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Eisen – pflanzlich gut versorgt

Die Unterversorgung mit Eisen ist der häufigste Nährstoffmangel weltweit. Obwohl pflanzliche Kost als weniger gute Eisenquelle gilt, sind Vegetarier nicht schlechter versorgt als Fleischesser. Werte im unteren Normbereich bieten sogar gesundheitliche Vorteile.

Eisen pflanzlich

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ist etwa ein Viertel der Weltbevölkerung (über 1,6 Milliarden Menschen) von einem schweren Eisenmangel betroffen. Besonders hohe Zahlen finden sich in Entwicklungsländern, wo etwa 50 Prozent der schwangeren Frauen, 40 Prozent der Kinder unter 15 Jahren sowie 30 Prozent der Männer an einer Eisenmangelanämie leiden. Diese schwere Form des Eisenmangels wird auch als manifester Eisenmangel bezeichnet. Die Ursachen hierfür sind neben einer allgemeinen Unterernährung und niedriger Eisenzufuhr auch verbreitete parasitäre und Infektionskrankheiten in den betroffenen Ländern.

Typisches Merkmal einer Eisenmangelanämie sind erniedrigte Werte des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin von unter 13,5 g/dl, bei Männern und unter 12,0 g/dl bei Frauen. In den Industrieländern ist bei jeweils 20 Prozent der Schwangeren und Kinder sowie vier Prozent der Männer ein manifester Eisenmangel zu verzeichnen. Durch den Eisenmangel ist besonders die Bildung der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) beeinträchtig, sodass diese weniger Sauerstoff transportieren können. Mediziner sprechen von einer mikrozytären Anämie.

Noch verbreiteter ist ein latenter Eisenmangel. Hier liegt noch keine Anämie vor, jedoch sind die Eisenspeicher bereits entleert. Als Indikator für diesen beginnenden Eisenmangel gilt eine Konzentration an Depoteisen im Blut (Serumferritin) von unter 15 µg/l. Schreitet die Unterversorgung mit Eisen weiter fort, kann sich aus einem latenten ein manifester Eisenmangel entwickeln. Nahezu alle Vorschulkinder und schwangeren Frauen in den Entwicklungsländern leiden an einem latenten Eisenmangel. In den Industrieländern liegen die entsprechenden Zahlen für beide Gruppen bei 30-40 Prozent. Wichtigste Ursachen für einen Eisenmangel in den Industrieländern sind zu geringe Eisenzufuhr mit der Nahrung, Blutverluste (z. B. Menstruation, Operationen), Resorptionsstörungen sowie ein erhöhter Eisenbedarf bei Kindern, Jugendlichen, Schwangeren und Stillenden.

Mehrzahl der Frauen unterversorgt

Im Körper unterliegt Eisen einem sehr effizienten Recycling-Kreislauf. Dadurch kann die Bedarfsdeckung auch bei minimalem Angebot, schlechter Verfügbarkeit und gering gefüllten Speichern bei gleichzeitig hohen täglichen Umsatzraten eine gewisse Zeit lang gesichert werden. Etwa 90 Prozent des täglichen Eisenverbrauchs stammen aus diesem endogenen Kreislauf, vor allem aus dem Abbau alter bzw. nicht mehr funktionsfähiger roter Blutkörperchen. So beträgt die durchschnittliche tägliche Ausscheidung von Eisen über den Stuhl, den Urin und die Haut etwa 1 mg beim Erwachsenen. Bei den täglichen Zufuhrempfehlungen für Eisen wird eine Resorptionsrate von etwa 10 Prozent zugrunde gelegt, sodass zur Deckung des Eisenbedarfs etwa die zehnfache Zufuhrmenge erforderlich ist (siehe Tab. 1).

