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Chronische Niereninsuffizienz

Die Hauptaufgaben der Nieren sind das Ausscheiden von Stoffwechselendprodukte wie Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin, die Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts, des Blutdrucks, des Knochenstoffwechsels, des Säure-Basen-Haushalts und des Bluthormonspiegels. Bei chronischer Niereninsuffizienz nimmt die Funktionsfähigkeit der Nieren nach und nach ab, bis sie ihre Funktion schließlich ganz einstellen

Was ist eine chronische Niereninsuffizienz?

Bei der chronischen Niereninsuffizienz kommt es zu einer permanenten Verminderung der Funktion der Niere. Mit sinkender Nierentätigkeit kommt es zum Anstieg von Substanzen wie Harnstoff oder Kreatinin, die normalerweise über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden werden und in größeren Mengen für den Körper giftig sind. Außerdem können mit fortlaufender Niereninsuffizienz Störungen im Knochenstoffwechsel und im Wasser- und Elektrolythaushalt auftreten.

Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) gibt die Menge an Blut an, die in der Niere pro Minute vollständig von einer definierten Substanz, wie den Harnstoff, befreit wird. Sie spiegelt die Funktion der Niere wider, welche im Verlauf der Erkrankung sinkt. Auch die Messung von Eiweiß im Urin, ist ein Faktor zur Einstufung der Nierenfunktion.

Die chronische Niereninsuffizienz wird in fünf Stadien eingeteilt:

1. Stadium: Nierenschädigung (GFR ≥ 90 ml/min)
… mit noch normaler Nierenfunktion. Es werden Eiweiß- und Blutkörper-Mengen über den Schwellenwert hinaus im Urin gemessen. Diese sind ein Hinweis auf eine strukturelle Nierenschädigung. Eine ausgewogene Ernährung, angepasst an den individuellen Ernährungszustand, sowie eine Kochsalzreduktion sind Gegenstand der Ernährungstherapie.

2. Stadium: Niereninsuffizienz (GFR: 60-89 ml/min)
… mit milder Funktionseinschränkung. Meistens liegt hier noch, zusätzlich zu den Symptomen im 1. Stadium, Bluthochdruck vor. Ernährungstherapie wie im 1. Stadium.

3. Stadium: kompensierte Retention (GFR 30-59 ml/min)
  • 3a (GFR 45-59 ml/min)
  • 3b (GFR 30-44 ml/min)
    … mit moderater Funktionseinschränkung. Oft treten unter anderem mangelnder Appetit, eine Mangelernährung sowie Störungen im Stoffwechsel auf. Je nach Befinden und Symptomatik wird die Ernährung angepasst. Eine ausreichend Energiezufuhr ist wichtig.

    4. Stadium: dekompensierte Retention (GFR 15-29 ml/min)
    … mit schwerer Funktionseinschränkung. Die Symptome aus den ersten Stadien verstärken sich, sodass sich auf ein Nierenersatzverfahren (Dialyse) vorbereitet wird. Auch hier wird die Ernährung je nach Befinden und Symptomatik angepasst. Eine ausreichende Energiezufuhr ist wichtig.

    5. Stadium: terminale Niereninsuffizienz mit oder ohne Dialysetherapie (GFR < 15 ml/min)
    … chronisches Nierenversagen. Der Gehalt an toxischen Substanzen im Körper ist sehr hoch und das Allgemeinbefinden des Patienten schlecht. Die Dialyse, die künstliche Niere, übernimmt nun teilweise die Aufgaben der nicht mehr gesunden Niere. Eine spezielle, auf den Einzelnen abgestimmte Ernährung muss eingehalten werden. Die Ernährung in diesem Stadium ist allerdings nicht Gegenstand dieses Patientenbriefes. Mehr dazu bei der Dialysepflichtigen Niereninsuffizienz.

    Gezielte Ernährung als wirksame Unterstützung

    Ziel ist es, die Entwicklung der Krankheit möglichst lange zu verzögern, indem die Konzentration von harnpflichtigen Substanzen, wie Harnstoff und Kreatinin, im Blut möglichst gering gehalten werden. Desweitern ist es wichtig Mangelzustände zu vermeiden, indem auf die hohe Biologische Wertigkeit des Proteins, wie auch auf die Gesamtenergieaufnahme geachtet wird. Auch eine phosphat - und salz-reduzierte Ernährung ist besonders wichtig. Allgemein wird die mediterrane Kost mit einer ovo-lakto-vegetabilen Lebensmittelauswahl für Nierenerkrankte empfohlen. Über die individuell geeignete Ernährung sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt und einer Ernährungsfachkraft.

