Brustkrebs aktiv vorbeugen

In den westlichen Industrieländern erkranken immer mehr Frauen an Brustkrebs. Noch ist nicht genau bekannt, was die Erkrankung begünstigt. Ein gesunder Lebensstil und bewusste Ernährung spielen eine wichtige Rolle, um das Risiko zu mindern.

In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 48.000 Frauen an Brustkrebs, 17.000 sterben daran. Obwohl die Zahl der Neuerkrankungen steigt, bleibt die Sterblichkeit gleich. Dies ist vor allem auf verbesserte Früherkennung (siehe Kasten) und Therapiemöglichkeiten zurückzuführen. Laut Statistischem Bundesamt steht Brustkrebs als Todesursache mit 3,9 Prozent erst an fünfter Stelle, weit hinter Herz-Kreislauferkrankungen. Das Gefährliche an Brustkrebs ist nicht das regionale Wachstum in der Brust, sondern dass der Tumor dazu neigt, in den Körper zu streuen. Dadurch können Tochtergeschwülste, so genannte Metastasen entstehen. Diese greifen lebenswichtige Organe wie Gehirn, Lunge, Leber oder Skelett an und zerstören sie.

Größtes Risiko: das Alter

Den Wenigsten ist bewusst, dass das Alter der größte Risikofaktor für Brustkrebs ist. Während bei den 50-Jährigen nur eine von 200 Frauen erkrankt, ist es bei den 80-Jährigen etwa jede zehnte. Am häufigsten entsteht Brustkrebs zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr. Vorstufen sind aber bereits in jüngeren Jahren - also meist zwischen 35 und 45 - vorhanden. Denn der Tumor benötigt von der ersten Zelle bis zu einem zwei Zentimeter großen Knoten zwischen 5 und 15 Jahren. Die Vorstufen sind häufig schon sehr früh (ab einer Größe von 5 Millimetern) im Mammogramm, einer speziellen Röntgenaufnahme der Brust, oder Ultraschall zu erkennen. Je früher Ärzte einen Tumor entdecken, desto größer sind die Heilungschancen. Leider ist auch bei 30-jährigen Frauen die Erkrankung inzwischen keine Seltenheit mehr. Dann liegt aber meist eine erbliche Veranlagung vor.

Warum Brustkrebs entsteht, ist noch nicht geklärt, und bis heute kann er nicht verhindert werden. Aber es sind einige Faktoren bekannt, die die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung erhöhen. Manche Risikofaktoren können nicht bzw. nicht direkt beeinflusst werden. Dazu zählen neben Alter und familiärer Veranlagung eine späte erste Schwangerschaft (> 30 J.) und eine frühe erste Menstruationsblutung (< 12 J.) bei gleichzeitig spät einsetzenden Wechseljahren (> 55 J.). Dennoch kann jede Frau dazu beitragen, ihr persönliches Risiko zu verringern. Denn weitaus mehr als beispielsweise die genetische Veranlagung begünstigen ein ungesunder Lebensstil (mangelnde Bewegung, Rauchen, Alkohol etc.), Umwelteinflüsse (Umweltgifte etc.) und falsche Ernährung die Entstehung von Brustkrebs. Experten diskutieren hier insbesondere den Einfluss von Übergewicht, Nahrungsfetten, Alkohol und sekundären Pflanzenstoffen. Während der vor Brustkrebs schützende Effekt von regelmäßiger sportlicher Betätigung - egal welcher Art - inzwischen hinreichend belegt ist, wird der Einfluss der Ernährungsfaktoren noch sehr kontrovers betrachtet.

