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Zahngesunde Ernährung: Knackiges statt Süßem

Karies zählt weltweit zu den häufigsten ernährungsabhängigen Erkrankungen. Grundvoraussetzung für gesunde Zähne ist eine ausgewogene Ernährung, die alle wichtigen Nährstoffe enthält. Insbesondere die Mineralstoffe Calcium, Phosphor und Fluorid sowie die Vitamine A, D und C sind unerlässlich für eine gesunde Entwicklung und Erhaltung der Zähne und des Zahnhalteapparates. Sie sind z. B. an der Schmelz- und Dentinbildung beteiligt, wirken regulierend auf die Mineralisation der Zähne, haben Einfluss auf die Mundschleimhaut und die Zusammensetzung des Speichels.

Naturbelassenes ist gut für die Zähne

Wie Lebensmittel auf die Zahngesundheit wirken, hängt unter anderem davon ab, wie stark sie verarbeitet sind. Naturbelassene Erzeugnisse, insbesondere Vollkornprodukte, rohes Gemüse, frisches Obst und Nüsse tragen nicht nur zur Vitamin- und Mineralstoffversorgung bei, sondern sind durch ihren hohen Ballaststoffanteil ein echtes Fitnesstraining für die Zähne. Durch sorgfältiges Kauen wird das Zahnfleisch massiert und Entzündungen vorgebeugt.

Speichel puffert Säuren ab

Das Kauen stimuliert im Zusammenspiel mit Geschmackssäuren, Duft- und Aromastoffen aus der Nahrung den Speichelfluss und vermindert so das Risiko für Karies. Denn der Speichel spielt eine wichtige Rolle für den Schutz der Zähne. Er spült Nahrungsreste und Säuren aus der Mundhöhle und puffert durch seinen alkalischen pH-Wert die von Kariesbakterien gebildeten Säuren ab. Außerdem enthält der Speichel Calcium und Phosphat in solch hohen Konzentrationen, dass beide Mineralstoffe als Bausteine wieder in den Zahnschmelz eingelagert werden können. Auch Vollkornprodukte sowie die meisten Gemüse- und Obstsorten sind gute Lieferanten für Mineralstoffe. Durch ihren hohen Ballaststoffanteil fördern sie zusätzlich das Kauen und damit den Speichelfluss. Obwohl sie Stärke bzw. Glucose und Fructose enthalten, sind sie deshalb nur wenig kariogen.

Neben den pflanzlichen Lebensmitteln spielen Milch- und Milchprodukte als Hauptlieferanten für Calcium eine wichtige Rolle für den Aufbau und Erhalt der Zähne. Hierbei sollte aber nur ein Teil des Mineralstoffs über Milch zugeführt werden, da sie als flüssiges Nahrungsmittel mit hohem Kaloriengehalt gerade bei Kindern eher die Kaufaulheit unterstützt. Günstiger ist es, wenn mindestens die Hälfte des Calciums über Milchprodukte wie Joghurt, Dickmilch, Quark und - als hervorragende Calciumquelle - über Schnittkäse aufgenommen wird. Da Milchprodukte nur wenig Milchzucker (Lactose) enthalten, ist ihre kariogene Wirkung ausgesprochen gering.

Versteckter Zucker in vielen Produkten

Etwa ein Drittel des Zuckers, den Kinder täglich zu sich nehmen, stammt aus Getränken. Neben reichlich Zucker enthalten Cola- und Zitrusgetränke Säuren, die die Zahnsubstanz zusätzlich angreifen. Je nachdem wie häufig, wie schnell und aus welchem Gefäß getrunken wird, können Getränke Karies auslösen oder zu deren Entwicklung beitragen. Besonders schädlich sind gesüßte Babytees und Flaschennahrung, die Eltern ihrem Nachwuchs zum Einschlafen oder als Beruhigungsfläschchen geben. Denn dadurch werden die Zähne ständig mit der zuckerhaltigen Flüssigkeit umspült. Selbst ungesüßte Getränke und Milch können durch das permanente Nuckeln die Zähne zerstören. Besser ist es, die Kinder möglichst frühzeitig von der Nuckelflasche zu entwöhnen und aus dem Glas trinken zu lassen. Leitungswasser, Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetees ohne Zucker sind die Getränke der Wahl - auch für ältere Kinder und Erwachsene. Reine Fruchtsäfte sollten wegen ihres hohen natürlichen Zucker- und Säuregehaltes verdünnt getrunken werden. Dazu mischt man einen Teil Saft mit mindestens zwei Teilen Wasser.