    In den Ersten Phasen der Niereninsuffizienz
    (Phase 1-3a: GFR 90 - 45 ml/min) – Die Prädialyse

    Energiezufuhr

    Eine ausreichende Energiezufuhr ist in allen Stadien der chronischen Niereninsuffizienz wichtig. Versuchen Sie daher, Ihr Körpergewicht zu halten. Denn bei einer Gewichtsabnahme fallen harnpflichtige Substanzen in höherem Maße an, was die Nieren belastet. Es sollten jeden Tag 30-35 kcal/kg Körpergewicht aufgenommen werden. Das entspricht für einen 80 kg schweren Menschen 2.400 – 2800 kcal pro Tag. Dabei sollten Sie besonders Vollkornprodukte, Obst und Gemüse als Kohlenhydrat-Quellen nutzen. Bei den Fetten sind der tägliche Gebrauch von hochwertigen pflanzlichen Ölen wie Raps- und Olivenöl empfehlenswert

    Proteinbedarf

    Wichtig ist eine proteinreduzierte Ernährung. Ihre Proteinaufnahme pro Tag sollte etwa 0,8 Gramm (g) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht (KG) betragen. Die individuelle Spanne je nach Stadium und befinden liegt bei 0,6-1,0 g/kg KG/Tag. Das entspricht den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für gesunde Erwachsene. Die Empfehlung für gesunde > 65-Jährige liegt bei 1,0 g/kg KG. Gemessen an der durchschnittlichen Proteinzufuhr der deutschen Bevölkerung, die bei etwa 1,1 g/kg KG liegt, bedeutet das im individuellen Fall wahrscheinlich eine geringfügige Einschränkung. Je nach Körpergewicht sollten sie also täglich nicht mehr als 47-57g Eiweiß zu sich nehmen. Proteinreich sind vor allem tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Wurst, Milch und Milchprodukte. Unter den pflanzlichen Lebensmitteln enthalten beispielsweise Tofu, Hülsenfrüchte und Vollkornnudeln viel Protein. Günstig ist es, wenn Sie eine pflanzlich betonte Ernährungsweise mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten (in Maßen), Kartoffeln und Getreideprodukten bevorzugen.

    Achten Sie dabei auf eine hohe biologische Wertigkeit der Proteine, damit Ihr Körper bei dieser relativ geringen Zufuhr noch ausreichend mit essenziellen Aminosäuren versorgt wird. Die biologische Wertigkeit ist ein Maß für die Qualität eines Proteins und hängt vor allem vom Gehalt an den Aminosäuren (Bausteine der Proteine) in einem Protein ab, die der Körper nicht selber herstellen kann. Je mehr körpereigenes Protein wir aus einem Nahrungseiweiß aufbauen können, desto höher ist die biologische Wertigkeit und desto weniger müssen wir aufnehmen, um unseren Proteinbedarf zu decken. Das hochwertigste Protein ist das Eiprotein. Aber auch Kartoffeln, Milch und Milchprodukte, Soja, Reis, Fleisch und Fisch sind besonders wertvoll. Wenn Sie Lebensmittel kombinieren, ergänzen sich die Proteine und die Wertigkeit steigt. Besonders günstig sind Gerichte, die Ei in Kombination mit Kartoffeln, Soja, Weizen oder Bohnen enthalten. Auch das Protein aus Speisen mit Milch und Weizen oder Roggen sowie Bohnen mit Mais kann der Körper sehr gut verwerten.