Eisen pflanzlich

Frauen haben aufgrund der Blutverluste während der Menstruation einen höheren Eisenbedarf als Männer. Für Frauen im gebärfähigen Alter werden deshalb 15 mg am Tag empfohlen, für erwachsene Männer und für beide Geschlechter über 50 Jahren 10 mg proTag. Bei schwangeren und stillenden Frauen liegen die Empfehlungen ebenfalls höher. Der Mehrbedarf während der Schwangerschaft erklärt sich durch die Versorgung des Fetus, den Aufbau der Plazenta sowie die Zunahme der roten Blutkörperchen der Mutter. Durch das Stillen selbst ergibt sich kein höherer Eisenbedarf, da über die Muttermilch nur sehr wenig Eisen (30 µg/100 g) abgegeben wird. Die höhere Zufuhr wird jedoch empfohlen, um die Eisenverluste während Schwangerschaft und Geburt auszugleichen.

Laut Nationaler Verzehrstudie II liegt in Deutschland die durchschnittliche Eisenzufuhr bei Männern bei 14,4 mg und bei Frauen bei 11,8 mg pro Tag. Dabei ist Brot die Hauptquelle. Bei Männern folgen Fleisch/Wurst und Gemüse/Gemüsegerichte, während sich bei Frauen Gemüse/Gemüsegerichte sowie Obst als wichtigste Quellen für die Eisenzufuhr anschließen. Während 14 Prozent der Männer die täglich empfohlene Zufuhr für Eisen nicht erreichen, sind es bei den Frauen 58 Prozent. Betrachtet man nur die Altersklasse unter 50 Jahren, trifft dies sogar auf 75 Prozent der Frauen zu.

Pflanzliche Eisenquellen

Fast alle Lebensmittel enthalten Eisen, oft jedoch nur in sehr geringen Mengen. Obwohl Eisen im Myoglo­bin des Muskelgewebes enthalten ist, sind Fleisch und Fleischprodukte nicht zwangsläufig eisenreich. So liefert beispielsweise das Muskelfleisch vom Schwein und Rind im Durchschnitt nur etwa 1-2 mg Eisen pro 100 Gramm. Dagegen weisen einige pflanzliche Lebensmittel wie Ölsamen, Getreide und Hülsenfrüchte deutlich höhere Gehalte auf (siehe Tab. 2). Auch grüne Blattgemüse enthalten oft mehr Eisen als Fleisch. In welchem Ausmaß der Körper das Eisen resorbieren kann, hängt von der Bindungsform im Lebensmittel ab. Gut verfügbares Hämeisen (Fe2+) findet sich ausschließlich in Fleisch und Fisch. Dort macht es in Form von Hämoglobin und Myoglobin etwa die Hälfte des enthaltenen Eisens aus. Pflanzliche Lebensmittel sowie Milch und Milchprodukte liefern ausschließlich Nicht-Hämeisen (Fe3+). In einer durchschnittlichen Mischkost entfallen etwa 80 Prozent des Eisens auf Nicht-Hämeisen. Dieses wird vom Körper deutlich schlechter aufgenommen als Hämeisen: Während der Körper vom Nicht-Hämeisen etwa 2-20 Prozent aufnimmt, liegt die Resorptionsrate von Hämeisen bei etwa 15-35 Prozent. Dabei hängt die Rate der Eisenresorption auch vom Versorgungsstatus ab. In Zeiten höheren Eisenbedarfs, wie Schwangerschaft und Wachstum, kann die Resorptionsquote bis auf etwa 40 Prozent ansteigen. Bei guter Eisenversorgung und gefüllten Speichern nimmt der Körper hingegen weniger Eisen auf als bei einem Mangel.

Eisengehalt eisenreicher Lebensmittel

Vitamin C verbessert die Aufnahme

Die Resorption von Nicht-Häm­eisen wird durch verschiedene Nahrungsfaktoren maßgeblich beeinflusst . Die wichtigste resorptionsfördernde Substanz ist Vitamin C (Ascorbinsäure). Mit seiner Hilfe kann dreiwertiges Nicht-Hämeisen zu zweiwertigem Eisen reduziert und besser in die Darmzelle auf­genommen werden. Bereits geringe Mengen an Ascorbin- oder anderen organischen Säuren, wie Zitronensäure in Obst und Gemüse oder Milchsäure in Sauerkraut, können die Eisenresorption um das Zwei- bis Dreifache steigern. Durch geschicktes Kombinieren von Lebensmitteln lässt sich so die Verfügbarkeit von Eisen aus der Nahrung verbessern: zum Beispiel durch ein Glas Orangensaft zum Müsli mit Haferflocken oder Kartoffeln und Paprika im Linseneintopf.

