süßspeisen, Brotaufstriche sowie Kartoffel- und Gemüsegerichte erleichtern die tägliche Speisenzubereitung. Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Phenylalanin wie Fleisch, Fisch, Wurst, Käse, Milch, Milchprodukte, Eier und Hülsenfrüchte werden i.d.R. ganz vom Speiseplan gestrichen. Nahrungsmittel und Getränke, die den Süßstoff Aspartam enthalten, sind ebenfalls tabu, denn Aspartam wird im Körper zu Phenylalanin abgebaut.
Zusätzlich muss täglich eine spezielle Aminosäuremischung verzehrt werden.

Phenylalanin in Nahrungsmitteln:

Phenylalaninfrei sind folgende Lebensmittel:
Öle, milchfreie Margarinen, Zucker, einige Süßwaren (Wassereis, Traubenzuckerprodukte, milchfreie Bonbons), Tee, Kaffee, Mineralwasser, Limonaden

Einen niedrigen Phenylalaningehalt weisen auf:
Obst, Gemüse, Stärke, Fruchtsäfte, eiweißarme Spezialprodukte wie Mehl, Brot, Nudeln, Reis, Milch, Kekse, Fertigprodukte

Phenylalaninreich sind:
Fleisch, Geflügel, Fisch, Milch, Milchprodukte, Käse, Eier, Brot und Backwaren, Hülsenfrüchte, Nüsse, Schokolade, Mehl, Reis, Light-Produkte mit dem Süßstoff Aspartam (E 951) auch als Nutra-Sweet oder Canderel bezeichnet

Strenge Diät in der Schwangerschaft

Von PKU betroffene Schwangere müssen sich besonders streng an die Diät halten, da Phenylalanin sich auch im Fruchtwasser anreichert und das ungeborene Kind – sollte es ebenfalls den Enzymdefekt haben – bereits im Mutterleib schädigt. Den erhöhten Bedarf an Energie und Nährstoffen in der Schwangerschaft decken spezielle Präparate ab.

Diät selbst managen

Da die Diät recht streng ist und nur wenige Lebensmittel frei gegessen werden können, fällt es vielen schwer, sich an die Vorschriften zu halten. Besonders Jugendliche sind es leid, ständig etwas anderes zu essen als der Freundeskreis. Sie sollten sich dennoch immer wieder bewusst machen, wie wichtig es ist, die Diät möglichst genau einzuhalten. Auch die hohen Kosten für die Spezialprodukte erschweren es manchen Familien - trotz der Zuschüsse - die Ernährung einzuhalten. Hilfreich ist es, sich einer betreuten Gruppe, Selbsthilfegruppe oder Gesprächsforen im Internet anzuschließen. Auch die Teilnahme an speziellen Diätferien oder Kochkursen kann nützen. Anschließend fällt es oft leichter, selbstverantwortlich mit der Stoffwechselstörung umzugehen.

Das behandelnde medizinische Fachpersonal oder die Deutsche Interessengemeinschaft Phenylketonurie und verwandte angeborene Stoffwechselstörungen (DIG PKU) e. V., Narzissenstr. 25 90768 Fürth, Tel.:0911 979 1034 , Fax: 0911 976 4717 können Kontaktadressen von Selbsthilfegruppen verschaffen. Unter der Internetadresse www.dig-pku.de lassen sich ebenfalls nützliche Informationen zum Thema finden.

Stand 2021