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Fruchtzucker: Schlechter als sein Ruf

Fruchtzucker klingt nach Frucht, Gesundheit und Natürlichkeit. Doch die Realität sieht anders aus. Vielen verarbeiteten Produkten ist Fruktose zugesetzt. Größere Mengen aber machen dick und haben negative Folgen für die Gesundheit.

Fruchtzucker

Das menschliche Verdauungssystem hat sich über Jahrtausende auf die natürliche, vorwiegend aus frischem Obst stammende Fruchtzuckermenge in der Nahrung eingestellt. Forscher schätzen, dass es sich um eine Menge von 16 bis 20 Gramm Fruktose pro Tag gehandelt hat. So sprengen sehr große Fruchtzuckermengen von über 35 Gramm pro Stunde auch bei vielen Gesunden die Aufnahmekapazität des Darms. Doch in den vergangenen Jahrzehnten ist die Fruktoseaufnahme kontinuierlich gestiegen. Gründe sind vor allem der Konsum von gesüßten Getränken, konzentrierten Obstprodukten wie Smoothies, Fruchtsäften und industriell verarbeiteten Lebensmitteln, denen Fruktose und Haushaltszucker zugesetzt werden. Auch der zunehmende Obst- und Gemüseverzehr trägt zu einer höheren Fruktoseaufnahme bei. Das ist durchaus erwünscht, denn damit verbessert sich gleichzeitig die Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen.

Fruktose versteckt in Produkten

Fruktose ist in freier Form – also als Einfachzucker – vor allem in Obst, Obstsäften und Honig enthalten (siehe Tabelle 1). Immer häufiger wird Fruktose jedoch auch als billiger Rohstoff in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Besonders große Mengen ermittelte die Verbraucherzentrale Hamburg 2010 in Süßigkeiten, Getränken, Kinderlebensmitteln, Milchshakes und Speiseeis. Auf die Zutatenliste der Produkte schreiben die Hersteller dann Begriffe wie Glukose-Fruktosesirup, Maissirup, Fruchtsüße oder Fruktose. Das klingt für Verbraucher gesünder als Haushaltszucker (Saccharose). Der ist im Übrigen eine weitere Quelle für Fruktose, da Saccharose zur Hälfte aus Fruktose besteht.

LebensmittelFruktosegehalt*
Weintrauben7,1 g
Birne6,7 g
Apfel5,7 g
Pfirsich4,0 g
Orangensaft2,5 g
Apfelsaft6,4 g
Honig38,8 g
Tab. 1: Fruktosegehalte in natürlichen
Lebensmitteln* pro 100 g/100 ml

Fruchtzucker fördert Übergewicht

Fruchtzucker ist leider nicht für alle Menschen gut verträglich. Knapp 20 Prozent der Bevölkerung leidet bereits nach dem Verzehr kleinerer Mengen unter Bauchkrämpfen oder Blähungen. Als Auslöser hierfür gilt vor allem die freie Fruktose (der Einfachzucker), nicht so sehr die im Haushaltszucker enthaltene Fruktose. Das Fatale daran: Die Patienten wissen häufig jahrelang nicht, worauf diese Beschwerden zurückzuführen sind. Und auch Ärzte taten sich in der Vergangenheit mit einer korrekten Diagnosestellung oft schwer.

Dieser Beitrag ist im UGB-FORUM mit dem Schwerpunktthema
Vegan - mehr als ein Trend?
erschienen.

Aber selbst für Personen, die Fruktose gut vertragen, kann zu viel Fruktose in der Nahrung Probleme verursachen. Neuere Studien weisen darauf hin, dass eine hohe Gesamtfruktoseaufnahme – also die Summe aus isolierter Fruktose und der im Haushaltszucker enthaltenen Fruktose – die Gewichtszunahme fördert und den Stoffwechsel durcheinander bringt. Als mögliche Wirkungen gelten eine Erhöhung der Blutfettwerte, des Blutdrucks, des Gichtrisikos und der Insulinresistenz sowie die Entstehung einer nicht-alkoholischen Fettleber. Früher wurde Fruktose von Diabetikern häufig als Zuckerersatz verwendet. Dies wird heute aus gutem Grund nicht mehr empfohlen, denn Fruchtzucker ist ebenso kalorienreich wie andere Zuckerarten, regt zusätzlich den Appetit an und fördert so die Entwicklung von Übergewicht – sogar schon bei Kindern.

Kinder mit hoher Aufnahme

Studien aus den USA zeigen, dass die durchschnittliche Fruktoseaufnahme eines US-Bürgers 54,7 Gramm pro Tag beträgt, Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren liegen mit einer durchschnittlichen Zufuhr von 72,8 Gramm am Tag deutlich darüber. Daten aus der Nationalen Verzehrsstudie II legen nahe, dass auch in Deutschland Jugendliche besonders hohe Fruktosemengen aufnehmen, weil sie mehr gesüßte Getränke und Süßigkeiten konsumieren als Erwachsene.

Leider gibt es für Deutschland bislang keine repräsentativen Daten zur tatsächlichen Fruktoseaufnahme. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat deshalb fiktive Tagespläne erstellt, denen realistische Verzehrsgewohnheiten zu Grunde liegen. Danach nimmt zum Beispiel ein Schleckermaul, das morgens Schokomüsli isst und gern Cola und Limonade trinkt, bis zu 115 Gramm Gesamtfruktose pro Tag auf. Das ist fast viermal so viel wie Personen, die sich ausgewogen mit unverarbeiteten Nahrungsmitteln ernähren und etwa 30 Gramm aufnehmen.

LebensmittelgruppeFruktosegehalt
Wellness-, Fruchtsaftgetränke
und Limonaden
sehr hoher Fruktosegehalt
über 20 g/Portion
Smoothieshoher Fruktosegehalt
10-20 g/Portion
Fruchtgummis, Milchprodukte
und Müslis
mittlerer Fruktosegehalt
5-10 g/Portion
Tab. 2: Fertigproduktgruppen mit mittleren, hohen und sehr
hohen Gehalten an Gesamtfruktose.

Wellness- und Schlankheitsfans, die zu vermeintlich gesunden Fitnessriegeln, ACE-Säften, Wellness- und Abnehmdrinks greifen, kommen leicht auf über 60 Gramm. Erschreckend: Auch Grundschüler erreichen fast 60 Gramm, wenn sie morgens Cornflakes essen, in der Schule einen Kakao trinken und Nachmittags Kindersüßigkeiten und Kindergetränke verzehren wie Milchshakes oder Kindersmoothies.

Schwindel auf dem Etikett

Leider gibt es für Lebensmittel keine generelle Kennzeichnungspflicht, die die Angabe von Zucker- oder Fruktosegehalten vorschreibt. Trotzdem lohnt ein Blick auf die Zutatenliste. Ein hoher Gehalt an Fruchtzucker ist an Begriffen wie Maissirup, Glukose-Fruktose-Sirup, Zucker, Invertzuckersirup, Fruchtsüße, Fruchtextrakte und Saftkonzentrat abzulesen. Stark gezuckerte Getränke, Milchprodukte, Frühstücksflocken und Kinderlebensmittel bleiben besser im Regal stehen. Frisches Obst ist den vermeintlich gesunden Smoothies vorzuziehen. Denn Äpfel, Birnen und Co. liefern auch Ballaststoffe, die den Smoothies fehlen. Auf fruktosereiche Diätprodukte sollte niemand hereinfallen. Die machen eher dick, als dass sie zum Abnehmen beitragen.

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