Auch der Verzehr von Fleisch fördert die Aufnahme von Nicht-Häm­eisen. Der genaue Mechanismus dieses auch als meat factor bezeichneten Effekts ist noch nicht geklärt. Als mögliche Ursachen werden das Fleischprotein an sich, aber auch andere Komponenten des Muskelgewebes diskutiert, zum Beispiel schwefelhaltige Aminosäuren.

Dieser Beitrag ist im UGBforum spezial: Vegan und vollwertig essen erschienen.

Soja-, Milch- und Eiprotein beeinträchtigen die Aufnahme von Eisen. Der wichtigste hemmende Faktor der Eisenresorption sind jedoch Phytate. Sie kommen in zahlreichen Pflanzen vor und dienen dort der Speicherung von Phosphat und Mineralstoffen, wie Calcium und Eisen. Ebenso wie in Pflanzen können Phytate auch im Darm Eisen binden, sodass dieses für den Körper nicht mehr zur Verfügung steht. Durch Mahlen, Erhitzen, Einweichen, Keimen oder Fermentieren von Nahrungsmitteln wie Getreide und Hülsenfrüchten lässt sich der Phytatgehalt durch Aktivierung des Enzyms Phytase verringern. Deshalb sind zum Beispiel aus Hefe- und Sauerteig gebackene Vollkornbrote eine bessere Eisenquelle als mit mineralischen Backtriebmitteln hergestellte Brote. Auch Vitamin C kann aufgrund seiner resorptionsfördernden Eigenschaften dem hemmenden Effekt der Phytate entgegenwirken.

Eine ähnliche Wirkung wie Phytate zeigen Polyphenole, die in Tee, Kaffee, Wein, Hülsenfrüchten oder verschiedenen Gemüse-, Obst- und Getreidearten vorkommen. Auch sie können Eisen binden und so für den Körper unzugänglich machen. Anders als früher angenommen, hat eine hohe Calciumzufuhr offenbar keinen negativen Einfluss auf die Eisenaufnahme.

Weniger Eisen sinnvoll?

Untersuchungen zum Eisenstatus von Vegetariern und Veganern zeigen, dass diese oft eine höhere Eisenaufnahme aufweisen als Mischköstler. Lediglich vegetarisch lebende Kleinkinder und Frauen erreichen die Zufuhrempfehlungen gelegentlich nicht. Die tatsächliche Eisenversorgung ist jedoch wegen der geringeren Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Nicht-Hämeisen differenziert zu betrachten.

Während sich die Hämo­globinwerte von Vegetariern und Veganern in Untersuchungen in der Regel nicht von denen der Fleischesser unterscheiden, liegen ihre durchschnittlichen Serumferritinwerte zwar niedriger, meist jedoch immer noch im unteren Normbereich. Mangelerscheinungen wie Leistungsschwäche oder Blutarmut sind hier nicht erkennbar. Vielmehr wird heute davon ausgegangen, dass diese etwas geringeren Werte sogar gesundheitliche Vorteile bieten. So fördern freie Eisenionen, aber auch gebundenes Eisen (in Form von Ferritin), die Bildung von Sauerstoffradikalen, die eine Vielzahl von organischen Verbindungen im Körper schädigen können. Diese auch als oxidativer Stress bezeichneten Vorgänge begünstigen in der Folge die Entstehung verschiedener Erkrankungen wie Krebs oder Typ-2-Diabetes.

Zudem lassen sich die während der Schwangerschaft zurückgehenden Eisenwerte als physiologisch sinnvoll ansehen. Möglicherweise versucht der Körper durch den niedrigen Eisenspiegel bakterielle Infekte abzuwehren. Bei geringen Eisenwerten steht den Bakterien weniger Eisen zur Verfügung, das sie zum Wachstum benötigen. Insofern stellen Eisenwerte, die im unteren Normbereich liegen, keinen Eisenmangel dar, sondern sind gesundheitlich sogar vorteilhaft.