Der Zuckerverzehr lag 1996 bei rund 34 Kilogramm pro Bundesbürger. Das sind etwa 93 Gramm am Tag. Kinder liegen häufig über dem Durchschnitt. Der größte Anteil des Zuckers wird nicht im Haushalt, sondern in der Lebensmittelindustrie verarbeitet. Hauptlieferanten sind vor allem Süßigkeiten, Backwaren und Milchprodukte. Die derzeit den Markt überschwemmenden "Kinderlebensmittel" in Form von Frühstückscerealien, Kinderjoghurts, -quarks und Milchcremeschnitten prägen mit einer Extraportion Zucker, Farb- und Aromastoffen schon frühzeitig das Geschmacksempfinden der Kinder. Aber auch vordergründig nicht süß schmeckende Produkte wie Tomatenketchup können versteckte Zuckermengen enthalten und damit zahnschädigend wirken.

Schwindel auf dem Etikett

Neben dem gebräuchlichen Haushaltszucker Saccharose werden in der Lebensmittelindustrie viele weitere Zuckerarten eingesetzt: Glucose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker), Lactose (Milchzucker) und Maltose (Malzzucker), aber auch Glucosesirup und Maltodextrin. Sie wirken ebenfalls kariogen. Wichtig ist daher ein genauer Blick auf die Zutatenliste, denn auch Produkte mit Hinweisen wie "ohne Zucker", "frei von Zucker", "ohne Zuckerzusatz" oder "zuckerfrei gesüßt" können Zucker enthalten, nur keine Saccharose .

Entscheidenden Einfluss auf die Kariesentstehung hat weniger die Menge als die Häufigkeit des Zuckerverzehrs. Mit jeder zuckerhaltigen Nahrungszufuhr steigt die Zahl der Säureangriffe auf die Zähne. Die Zeit zur Remineralisation des Schmelzes reicht dann nicht aus, und der alkalische Speichel kann seine Schutzwirkung nicht voll entfalten. Dies führt zu einer ständigen Demineralisation des Schmelzes und damit zum Beginn einer Karies. Auch die Beschaffenheit einer Speise spielt eine Rolle, weil sie die Verweildauer in der Mundhöhle bestimmt. Dickflüssige und klebrige Nahrungsmittel wie Schokoriegel und Karamell haften länger an den Zähnen als eine süße Flüssigkeit und intensivieren so die Säureattacke auf den Zahnschmelz.

Aber nicht nur Zucker, sondern auch stärkehaltige Nahrungsmittel wie Kartoffelchips, frisches, klebriges Brot oder Cornflakes können Karies verursachen, wenn sie lange genug an den Zähnen haften. Denn bereits im Mund wird ein Teil der Stärke durch Speichelenzyme in Zuckerbausteine zerlegt. Da der Stärkeabbau etwa zwei Stunden andauert, sind die Zähne über diesen Zeitraum kontinuierlich einem Säureangriff ausgesetzt.