    Phosphat-Einschränkung

    Mit fortlaufender Einschränkung der Nierenfunktion ist es der Niere kaum noch möglich Phosphat auszuscheiden. Das Phosphat häuft sich im Körper an und das Risiko an einer Herz- und/oder Gefäßkrankheit zu erkranken steigt. Um dieses Risiko zu senken und auch den oft erhöhten Blutdruck zu senken sollten Sie sowohl den Phosphat- als auch den Salz-Konsum einschränken. Dazu soll eine moderate Zufuhr von Phosphat (0,6-1,0 g pro Tag) eingehalten werden, auch um das Risiko für Knochenerkrankungen zu senken. Vorsicht ist vor allem bei Schmelzkäse und Parmesan geboten. Aber auch Milch und Milchprodukte, Nüsse, Kakao (Schokolade), Hülsenfrüchte und manche Fischarten können sehr phosphathaltig sein. Fleisch, Fisch, Eier können in kleinen Portionen über die Woche verteilt verzehren werden. Bei Wurstwaren und Erfrischungsgetränken sollten Sie sich ebenso in Zurückhaltung üben, denn Phosphat kann hier als Bindemittel oder Säuerungsmittel enthalten sein. Besonders wichtig ist die Vermeidung von Lebensmittel mit folgenden Zusatzstoffen (E-Nummern): E322, E338-341, E343, E450a-c, E540, E543-E544. Daher sollte auf verarbeitete Lebensmittel verzichtet werden.

    Da Phosphat vor allem in eiweißreichen Lebensmitteln vorkommt, ist eine Phosphateinschränkung auf unter 1 g bei eiweißreduzierter Kost aber normalerweise kein Problem. Achten Sie dabei auf eine gute Kombination an Lebensmitteln in den Mahlzeiten, die Proteine mit hoher biologischer Wertigkeit enthalten.

    Salz-Konsum

    Der Natriumgehalt Ihres Mineralwassers sollte unter 50 mg, besser noch unter 20 mg pro Liter liegen. Ein Blick auf das Etikett gibt Aufschluss darüber. Versuchen Sie außerdem, Ihren Salzkonsum so gut wie möglich einzuschränken.

    Empfohlen werden insgesamt < 5-6 g Salz pro Tag. Unter diese Menge werden sowohl das Zusalzen einer Speise als auch die Salzmenge in Fertiggerichten, -suppen oder -soßen, Gemüsekonserven, Räucher- und Pökelwurstwaren, aber auch Chips, gesalzene Erdnüsse oder Fertigsnacks gezählt. Der oft hohe Salzgehalt von Brot und Käse sollte ebenfalls berücksichtigt werden. Bevorzugen Sie daher unverarbeitete Lebensmittel und bereiten Sie sich daraus salzarme Speisen zu. Lassen Sie den Salzstreuer am Tisch besser stehen und salzen Sie nur sparsam beim Kochen. Nutzen Sie stattdessen lieber die Geschmacksvielfalt frischer Kräuter und Gewürze.

    Flüssigkeitszufuhr

    In der Prädialyse liegt meist noch keine Einschränkung in der Ausscheidung von Flüssigkeiten über den Urin vor. Trinken sie daher, wenn sie Durst haben. Eine Trinkmenge von mindestens 1,5 Litern am Tag sollten aufgenommen werden. Jedoch die frühere Behauptung, dass eine bewusst gesteigerte Trinkmenge (2-3 Liter) ihrer Niere etwas Gutes tut, gilt heute nicht mehr. Bevorzugen Sie Getränke wie ungesüßte Früchte- und Kräutertees oder Mineralwasser. Auf Cola, Milch, Instantgetränke und Alkohol sollten Sie besser verzichten.

    Weiteres

    Sollten Sie übergewichtig oder adipös sein, wird empfohlen in diesen Stadien das Gewicht zu senken, um Körperfettmasse abzubauen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass ein Verlust der Muskelmasse und das Auftreten einer Mangelernährung vermieden wird. Individuell angepasste körperliche Aktivität und Sport sind in diesem Fall zu empfehlen.
    In der Regel sind in diesen Stadien keine Einschränkungen der Kaliumzufuhr notwendig, dennoch sollte eine Hyperkaliämie, besonders im 3. Stadium, durch die Kontrolle Ihres Blutes bei ihrem Arzt vermieden werden.
    Vitamine und Spurenelemente entsprechen den Empfehlungen für die Normalbevölkerung und sollten nur bei einem durch Kontrolle festgestellten Mangel in Form von Tabletten zugeführt werden.

