Abmelden

Der Zugang zu den Fachinformationen exklusiv für Mitglieder und Abonnenten ist jetzt für Sie freigeschaltet.

Darmpilze: Diagnose ist noch keine Krankheit

Die Diskussion um Darmpilze ist in den letzten Jahren etwas verstummt. Die meisten Mediziner sind der Meinung, jeder Mensch trage Hefepilze wie Candida albicans im Darm, und nur Schwerkranke würden daran erkranken. Dagegen befürchten andere Therapeuten schon bei bloßem Nachweis dieser Keime lebensgefährliche Krankheiten.

Es gibt Symptome und Krankheitsbilder, die auch nach jahrelangem Expertenstreit in ihrer Bedeutung nicht klar entschieden scheinen. Hierzu zählt auch das Problem „Candida“. Vor allem aus dem Bereich der Naturheilkunde vertreten einige Therapeuten die Auffassung, der Nachweis eines Hefepilzes im Darm stelle womöglich eine lebensbedrohliche Gefahr dar: Die Keime könnten die Schleimhaut durchdringen, in innere Organe gelangen und der Patient gehe gleichsam an einer generalisierten Pilzinfektion zugrunde. Mediziner tun diese Auffassung als nichtig ab. Sie behaupten, der Nachweis von Hefepilzen sei etwas völlig Normales, da sie Bestandteil der gesunden Darmflora seien. Die Therapie aufgrund eines solchen Befundes sei überflüssig, unnötige Panikmache und vor allem Beutelschneiderei zum Nutzen des Therapeuten.

Hefepilze oft ohne Beschwerden

Dass beide Positionen über das Ziel hinausschießen, zeigen zwei Beispiele: Thorsten Z., 35 Jahre, fühlt sich kerngesund, möchte dennoch einen umfangreichen Vorbeugungs-Check-up mit Stuhluntersuchung durchführen lassen. Dabei findet sich eine mäßig erhöhte Anzahl von Hefepilzen, sonst ein weitgehender Normalbefund, auch keine Beschwerden. Eine Therapie ist nicht erforderlich. Kristin G., 28 Jahre, leidet seit längerem unter Infektanfälligkeit mit Nasennebenhöhlenentzündung und Müdigkeit. Die Einnahme verschiedener immunstärkender Präparate und Vitamine erbrachte keine Änderung. Im Stuhl finden sich vermehrt Hefepilze und ein ziemliches Durcheinander der Darmflora, unter anderem mit Verminderung der Milchsäure- und Bifidobakterien. Eine Antipilzbehandlung und gründliche Darmsanierung wird begonnen und führt zu einer wesentlichen Besserung ihres Allgemeinbefindens.

Im Stuhl lassen sich häufig auch ohne besondere Beschwerden erhöhte Hefepilzzahlen nachweisen. Es ist kaum vorstellbar, dass jeder mit diesem Befund gefährlich erkrankt sein soll, wie es einige Therapeuten vor allem in den 90er Jahren mit Vehemenz behaupteten. Möglich sind schwere Pilz-Allgemeininfektionen mit Befall innerer Organe, zum Teil sogar mit tödlichem Ausgang, bei Patienten mit Immundefekten, zum Beispiel bei Chemotherapie oder Aids. Für andere besteht jedoch kein lebensbedrohliches Risiko. Sehr wohl aber können eine ganze Reihe von Beschwerden durch Hefepilze ausgelöst oder zumindest begünstigt werden. Die Zusammenhänge sind allerdings bis heute oft nicht zu beweisen.

Candida hat tausend Gesichter

Neben Juckreiz, Süßhunger und wechselndem Stuhl treten bei Pilzbefall oft juckende Rötungen im Afterbereich auf. Typisch sind auch Blähungen bis hin zu Gasbildung in Magen und Darm, die zu Herzbeklemmungen und Rhythmusstörungen führen können (Roemheldsyndrom). Auf einen Pilzbefall deuten ferner eine chronische Infektanfälligkeit, besonders chronische Nasennebenhöhlenentzündungen, sowie Erschöpfungszustände und Müdigkeit hin. Viele Betroffene vertragen keinen Alkohol. Sehr wahrscheinlich werden allergische Symptome wie Heuschnupfen, allergisches Asthma und Haut­erkrankungen wie Neurodermitis ebenfalls begünstigt. Dies geschieht vermutlich durch giftige Stoffwechselprodukte, die von den Pilzen gebildet, über die Darmwand aufgenommen werden und so ins Gewebe gelangen.