Übergewicht als Risikofaktor

Wissenschaftler sind überzeugt, dass gesunde Ernährung ein Drittel aller Krebsleiden verhindern könne. Eine besondere Rolle spielt dabei Übergewicht. Nach neuesten Schätzungen ließen sich durch ein normales Körpergewicht jährlich 13.000 Brustkrebsfälle vermeiden. Die Frage, inwieweit Übergewicht eine Rolle für das Brustkrebsrisiko spielt, war inzwischen Gegenstand vieler wissenschaftlicher Studien - mit unterschiedlichsten Ergebnissen. Einen Zusammenhang zwischen Übergewicht nach der Menopause und Brustkrebs fanden beispielsweise Wissenschaftler im Rahmen der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). In vielen anderen Untersuchungen zeigt sich diesbezüglich allerdings nur ein schwacher bis überhaupt kein Zusammenhang. Sehr viel ausgeprägter scheint der Zeitpunkt und das Ausmaß einer Gewichtszunahme zu sein. So steigt das Brustkrebsrisiko um 40 Prozent, wenn Frauen nach dem 18. Lebensjahr bis zur Postmenopause, das heißt bis nach den Wechseljahren, 10 bis 15 Kilogramm zunehmen. Bei einer Gewichtszunahme von über 30 Kilogramm verdoppelt sich das Risiko sogar. Diese Zusammenhänge finden sich aber nur bei Frauen, die keine Hormone gegen Wechseljahrsbeschwerden einnahmen.

Erstaunlicherweise zeigt sich in einigen Studien, dass Übergewicht vor der Menopause mit einem niedrigeren Brustkrebsrisiko einhergeht. Experten vermuten, dass schwerere Frauen unregelmäßigere Menstruationszyklen haben und dadurch geringere Mengen an Östrogenen zirkulieren. Ein niedriger Östrogenspiegel wird mit einem verminderten Brustkrebsrisiko in Verbindung gebracht. Die geringere Östrogenmenge bei den übergewichtigen Frauen scheint auch nach der Menopause noch bestehen zu bleiben. Dadurch wird die risikosteigernde Wirkung des dann zunehmenden Östrogens abgemildert. Erklären lässt sich so auch, warum sich in vielen Studien nur ein schwacher bis gar kein Zusammenhang zwischen postmenopausalem Übergewicht und Brustkrebsrisiko findet, Gewichtszunahme und Brustkrebsrisiko aber sehr viel ausgeprägter korrelieren. Eine norwegische Kohortenstudie deckt einen weiteren Marker für das Brustkrebsrisiko bei übergewichtigen und adipösen Frauen nach der Menopause auf: das HDL-Cholesterin. Frauen mit einem niedrigen HDL-Spiegel haben demnach ein dreifach höheres Risiko für Brustkrebs als die mit den höchsten Werten.

Fette spielen untergeordnete Rolle

Ob die Fettzufuhr - unabhängig von Übergewicht und Gesamt-Energiezufuhr - die Brustkrebsrate steigert, bleibt fraglich. Die Hypothese basiert vor allem auf der Beobachtung, dass der nationale Pro-Kopf-Verbrauch an Fett stark mit der Sterberate an Brustkrebs korreliert. Doch diesbezügliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Fett die Brustkrebsrate im Gegensatz zur Energiezufuhr nur schwach oder überhaupt nicht beeinflusst. Eine Untersuchung an jungen Frauen berichtet über einen leichten Anstieg des Brustkrebsrisikos, wenn in der Jugend sehr fettreiches Fleisch gegessen wurde. Auch gesättigte Fettsäuren und tierische Fette können das Risiko geringfügig erhöhen. In einer anderen retrospektiven Kohortenstudie fehlt zwar der Zusammenhang zur absoluten Fettmenge. Aber das Brustkrebsrisiko verringert sich, wenn pflanzliche Fette den Speiseplan dominieren.

Weitaus wichtiger als der Fettverzehr scheint die Gesamt-Energiezufuhr zu sein. Es ist allerdings schwierig, diese beiden Faktoren unabhängig voneinander zu bewerten. Denn Fett ist der kalorienreichs-te Nährstoff und trägt somit erheblich zur Energiezufuhr bei.Eine hohe Energiezufuhr in der Kindheit beschleunigt das Wachstum und den Eintritt der Menstruation (Menarche) - ein bekannter Risikofaktor für Brustkrebs. Darüber hinaus führt eine hohe Energiezufuhr zur Gewichtszunahme im mittleren Alter und kann damit ebenfalls wesentlich zum Brustkrebsrisiko beitragen.

