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Dialysepflichtige Niereninsuffizienz

Die Hauptaufgaben der Nieren sind das Ausscheiden von Stoffwechselendprodukten, wie Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin, die Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts, des Blutdrucks, des Knochenstoffwechsels, des Säure-Basen-Haushalts und des Bluthormonspiegels. Bei chronischer Niereninsuffizienz nimmt die Funktionsfähigkeit der Nieren nach und nach ab, bis sie ihre Funktion schließlich ganz einstellen. Mit sinkender Nierentätigkeit kommt es zum Anstieg von Substanzen wie Harnstoff oder Kreatinin, die normalerweise über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden werden und in größeren Mengen für den Körper giftig sind. Außerdem können mit fortlaufender Niereninsuffizienz Störungen im Knochenstoffwechsel und im Wasser- und Elektrolythaushalt auftreten.

Wann ist eine Dialyse notwendig?

Im letzten Stadium, der so genannten terminalen Niereninsuffizienz, wird meist die Dialyse eingesetzt, da andernfalls der Körper vergiften würde. Die Funktionsfähigkeit der Nieren ist sehr stark eingeschränkt oder völlig zum Erliegen gekommen. Das Allgemeinbefinden des Patienten ist schlecht. Nun muss die Dialyse teilweise die Aufgaben der Nieren übernehmen. Die häufigste Form der Dialyse ist die Hämodialyse. Dabei werden dem Blut zwei- bis dreimal pro Woche über mehrere Stunden durch ein externes Gerät harnpflichtige Substanzen, wie Wasser und Elektrolyte wie Natrium und Kalium entzogen. Bei dieser Blutwäsche gehen aber auch Substanzen wie Aminosäuren, Mineralstoffe und wasserlösliche Vitamine verloren. Ein seltener angewendetes Verfahren ist die Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse). Bei diesem Blutreinigungsverfahren wird das Bauchfell als Membran genutzt, worüber das Blut gereinigt wird. Allerdings kommt es bei dieser Methode zusätzlich zu einem Proteinverlust, da das Bauchfell durchlässiger ist als die synthetischen Membranen bei der Hämodialyse.

Gezielte Ernährung als wirksame Unterstützung

Mit der richtigen Ernährung können Sie dafür sorgen, dass sich in den Zeiträumen zwischen den Dialysen nicht zu viele Giftstoffe und Flüssigkeit im Körper ansammeln. Die beste Dialysebehandlung ist unvollkommen, wenn nicht einige Ernährungsvorschriften beachtet werden. Hauptziele während der Dialysebehandlung sind die Vermeidung einer Mangelernährung und die Reduktion des Risikos an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erkranken. Dafür ist es wichtig, eine Überwässerung und zu hohe Blutwerte an Kalium und Phosphat zu vermeiden, sowie den Eiweiß- und Energiebedarf zu decken. Es gibt keine einheitliche Dialysekost für alle Patienten, da die Ernährungsempfehlungen unter anderem von der Restfunktion der Nieren und dem Zustand des Patienten abhängt.

Anders als zuvor sollten Sie nun mit Beginn der Dialyse viel Protein zu sich nehmen. Die Flüssigkeitszufuhr müssen Sie dagegen einschränken, um Ödembildungen zu vermindern. Denn Flüssigkeit kann nur während dem Dialysevorgang entfernt werden. Außerdem ist es sehr wichtig, dass Sie ausreichend Energie aufnehmen, wobei der Gehalt an Natrium, Kalium und Phosphat möglichst gering sein sollte. Wenn Sie sich an die Ernährungsempfehlungen halten, werden Sie sich wohler fühlen. Zudem kann die Dialysezeit dadurch verkürzt, mögliche Komplikationen vermieden und Medikamente eingespart werden. Die Dialyse selbst ist für Sie auch weniger belastend.

Ziele und Maßnahmen in der Dialyse-Behandlung

Ziele Maßnahmen
1. Mangelernährung vermeiden Eiweiß – und Energiebedarf decken
2. Überwässerung des Körpers vermeiden Flüssigkeitszufuhr einschränken
3. Risikoreduktion einer Herz-Kreislauf-Erkrankung kalium, - phosphat, - natriumreiche Kost meiden

Um diese Ziele und Maßnahmen aufeinander abzustimmen ist eine individuelle ernährungstherapeutische Beratung sinnvoll.