Der bloße Nachweis von Candida sagt wenig aus, da es etwa 155 Arten davon gibt. Darunter sind auch gesunde Hefen wie die Backhefe, der Kefirpilz oder die Bierhefe, die auch natürlicherweise in der Darmflora vorkommen. Als typische Krankmacher gelten hingegen Candida albicans, der für zwei Drittel der Darmpilzerkrankungen verantwortlich ist, und Candida glabrata, eine Pilzart, die häufig im Scheidenbereich anzutreffen ist. Wichtig ist also eine Differenzierung im Labor.

Ursachen für Darmpilze

Hefepilze werden durch Milieustörungen im Magen-Darm-Trakt begünstigt. Antibiotika stehen dabei an vorderer Stelle. Auch Kortisonpräparate begünstigen Pilze, indem sie die Entwicklung gesunder Darmbakterien hemmen. Dies gilt auch für inha-lative Kortikoide im Rahmen der Asthmabehand-lung sowie für Magensäureblocker. Dauerhaft zu viel Zucker und Süßigkeiten spielt auf Seiten der Ernährung eine wichtige Rolle.

Labortests liefern oft nur Zufallsbefunde

Üblicherweise wird im Rahmen der mikrobiologischen Stuhluntersuchung im Labor nach Hefepilzen gefahndet. Ein negativer Befund schließt aber einen Hefepilzbefall nicht aus, da die Pilze sich sehr ungleichmäßig über den Stuhl verteilen. Lediglich das Positivergebnis liefert den Beweis. Die Nachweiswahrscheinlichkeit kann erhöht werden, wenn vor der Stuhlprobe über einige Tage Apfelessig getrunken wird (dreimal täglich ein Schnapsglas, 1:1 mit Wasser verdünnt). Dadurch haften die Hefepilze weniger stark an der Darmwand. Weitere Untersuchungsmöglichkeiten sind Abstriche, etwa aus dem Mund oder der Scheide. Antikörperbestimmungen im Blut können beim Nachweis chronischer Pilzinfektionen hilfreich sein. Bei einer akuten, eher leichten Candidainfektion finden sich erhöhte Antikörper vom Typ IgA und IgM sowie ein normaler IgG-Spiegel. Der Nachweis von erhöhten IgG-Antikörpern deutet auf eine chronische Entzündung hin. Einen schwerwiegenden Befund lässt der permanente Nachweis aller drei Antikörper-Typen vermuten.

Eventuelle therapeutische Konzepte richten sich allerdings nicht primär nach Laborwerten. Entscheidend ist stets das Befinden und die Krankengeschichte des Patienten. Je schlechter das Befinden, desto komplexer sollte die Therapie sein. Je besser sich der Patient fühlt, um so zurückhaltender wird therapiert. Neben der gezielten Keimbekämpfung lassen sich Darmmilieu und Immunsystem durch Ernährungsmaßnahmen entscheidend verbessern. Eine Antipilzdiät sollte aber ebenso wie die Behandlung mit Antipilzmitteln nicht auf eigene Faust erfolgen. In jedem Fall ist ein erfahrener Therapeut wie ein Ernährungsberater, Arzt und/oder Heilpraktiker hinzuzuziehen.