Carotinoide schützen vor Brustkrebs

Der Verzehr von Obst und Gemüse senkt das Risiko für Brustkrebs. Das belegt eine große Anzahl von Fall-Kontroll-Studien. Eine Schutzfunktion einzelner Vitamine, sekundärerer Pfanzenstoffe und Mineralstoffe lässt sich aber nur für wenige dieser Substanzen nachweisen. Beta-Carotin, Lutein und Zeaxanthin scheinen besonders wirksam zu sein. In der Nurses-Health-Study zeigt sich eine solche Beziehung allerdings nur bei Frauen vor der Menopause und war bei erblicher Vorbelastung am ausgeprägtesten. In den zwei größten Studien, die auf Blutuntersuchungen basieren, weisen Frauen mit niedrigen Spiegeln an Beta-Carotin und anderen Carotinoiden ein fast doppelt so hohes Brustkrebsrisiko auf wie diejenigen mit hohen Spiegeln.

Weniger Brustkrebs in sonnigen Landesteilen

Folsäure wirkte sich bei Frauen, die regelmäßig Alkohol tranken und stark rauchten,schützend aus. Für andere Vitamine oder Spurenelemente lassen sich keine Zusammenhänge zu Brustkrebs oder Tumorwachstum erkennen. Einen weiteren Einfluss scheint allerdings die Sonneneinstrahlung und damit die Vitamin-D-Produktion zu haben. Spezifische Rezeptoren für Vitamin D fanden sich bei 73 Prozent aller Brustkrebszellen. Werden sie unter Laborbedingungen aktiviert, hemmt das unter anderem die Zellneubildung. Epidemiologische Untersuchungen in den USA und Russland konnten zudem eine geringere Brustkrebsrate und auch bessere Überlebensraten für Frauen aus sonnigen Landesteilen gegenüber Frauen aus weniger sonnigen Regionen nachweisen. Auch wenn die Forscher weitere Einflussfaktoren wie Bildung, erste und letzte Monatsblutung, Körpergewicht, Alkohol und körperliche Aktivität berücksichtigten, blieb dieser Unterschied bestehen.

Nutzen durch Phytoöstrogene?

Phytoöstrogene kommen in unterschiedlicher Form in verschiedenen Lebensmitteln vor. Isoflavone stecken vorwiegend in Sojaprodukten, Lignane in Leinsamen, Vollkornprodukten und verschiedenen Obst- und Gemüsesorten. Der Körper wandelt die pflanzlichen Hormone entweder in das Antiöstrogen 2-Hydroxyöstron um oder in das östrogenwirksame und damit potenziell schädliche 16-a-Hydroxyöstron.

Interessanterweise zeigen Untersuchungen bei Japanerinnen und Frauen, die vermehrt Brokkoli oder anderes Gemüse zu sich nehmen, häufiger erhöhte Antiöstrogenwerte. Bei Brustkrebspatientinnen kommt dagegen der ungünstige Östrogenabkömmling vermehrt vor. Phytoöstrogene aus Sojaprodukten werden als eine Ursache diskutiert, dass in asiatischen Ländern mit hohem Sojaverzehr die Brustkrebsrate so niedrig ist. Eine kürzlich in Japan durchgeführte Studie bestätigt, dass Frauen mit der höchsten Isoflavon-Aufnahme ein geringeres Risiko für Brustkrebs haben. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch bei hohem bzw. geringem Verzehr von Miso-Suppe, die aus fermentierter Soja-Paste bereitet wird. Leinsamen sind ebenfalls eine wertvolle und scheinbar noch wirksamere Quelle für Phytoöstrogene.Klinische Studien zeigten aber auch, dass Isoflavone einen unerwünschten Effekt auf das Brustdrüsengewebe von prä- und postmenopausale Frauen ausüben können. Es ist daher nicht auszuschließen, dass hohe Dosen an Phytoöstrogenen bei Frauen mit genetischer Veranlagung, bei präkanzerogenen Veränderungen in der Brust oder bei Brustkrebs ungünstig wirken. Frauen, die mehr Soja verzehren, haben zudem ein dichteres Brustgewebe, was wiederum als Risikofaktor für Brustkrebs gilt.