Energiebedarf

Bei der Hämodialyse sollte eine normale Energiezufuhr von 30 – 35 Kilokalorien (kcal) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht (KG) pro Tag angestrebt werden. Das entspricht für einen 80 kg schweren Menschen 2.400 – 2.800 kcal pro Tag.
Bei der Bauchfelldialyse sollten Sie 30 – 40 kcal/kg KG/Tag aufnehmen. Diese erfolgt sowohl durch die Zufuhr von Nahrung als auch durch das zuckerhaltige Dialysat. Ein stabiles Gewicht ist besonders wichtig. Sollten Sie übergewichtig oder adipös sein, wird in diesem Stadium von einer Gewichtsreduktion abgeraten. Wenn Sie zu wenige Kalorien aufnehmen, werden körpereigene Proteine zur Energiegewinnung abgebaut und damit vermehrt Harnstoff, Kreatinin und andere harnpflichtige Substanzen im Körper gebildet.

Trinkmenge und Salz

Im Verlauf der Dialysebehandlung werden sie immer weniger Harn produzieren (Anurie). Da Wasser nun nur noch während des Dialysevorgangs aus dem Körper entfernt werden kann, müssen Sie Ihre Flüssigkeitszufuhr einschränken. Denn ansonsten lagert sich das Wasser im Gewebe ein und es kommt zu Ödemen, Herz-Kreislauf-Problemen und Bluthochdruck. Außerdem verlängert sich die Dialysezeit und der Dialysevorgang wird belastender für Sie.

Bei der Hämodialyse dürfen Sie zusätzlich zur Restausscheidung Ihres Harns noch 500 - 800 Milliliter täglich trinken. Bei der Bauchfelldialyse ist keine ausgeprägte Verminderung der Flüssigkeitsaufnahme nötig, da hierbei die Niere meist noch besser arbeitet als bei der Hämodialyse. Bevorzugen Sie Getränke wie ungesüßte Früchte- und Kräutertees oder Mineralwasser mit einem Natriumgehalt unter 50 mg, besser noch unter 20 mg pro Liter. Mit einem Spritzer Zitronensaft wird der Durst meist besser gelöscht. Vorsicht bei süßen Getränken: Sie verstärken das Durstgefühl eher. Führen Sie am besten ein Trinkprotokoll, damit Sie einen Überblick haben, wie viel Flüssigkeit Sie am Tag zuführen. Gegen das Durstgefühl hilft oft das Lutschen von Eiswürfeln, Pfefferminzbonbons, Zitronenstückchen, Kaugummis oder Bittergetränke. Erleichterung bringt auch das Ausspülen des Mundes mit Wasser.

Sie sollten, wie auch schon in der Prädialyse ihren Salzkonsum so gut wie möglich einschränken. Neben dem Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat die eingeschränkte Zufuhr noch einen weiteren positiven Effekt. Denn Salziges macht durstig. Empfohlen werden insgesamt < 5-6g pro Tag. Unter diese Menge werden sowohl das Zusalzen einer Speise als auch die oft reichliche Salzmenge in Fertiggerichten, -suppen oder -soßen, Gemüsekonserven, Räucher- und Pökelwurstwaren, aber auch Chips, gesalzene Erdnüsse oder Fertigsnacks gezählt. Der oft hohe Salzgehalt von Brot und Käse sollte ebenfalls berücksichtigt werden. Bevorzugen Sie daher unverarbeitete Lebensmittel und bereiten Sie sich daraus salzarme Speisen zu. Lassen Sie den Salzstreuer am Tisch besser stehen und salzen Sie nur sparsam beim Kochen. Nutzen Sie stattdessen lieber die Geschmacksvielfalt frischer Kräuter und Gewürze.