Pilzdiät: Zucker ist tabu

Im Mittelpunkt der Ernährungstherapie steht die weitgehende Einschränkung von Mono-, Di- und Oligosacchariden. Das bedeutet ganz konkret: Neben Haushaltszucker (Saccharose) sind auch Traubenzucker, Fruktose, Malzzucker, Glucosesirup, Maltodextrin und Invertzucker, wie sie beispielsweise im Honig vorkommen, zu meiden. Dass dies in der Realität meist nicht 100-prozentig gelingt, muss dabei hingenommen werden.
Besonders bei Fertignahrungsmitteln gilt es, auf die Zutatenliste zu achten. Der Zusatz „zuckerfrei“ bedeutet lediglich, dass keine Saccharose zugesetzt ist. Andere Zuckerarten können gleichwohl enthalten sein. Laktose scheint – sofern keine Laktoseintoleranz vorliegt – bei Candidabefall eine eher günstige Wirkung zu haben. Candidahefen können Laktose nicht verstoffwechseln. Der Milchzucker stellt aber einen wichtigen Nahrungsbaustein für die gesunde Darmflora dar.
Diätetisch lässt sich Alkohol ebenfalls der Gruppe der Kohlenhy­drate zuordnen. Er sollte deshalb bei Pilzinfektionen ebenso wie Zucker gemieden werden. Ungünstig wirken sich insbesondere hefehaltige Getränke wie Weizenbier aus. Brot sollte hefearm sein, am besten aus Natursauerteig oder mit Backferment.

Ballaststoffe unterstützen die Darmflora

Unproblematisch bei Pilzinfektionen sind Eiweiße und Fette. Sie sollten allerdings nicht die Menge übersteigen, die im Rahmen einer gesunden Ernährung empfohlen wird. Ballaststoffreiche Nahrungsmittel unterstützen die Entwicklung einer gesunden Darmflora. Sie sorgen für eine bessere Vordehnung der Darmwand, so dass eingesetzte Antimykotika die Oberfläche der Darmschleimhaut besser erreichen und damit effektiver wirken können. Günstig wirken sich auch milchsäurehaltige Nahrungsmittel aus, wie Joghurt, Dickmilch und Kefir oder milchsauer eingelegte Gemüse. Sie unterstützen die Enzymfunktionen des Verdauungstraktes durch Schaffung eines günstigen pH-Milieus und aktivieren das darmassoziierte Immunsystem. Zudem besitzen Kresse, Zwiebeln und Knoblauch in größeren Mengen nachweislich eine Antipilzwirkung. Im Rahmen einer Ernährungsanamnese ist ferner nach möglichen Defiziten bezüglich Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen zu suchen. Hinweise sollten durch entsprechende Laboruntersuchungen bestätigt werden. Die Diät sollte mindestens vier bis sechs Wochen eingehalten werden.

Auch wenn der medizinische „Mainstream“ von Antipilz-Diäten mit dem Argument abrät, sie seien kaum durchhaltbar und könnten zu Mangelerscheinungen führen, so zeigt die Praxis: Zumindest für einige Wochen lässt sich von den meisten Patienten eine entsprechende Ernährungsmodifikation sehr wohl durchführen und das ist oft schon das Entscheidende, wenn parallel eine Antipilz-Therapie durchgeführt wird. Es ist nicht erkennbar, welcher gesundheitliche Nachteil bei Einschränkung isolierter Kohlenhy­drate entstehen soll. Im Gegenteil: Als willkommenen Nebeneffekt weist die Antipilz-Diät häufig noch eine spürbare Gewichtsreduktion auf.

Therapeutische Maßnahmen

Hefepilze vom Typ Candida albicans kann man durch gesunde Hefen vom Typ Saccharomyces boulardii verdrängen. Auch Myrrhe hemmt das Pilzwachstum. Entsprechende Präparate bieten sich bei leichterem Pilzbefall an oder wenn gleichzeitig eine Tendenz zum dünnbreiigen Stuhl oder gar Durchfall besteht. Bei erheblichem Krankheitsgefühl, zum Beispiel mit ausgeprägter Müdigkeit und häufigen Infekten – insbesondere wenn die Nasennebenhöhlen beteiligt sind – sollte man eher mit dem Wirkstoff Nystatin behandeln, ein direktes Antipilzmittel. Entgegen einer verbreiteten Meinung handelt es sich nicht um gefährliche „Chemie“, sondern um einen biologischen Stoff, der erstmals 1950 aus einem Bodenbakterium gewonnen wurde. Er tötet zuverlässig Hefepilze ab und wirkt nur lokal. Gelegentlich kommt es unter der Einnahme von Nystatin zu Hautreaktionen, vermutlich durch freiwerdende Pilztoxine; Mediziner sprechen von der Herxheimer-Reaktion.