Zu viel Eisen schadet

Um einem Eisenmangel vorzubeugen, sollte auf eine vollwertige Ernährung und eine gute Kombination der Nahrungsmittel geachtet werden. Für Menschen mit diagnostiziertem Eisenmangel sowie erhöhtem Eisenbedarf, wie Schwangere und Stillende, ist eine vorübergehende Nahrungsergänzung in Form von Präparaten oder angereicherten Lebensmitteln sinnvoll. Von einer prophylaktischen Einnahme ist – besonders in der Schwangerschaft – jedoch abzuraten. Neben Verstopfung, Magenbeschwerden und Übelkeit kann zu viel Eisen sogar zu Frühgeburten, niedrigem Geburtsgewicht oder Verhaltens­auffälligkeiten im Kindesalter führen.

Keine prophylaktische Einnahme

Eine aktuelle Auswertung der Iowa Women‘s Health Study ergab, dass die Einnahme von Eisenpräparaten bei älteren Frauen ohne Eisenmangel das Sterberisiko erhöhte. Eine hohe Eisenaufnahme und damit erhöhte Eisenwerte steigern zudem das Risiko für verschiedene Erkrankungen, insbesondere für Dickdarmkrebs und Diabetes Typ 2. Ob eine hohe Eisenspeicherung auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, wird derzeit kontrovers diskutiert; aktuell sieht die Mehrheit der Studien keinen signifikanten Zusammenhang. Dennoch schließt das Bundesinstitut für Risikobewertung nicht aus, dass „bei einer dauerhaft hohen Versor­gung mit Eisen das Risiko für die Entstehung von Herz-Kreislauf­-Erkrankungen, Krebs und Diabetes steigt.“ Da an diesen Erkrankungen komplexe Entstehungsmechansimen beteiligt sind, lässt sich keine Dosis-Wirkungsbeziehung und somit auch keine Höchstmenge für die Zufuhr ableiten. Auf der anderen Seite sind laut BfR keine positiven Wirkungen einer erhöhten Eisenaufnahme bekannt.

Für Risikogruppen wie Kinder, Schwangere, Stillende sowie Vegetarierinnen und Veganerinnen ist es sinnvoll, den Eisenstatus regelmäßig überprüfen lassen. Bei entleerten Eisenspeichern und niedrigen Hämoglobinwerten ist eine vorübergehende Verwendung von Eisenpräparaten unter ärztlicher Anleitung sinnvoll. Eine prophylaktische Einnahme von Eisenpräparaten oder angereicherten Lebensmitteln ist nicht zu empfehlen.

Wichtige Funktionen im Körper

Im Körper eines erwachsenen Menschen befinden sich etwa vier bis fünf Gramm Eisen. Etwa zwei Drittel davon sind in den roten Blutkörperchen in Form von Hämoglobin gebunden. Der rote Blutfarbstoff sorgt für den Sauerstofftransport zu Geweben und Organen. Im Muskel stellt Eisen als Bestandteil des Myoglobins eine Art Sauerstoffspeicher dar. Eisen wirkt als Komponente oder Aktivator von Enzymen sowie als Elektronenüberträger in der Atmungskette, einem zentralen Element der Energiegewinnung. Auch an der Immunabwehr, der Zellteilung sowie bei der Synthese von Botenstoffen wie Neurotransmittern und Hormonen ist Eisen beteiligt. Ferritin, ein Eisen-Protein-Komplex, stellt die Speicherform des Eisens dar. Hier sind etwa 20 Prozent des Körpereisens gespeichert.

Quelle: Keller M. UGBforum spezial: Vegan und vollwertig essen 2014, S. 29-32
Foto:© printems/Fotolia.com

Eine ausführliche Literaturliste kann unter dem Stichwort „Vitamin B12“ kostenlos per E-Mail an [email protected] angefordert werden.