Vorsicht auch mit vollwertiger Süße

Viele ernährungsbewusste Menschen bevorzugen zum Süßen natürliche Süßungsmittel wie Vollrohrzucker, Honig, Sirup oder Fruchtdicksäfte. Diese besitzen den Vorteil, dass sie gering verarbeitet sind und noch einen Eigengeschmack aufweisen, der zu einem wohldosierten Umgang mit Süßungsmitteln beiträgt. Der Zuckeranteil liegt aber auch hier sehr hoch, in Honig beispielsweise bei 80 Prozent. Seine Kariogenität entspricht daher in aufgelöstem Zustand etwa der des Industriezuckers. Wer zwischendurch Honig schleckt oder als Brotaufstrich verwendet, ohne sich anschließend die Zähne zu putzen, fördert die Kariesentstehung aufgrund der klebrigen Konsistenz sogar besonders stark. Ähnliches gilt für Trockenfrüchte oder andere vollwertige Süßigkeiten wie Müsliriegel und Fruchtschnitten, die häufig als Ersatz für zuckergesüßte Naschereien gegessen werden. Denn auch Trockenfrüchte enthalten zwischen 60 und 70 Prozent Zucker, der durch die klebrige Konsistenz lange an den Zähnen haften bleibt.

Häufig empfehlen Zahnärzte Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe sowie damit gesüßte Lebensmittel, weil sie für die Zähne unschädlich sind. Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind diese aber abzulehnen. Zuckeraustauschstoffe wie Sorbit, Mannit, Isomalt, Maltit, Lactit und Xylit können durch Überdosierung oder bei individueller Empfindlichkeit Blähungen und Durchfall verursachen. Schon bei Verzehrsmengen ab 20 Gramm pro Tag, das sind etwa 4-5 Bonbons, können diese Nebenwirkungen auftreten. Kinder reagieren häufig empfindlicher als Erwachsene.

Süßstoffe keine echte Alternative

Im Gegensatz zu den Zuckeraustauschstoffen sind für die Verwendung von Süßstoffen wie Saccharin, Cyclamat, Aspartam, Acesulfam-K, Thaumatin und Neohesperidin DC Höchstmengen festgelegt. Diese ADI-Werte (ADI = Acceptable Daily Intake) beziehen sich auf gesunde Erwachsene, berücksichtigen aber nicht die höhere Stoffwechselintensität von Kindern. Nach Berechnungen des Dortmunder Instituts für Kinderernährung kann ein Kindergartenkind mit 20 Kilogramm Körpergewicht, das seinen täglichen Flüssig-keitsbedarf (800 bis 900 ml) mit süßstoffhaltigen Limonaden deckt, den ADI-Wert für Cyclamat überschreiten. Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe stellen daher keine Alternative zu Zucker dar, insbesondere nicht für Klein- und Schulkinder. Ein zuckerfreies Kaugummi oder Bonbon zwischendurch sind zwar unproblematisch und besser als die zuckerhaltige Variante, aber nur, wenn sie nicht in zu großen Mengen verzehrt werden. Deshalb sollten so genannte zahngesunde Süßigkeiten mit dem Zahnmännchen die Ausnahme bleiben. Alle Süßungsmittel fördern die Vorliebe für Süßes. Erstrebenswert ist daher, Kinder nicht an allzu Süßes zu gewöhnen.

Wenn Süßes, dann auf einmal

Ganz auf Zucker und zuckerhaltige Nahrungsmittel zu verzichten, ist unrealistisch und nicht notwendig. Besser ist es, den Genuss von Süßem in Grenzen zu halten und schon Kleinkinder an weniger süße Lebensmittel zu gewöhnen, auch wenn dies die Nerven der Eltern gelegentlich auf eine harte Probe stellt. Schwieriger wird es, ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene vom Süßgeschmack wegzubringen. Am ehesten gelingt dies über ein langsames und kontinuierliches Herabsetzen des Zuckerkonsums. Selbstgemischte Müslis, Naturjoghurts mit Obst, nur leicht gesüßte Puddings und Kuchen mit wenig Zucker sind erste Schritte in die richtige Richtung.