    Die fortgeschrittene Niereninsuffizienz
    (Phase 3b – 5: GFR 44 - <15 ml/min)

    Proteinbedarf

    In diesen Stadien hat die proteinreduzierte Ernährung keinen entscheidenden Einfluss mehr auf die Funktionserhaltung der Nieren, daher wird keine proteinreduzierte Ernährung empfohlen. Dennoch sollte auf eine hohe biologische Wertigkeit geachtet werden. Alle anderen Maßnahmen der vorherigen Stadien sollten weiterhin beibehalten werden. Besonders wichtig ist die Vermeidung einer Gewichtsabnahme durch genügend Nahrungszufuhr (30-35 kcal/kg KG/Tag). Bei auftretender Gewichtsabnahme wird zur Vermeidung einer Mangelernährung eine Anhebung der Proteinzufuhr auf 1,0 g empfohlen. Anders als in den vorherigen Stadien sollte auf eine Gewichtsreduktion, selbst bei Übergewicht und Adipositas, verzichtet werden.

    Calcium

    Sollten Sie sich im 4. und 5. Stadium der chronischen Niereninsuffizienz befinden ist darauf zu achten genügend Calcium aufzunehmen (1-1,3 g/Tag). Calcium liefern sowohl Milch und Milchprodukte, wie auch grünes Gemüse, Nüsse und Mineralwasser. Zudem ist eine Gabe von aktivem Vitamin D zur Aufrechterhaltung des Knochenstoffwechsels nötig. Diese Maßnahmen werden Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt bzw. Ernährungsfachkraft zum gegebenen Zeitpunkt umsetzen, nehmen sie keine Präparate auf eigene Faust ein

    Kalium

    Eine Restriktion von Kalium ist meist in den Stadien 1-4 nicht notwendig. Erst im fünften Stadium sollte eine Kaliumeinschränkung erfolgen. Bei zu hohen Kaliumwerten im Blut müssen Sie Ihre Kaliumzufuhr auf 2-2,5 g/Tag einschränken. Die Folgen eines zu hohen Kaliumgehalts im Körper können Muskellähmungen und Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand sein.

    Kaliumreich sind vor allem Gemüse und Obst. Sie können den Kaliumgehalt aber vermindern, indem Sie die Lebensmittel in kleine Stücke schneiden und sie so vor dem Verzehr für mehrere Stunden in reichlich Wasser legen. Das Wasser sollten Sie mindestens einmal erneuern. Dabei tritt das Kalium in das Wasser über und der Kaliumgehalt des Lebensmittels sinkt. Allerdings ist dies nicht bei allen Gemüse- und Obstarten, z. B. Pilzen und Beeren, möglich. Garen Sie Ihre Nahrungsmittel nicht in der Mikrowelle oder einem Schnellkochtopf. Denn hierbei geht weniger Kalium verloren als beim Garen in reichlich Wasser. Das Kochwasser sollten Sie anschließend verwerfen. In einer Nährwerttabelle finden Sie viele Obst- und Gemüsearten, die einen relativ geringen Kaliumgehalt haben wie Heidelbeeren, saure Kirschen, Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Gurke, Zucchini, Paprika oder Spargel. Gemüse – und Obstkonserven enthalten weniger Kalium als frisches Gemüse und Obst und sollten bevorzugt werden, auch wenn dies den Empfehlungen für gesunde widerspricht. Diese Konserven können noch einmal gewässert werden, so verlieren diese wieder mehr Kalium. Obst können Sie außerdem gut als Kompott (ohne Saft!) verzehren.

    Lebensmittel wie Brokkoli, Feldsalat, Spinat, Kohlrabi, Aprikosen, Bananen, Pflaumen, süße Kirschen, Nüsse, Kakao (Schokolade), Tomatenmark, Vollkornerzeugnisse, Fruchtsäfte und Trockenfrüchte sollten Sie dagegen meiden. Vorsicht ist auch bei Kochsalzersatzmitteln geboten, wenn sie aus Kaliumchlorid bestehen. Diese könnten für Sie lebensgefährlich sein. Bei der Ausschwemmung von Kalium aus Lebensmitteln gehen auch andere Stoffe verloren. Daher ist eine Ernährungstherapie notwendig.

    Stand 2021