Neuinfektion vermeiden

Neben häufigem Wechseln und Auskochen von Handtüchern ist der richtige Gebrauch von Zahnbürsten wichtig, um eine erneute Infektion mit Hefepilzen zu verhindern. Herkömmliche Munddesinfektionsmittel reichen hierzu ebenso wenig aus wie das Eintauchen der Zahnbürste in Nystatin-Suspension oder 90-prozentigem Alkohol. Bei letzterem löst sich die Zahnbürste gleich mit auf. Handelsübliche Desinfektionsmittel für Zahnspangen, Mundduschen oder Prothesen sind hier vorzuziehen. Außerdem: Benutzen Sie parallel mehrere Zahnbürsten und lassen Sie die gebrauchten Zahnbürsten jeweils konsequent austrocknen. Trockenheit ist der größte Feind von Hefepilzen. Allgemein sollten Zahnbürsten nach jeder Infektion und ansonsten alle drei Wochen ausgetauscht werden, um Neuinfektionen zu verhindern.

Aufbau der Darmflora verhindert Rückfälle

Im Anschluss an die Therapie sollte am Darmmilieu gearbeitet werden, um eine Wiederbesiedelung mit Hefepilzen zu verhindern. Ziel ist eine gesunde Mischung von Darmbakterien. Diese können zum Darmaufbau individuell zugeführt werden. Meist werden Präparate mit Colibakterien, Milchsäurebakterien und Bifidokeimen eingesetzt. Milchsauer vergorene Lebensmittel wie Sauerkraut, Brottrunk, Joghurt oder Sauermilch liefern zusätzlich gesunde Bakterien.

Der Nachweis von Hefepilzen ist in der Regel kein Grund für Panikreaktionen. Auch bringt es nichts, sich durch ständige und wiederholte Laborkontrollen zu sehr auf das Krankheitsbild zu fixieren. Fast möchte man eine gewisse Gelassenheit im Umgang mit der Diagnose empfehlen, trotz unter Umständen bestehender Beschwerden. Ein Befall mit Hefepilzen kann, muss aber nicht für zahlreiche Beschwerden verantwortlich sein. Der Nachweis bei einem sich topfit fühlenden Menschen erfordert keine Therapie. Passen jedoch Laborbefund und klinisches Befinden zusammen, sind Gegenmaßnahmen angezeigt.

Günstige NahrungsmittelUngünstige Nahrungsmittel
Vollkornprodukte: Brot, Reis, Nudeln; Gemüse jeglicher ArtAuszugsmehlprodukte: Weißbrot, helle Nudeln, geschälter Reis
Salate und Nahrungsmittel mit „Antipilzwirkung“ wie Zwiebel, Knoblauch, Kresse Produkte mit Hefe: Bier, hefehaltige Brotaufstriche, Brot und Gebäcke aus Hefeteig
reine Milchprodukte (ohne Frucht-/Zuckerzusatz, gesäuerte Milchprodukte wie Joghurt, Kefir, Butter- und Dickmilch gesüßte Milchprodukte wie Frucht­joghurt und Fruchtquark; Süßigkeiten aller Art
Fleisch und Fisch ohne Mehl­panadesüßes Obst wie Bananen, reife Äpfel und Birnen oder Weintrauben
Nüsse und SamenTrockenfrüchte aller Art
Mineralwasser, Kräutertee, in Maßen Kaffee Softdrinks, Limonaden, Fruchtsäfte, Bier, Wein, Liköre

Quelle: Matejka, R.: UGB-FORUM 1/08 S. 38-41

Der Artikel beruht in großen Teilen auf dem Beitrag:
MATEJKA, R.: Darmpilze - die Diagnose ist noch keine Krankheit. Der Naturarzt - Ihr Gesundheitsratgeber 6, S. 8-10, 2006