Entscheidend für die Kariesentstehung ist letztendlich nicht die Menge, sondern die Häufigkeit der Zuckeraufnahme. Wird Süßes gegessen, so sollte dies auf einmal geschehen und nicht über den ganzen Tag verteilt. Ein Stück Kuchen bedeutet einen einmaligen Säureangriff, den Speichel und Zähne gut abwehren können. Das Leeren einer Tüte Gummibärchen über mehrere Stunden greift die Zähne jedoch unablässig an, so dass der natürliche Schutz nicht mehr wirksam ist. Insbesondere der Vormittag bietet sich als zuckerfreie Tageszeit an. Wer Lust auf Süßes hat, isst ein Brot mit süßem Aufstrich zum ersten Frühstück und putzt sich anschließend gründlich die Zähne. Im Kindergarten oder in der Schule sorgen dann z. B. Vollkornbrot mit Käse oder gelegentlich Wurst, Gemüse und Obst oder ein Naturjoghurt für Nachschub, ohne die Zähne zu belasten. Ein Nachtisch oder eine Nascherei nach dem Mittagessen befriedigt mitunter schon den Heißhunger auf Süßes. Ganz wichtig für die Remineralisation der Zähne ist auch darauf zu achten, nach der letzten Mahlzeit vor dem Schlafengehen die Zähne zu putzen.

Gesunde Ernährung beginnt im Kindergarten

Eine gesunde Ernährungsweise ist ein wichtiger Bestandteil der Kariesprävention. Das bedeutet aber nicht, dass man völlig auf Süßes verzichten muss. Vielmehr kommt es darauf an, einen vernünftigen Umgang mit den süßen Verlockungen zu erlernen und auf eine regelmäßige Mundhygiene zu achten. Präventionsprogramme in Kindergärten und Schulen bieten die Arbeitskreise Jugendzahnpflege mittlerweile bundesweit an. In Spiel- und Unterrichtseinheiten werden Kinder zu zahngesundem Essen und Trinken motiviert. Zuordnungs- und Einkaufsspiele finden hier ebenso Anklang wie pantomimische Rate- und Schätzspiele sowie Spiele zur Sinneswahrnehmung. Noch effektiver als jede Unterrichtsstunde sind aber ein gesundes Frühstück und Mittagessen in der Kindertagesstätte, das gemeinsame Klassenfrühstück oder ein Schulkiosk mit einem zahnfreundlichen Essens- und Getränkeangebot. So kann richtiges Verhalten erfahren und erlebt werden.

Kinder essen mit allen Sinnen. Das gemeinsame Essen in der Familie oder mit Freunden und appetitliche, phantasievolle, gesunde Speisen sowie kleine Überraschungen machen meist mehr Spaß, als süße Naschereien in sich hineinzustopfen. Eltern besitzen daher eine entscheidende Vorbildfunktion. Das von ihnen vorgelebte Ess- und Trinkverhalten sowie die von ihnen praktizierte Lebensmittelauswahl und -zubereitung prägen die Ess- und Trinkgewohnheiten der Kinder.

LITERATUR:

KAPPELHOFF, C.: Die richtige Ernährung zur Kariesvermeidung.Grundlagen und Richtlinien. In: Ernährung und Mundgesundheit. Deutsche Arbeits- gemeinschaft Jugendzahnpflege (Hrsg.), S. 39-50, Bonn 1998
LENZ-GRAF, M.-L.: Ernährungserziehung in der Schule - Kooperationsmöglichkeiten zwischen Jugendzahnpflege und Schule. In: Ernährung und Mundgesundheit. Deutsche Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege (Hrsg.), S. 84-99, Bonn 1998
SCHRAITLE, R.; SIEBERT, G.: Zahngesundheit und Ernährung. Carl-Hauser-Verlag, München 1987
ZIESENIT

Quelle: Lenz-Graf, M.-L.: UGB-Forum 1/00, S. 18-21

Dieser Beitrag ist dem UGB-Archiv entnommen.

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