Viel Eiweiß …

Aufgrund der Verluste an Aminosäuren und Proteinen bei der Dialyse ist es nötig, viel Protein mit der Nahrung aufzunehmen. So sollten Sie bei einer Hämodialyse täglich mindestens 1,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht aufnehmen. Bei der Bauchfelldialyse liegt dieser Wert bei bis zu 1,5 Gramm, da hier die Protein- und Aminosäurenverluste größer sind. So sollte ein 70 Kilo schwerer Mensch je nach Dialyseart zwischen 84 und 105 Gramm Protein pro Tag zu sich nehmen. Durchschnittlich nehmen die Deutschen je nach Geschlecht zwischen 64 und 85 Gramm täglich auf.

Um eine Mangelernährung vorzubeugen, sollten Sie Proteine mit hoher biologischer Wertigkeit verzehren. Diese hängt vor allem vom Gehalt an den Aminosäuren in einem Protein ab, die der Körper nicht selber herstellen kann. Je mehr körpereigenes Protein wir aus einem Nahrungsprotein aufbauen können, desto höher ist die biologische Wertigkeit und desto weniger müssen wir aufnehmen, um unseren Proteinbedarf zu decken.

Tierisches Protein wie Fleisch oder Fisch ist generell hochwertiger als pflanzliches. Das hochwertigste Protein ist das Eiprotein. Aber auch Kartoffeln, Milch und Milchprodukte, Soja und Reis sind vorne dabei. Wenn Sie Lebensmittel kombinieren, ergänzen sich die Proteine und die Wertigkeit steigt. Besonders günstig sind Gerichte, die Ei in Kombination mit Kartoffeln, Soja, Weizen oder Bohnen enthalten. Auch das Protein aus Speisen mit Milch und Weizen oder Roggen, sowie Bohnen mit Mais kann der Körper sehr gut verwerten. Außerdem können unterstützend Protein-Supplemente mit niedrigem Phosphatgehalt zur normalen Nahrung hinzugegeben werden, zum Beispiel zu Aufläufen und Quarkspeisen.

… wenig Phosphat

Besonders problematisch bei der praktischen Umsetzung der proteinreichen Ernährung ist die strenge Verminderung der Phosphataufnahme. Leider sind preoteinreiche Lebensmittel gleichzeitig relativ phosphathaltig. Beim gesunden Menschen wird Phosphat über die Nieren wieder ausgeschieden. Da es im Körper hauptsächlich an Proteine gebunden ist, kann es über die Dialyse kaum aus dem Körper entfernt werden. Zu viel Phosphat im Körper stört aber den Knochenstoffwechsel. Sie sollten daher pro Tag nicht mehr 0,8 - 1 g Phosphat aufnehmen. Vorsicht ist vor allem bei Schmelzkäse und Parmesan geboten. Aber auch Milch und Milchprodukte, Nüsse, Kakao (Schokolade), Hülsenfrüchte, Innereien und manche Fischarten können sehr phosphathaltig sein. Einen mittleren Gehalt an Phosphat haben Fleisch, Fisch, Eier. Diese Lebensmitel können in kleinen Portionen über die Woche verteilt verzehren werden.
Bei Wurstwaren und Erfrischungsgetränken sollten Sie sich ebenso in Zurückhaltung üben, denn Phosphat kann hier als Bindemittel oder Säuerungsmittel enthalten sein. Besonders wichtig ist die Vermeidung von Lebensmittel mit folgenden Zusatzstoffen (E-Nummern): E322, E338-341, E343, E450a-c, E540, E543-E544. Daher sollte auf verarbeitete Lebensmittel verzichtet werden. Phosphatarm sind Brot, Mehle, Obst und Gemüse.

Da es sehr schwierig ist, während der Dialyse das angestaute Phosphat vollständig zu entfernen wird empfohlen Phosphatbinder einzunehmen, die schon im Magen-Darm-Trakt Phosphat binden und so verhindern, dass Phosphat in den Blutkreislauf gelangt. Zur Einschätzung des Phosphat-Gehalts und der Aufnahme von Phosphatbindern wird das Phosphat-Einheiten-Programm, PEP, empfohlen. Lassen Sie sich dafür von Ihrer/m ErnährungsberaterIn entsprechend schulen.