Vorsicht bei Alkohol

Eine deutliche Beziehung besteht zwischen Alkoholkonsum und Brustkrebsrisiko. Bei einer Aufnahme von 27 Gramm am Tag (das entspricht etwa 0,7 l Bier oder 0,3 l Wein) ist das Risiko gegenüber abstinent lebenden Frauen bereits um 40 Prozent erhöht, so das Ergebnis der größten Fall-Kontroll-Studie. Dies gilt allerdings nur für Frauen vor der Menopause. Je höher der Alkoholkonsum, desto höher das Brustkrebsrisiko, lautet das Fazit einer Meta-Analyse von sechs Studien. Andere Studien ließen dagegen eine signifikante Risikosteigerung erst bei mehr als 50 Gramm Alkohol pro Tag erkennen.

Trotz der vielen unterschiedlichen Ergebnisse kristallisieren sich momentan doch zumindest drei ernährungsbedingte Risikofaktoren heraus: eine hohe Energiezufuhr im Kindesalter, eine starke Gewichtszunahme im Erwachsenenalter (laut Untersuchungen ab dem 18. Lebensjahr) und übermäßiger Alkoholkonsum. Doch nicht alle, auf die bestimmte Risikofaktoren zutreffen, erkranken zwangsläufig. Brustkrebs entwickelt sich aus dem komplexen Zusammenspiel vieler Faktoren. Um vorzubeugen ist normales Körpergewicht und regelmäßige sportliche Bewegung das A und O. Frauen, die mindestens dreimal pro Woche 30 Minuten Sport treiben, senken ihr Risiko um 20-30 Prozent. Wer sich zudem von klein auf abwechslungsreich mit viel Obst und Gemüse ernährt, Vollkornprodukte und pflanzliche Fette bevorzugt sowie wenig Alkohol trinkt, tut viel dafür, sein Krebsrisiko so gering wie möglich zu halten.

Früherkennung nutzen

Die Mammographie, eine spezielle Röntgenuntersuchung der Brust, ist das sicherste Verfahren, Brustkrebs und seine Vorstufen aufzuspüren, besonders, wenn diese mit Verkalkungen einhergehen. Diese sind im Ultraschall nicht sichtbar. Wichtig bei der Mammographie ist eine exakte Einstelltechnik. Wenden Sie sich daher am besten an ein zertifiziertes Brustzentrum. Ein nennenswertes Brustkrebsrisiko besteht weder durch die Strahlung noch durch die Kompression der Brust bei der Mammographie. Die Strahlenbelastung lässt sich reduzieren, wenn die Brust nur in einer statt in zwei Ebenen geröntgt und dafür zusätzlich Ultraschall eingesetzt wird. Ultraschall sollte ohnehin bei jeder Brustuntersuchung genutzt werden. Vor allem in dichtem Drüsengewebe kann damit ein kleiner Knoten unter Umständen früher entdeckt werden als durch Mammographie alleine. Außerdem zeigen sich nicht verkalkende Tumore eher im Ultraschall. Die Beschaffenheit der Brust hängt stark vom Menstruationszyklus ab. Die sichersten Ergebnisse liefert eine Untersuchung zwischen dem 7. und 12. Zyklustag (1. Zyklustag = 1. Tag der Monatsblutung). Außerdem ist in dieser Zeit die Brust weniger empfindlich. Lernen Sie zudem, Ihre Brüste selbst zu untersuchen. Eine Anleitung finden Sie unter www.brustkrebs.de
(Diagnostik/Früherkennung -> Tastuntersuchung -> Anleitung).


Quelle: Barth, A.: UGB-Forum 5/2004, S. 245-248