Da der Phosphathaushalt unmittelbar mit dem Calciumhaushalts unseres Körpers in Verbindung steht, ist es unabdingbar während der Dialyse die Phosphat- und Calcium-Zufuhr aufeinander abzustimmen. Die beiden Substrate regeln in Verbindung mit Parathormon und Vitamin D den Knochenstoffwechsel. Als Bausubstanz ist Calcium also für den Knochen sehr wichtig. Durch die extrem eingeschränkte Nierenfunktion ist der Calciumhaushalt gestört. Gleichzeitig ist aber auch die Calciumausscheidung über die Niere reduziert. Es wird daher empfohlen nicht mehr als 2000 mg Calcium pro Tag aufzunehmen. Meist steckt im Dialysat genügend Calcium um einen Mangel zu vermeiden. Falls Sie eine Calciumzufuhr über Tabletten benötigen wird Ihre Ernährungsfachkraft das mit ihnen absprechen.

Vitamine

Bei der Dialyse gehen auch wasserlösliche Vitamine verloren. Sollte Ihr Arzt bei Ihnen einen Vitaminmangel feststellen, wird er Ihnen ein Präparat verordnen. Nehmen Sie auf keinen Fall auf eigene Faust Supplemente und Vitaminpräparate ein. Auch vom Genuss von Multivitaminsäften ist abzuraten, da diese neben reichlich Flüssigkeit häufig auch Kalium und Vitamin A bzw. Beta-Carotin (Vorstufe des Vitamin A) enthalten. Dadurch kann es zu einer Überdosierung mit diesen Stoffen kommen.

Kalium

Kalium sollten Sie besonders bei der Hämodialyse nicht in großen Mengen aufnehmen. Denn Kalium kann, wie Wasser, ausschließlich während des Dialysevorgangs entfernt werden. Die Folgen eines zu hohen Kaliumgehalts im Körper sind Muskellähmungen und Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand. Pro Tag sollten Sie daher nicht mehr als 2-2,5 g Kalium aufnehmen.

Der Kaliumgehalt lässt sich durch Wässern der Lebensmittel vor dem Verzehr reduzieren. Dabei tritt das Kalium aus dem Lebensmittel in das Wasser über. Schneiden Sie die Lebensmittel klein und legen Sie sie für mehrere Stunden in reichlich Wasser, das dabei mindestens einmal erneuert werden sollte. Doch nicht bei allen Lebensmitteln ist das möglich, z. B. Pilzen und Beeren. Garen Sie Ihre Nahrungsmittel nicht in der Mikrowelle oder einem Schnellkochtopf. Denn hierbei geht weniger Kalium verloren als beim Garen in reichlich Wasser. Das Kochwasser sollten Sie anschließend verwerfen. In Nährwerttabellen finden Sie viele Obst- und Gemüsearten, die einen relativ geringen Kaliumgehalt haben wie Heidelbeeren, saure Kirschen, Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Paprika, Gurke, Zucchini, Möhren oder Spargel.

Lebensmittel wie Brokkoli, Feldsalat, Spinat, Kohlrabi, Aprikosen, Bananen, Pflaumen, süße Kirschen, Trockenfrüchte, Nüsse, Vollkornerzeugnisse sollten Sie dagegen meiden. Gemüse – und Obstkonserven enthalten weniger Kalium als frisches Gemüse und Obst und sollten bevorzugt werden. Diese Konserven können noch einmal gewässert werden, so verlieren diese wieder mehr Kalium. Obst können Sie außerdem gut als Kompott (ohne Saft!) verzehren. Vorsicht ist auch bei Kochsalzersatzmitteln geboten, wenn sie aus Kaliumchlorid bestehen. Diese könnten für Sie lebensgefährlich sein.

Weiteres

Fasten sollte vermieden werden. Durch die verminderte Insulinproduktion wird Kalium nicht so gut in die Zellen aufgenommen und verbleibt im Blut.

Ihr Arzt kann Ihnen sicherlich Kontaktadressen von Selbsthilfegruppen verschaffen.

Auch der Bundesverband Dialysepatienten Deutschlands e.V., Essenheimer Straße 126, 55128 D-Mainz, Tel.: 0800-2484848, Telefax: +49 6131 835198, E-Mail: [email protected] ; https://www.bundesverband-niere.de/ bietet Hilfe und Informationsmaterial für Betroffene.

Stand 2021