Einkaufen für eine bessere Welt

Verschmutzte Flüsse,Schadstoffe in Lebensmitteln, Kinderarbeit und ausgebeutete Plantagenarbeiter - meist fühlen wir uns diesen Problemen machtlos ausgeliefert. Doch mit einer gezielten Lebensmittelauswahl kann jeder etwas für eine lebenswerte Zukunft tun.

Einkaufen

Pestizide in Obst, Arzneimittel in Fleisch und hohe Nitratgehalte im Trinkwasser müßten nicht sein, wenn wir sorgsamer mit unserer Umwelt umgehen würden. Schon bei der Erzeugung der Lebensmittel sollte darauf geachtet werden, unsere Umwelt so wenig wie möglich mit Schadstoffen zu belasten. Der ökologische Landbau macht vor, wie es geht. Bio-Bauern verzichten nicht nur auf Pflanzenschutzmittel, sondern bemühen sich auch, ihre Tiere so zu halten, daß Medikamente überflüssig werden. Sie bauen die Ställe mit ökologischen Materialien und setzen möglichst energiesparende Techniken ein. Dieses Engagement sorgt nicht nur für hochwertige Lebensmittel, sondern bedeutet gleichzeitig Umweltschutz.

Umfragen zufolge achten rund 60 Prozent der Bundesbürger beim Einkauf auf umweltfreundliche Waren. Etwa die Hälfte ist auch bereit, dafür mehr Geld auszugeben. Dennoch haben Öko-Lebensmittel in Deutschland nur einen Marktanteil von rund 1,5 Prozent. Der hohe Preis, die vielen unterschiedlichen Kennzeichnungen und die immer noch geringe Verbreitung sind sicherlich Gründe dafür. In anderen europäischen Ländern wie Dänemark oder Österreich werden deutlich mehr Bio-Produkte nachgefragt. Die geringen Absatzzahlen in Deutschland spiegeln sich in der landwirtschaftlich genutzten Fläche wider - nur etwa 2,5 Prozent werden ökologisch bewirtschaftet. Dies ist viel zuwenig angesichts der Umweltschäden, die durch die konventionelle Landwirtschaft verursacht werden.

Umweltschutz mit dem Einkaufskorb

Wer etwas für bessere Luft, saubereres Wasser und geringer belastete Lebensmittel tun möchte, sollte- soweit es der Geldbeutel zuläßt - Produkte aus ökologischem Landbau kaufen. Die Bio-Verordnung der Europäischen Union schreibt vor, daß nur solche Lebensmittel mit "bio" oder "öko" werben dürfen, die auch tatsächlich aus ökologischer Erzeugung stammen. Die Landwirte sowie die Hersteller werden von unabhängigen Stellen regelmäßig kontrolliert, und die Verbände des ökologischen Landbaus haben ein zusätzliches Auge auf ihren Mitgliedsbetrieben. Es ist daher davon auszugehen, daß die Anzahl der schwarzen Schafe unter den Bio-Anbietern eher geringer ist als im konventionellen Handel.

Noch ist es in Deutschland nicht überall möglich, Lebensmittel aus ökologischem Landbau zu erhalten. Gerade in ländlichen Gegenden ist das Angebot an Naturkostläden oder Supermärkten mit Bio-Ecken knapp. Für solche Fälle gibt es ökologisch erzeugte Lebensmittel auch schon per Katalog. Interessierte Personen können sich auch zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammenschließen, die direkt beim Großhändler bestellt.

Nicht nur die Landwirtschaft beeinflußt unsere Umwelt, auch Transport, Verarbeitung und Verpackung der Lebensmittel tragen zu Luftverschmutzung und Müllproblemen bei. Die geringste Belastung verursachen Produkte aus der näheren Umgebung. Dabei gilt: Der eigene Landkreis ist besser als weiter entfernte Bezirke, das eigene Bundesland besser als Nachbarländer, und Frankreich und Italien sind günstiger als Argentinien und Südafrika. Am wenigsten Transport fällt an, wenn Sie direkt auf dem Bauernhof in der Nachbarschaft oder bei regionalen Anbietern auf dem Wochenmarkt einkaufen. Dann können Sie auch gleich Verpackungsmüll vermeiden, indem Sie die Ware lose in die Tasche oder mitgebrachte Behälter stecken.

Fairneß für die Dritte Welt

Lebensmittel aus fernen Ländern nach Deutschland zu transportieren, ist aus ökologischer Sicht unrentabel. Häufig schluckt der Transport ebensoviel Energie wie der Anbau der Produkte. Doch ganz ohne Handel geht es in der weltweit verflochtenen Wirtschaft nicht. Wenn wir Know-how und Industriegüter in alle Welt verkaufen wollen, müssen die landwirtschaftlich orientierten Länder des Südens auch die Chance haben, ihre Produkte bei uns abzusetzen. Es müssen ja nicht gleich Lebensmittel sein, die es auch hierzulande gibt, wie grüne Bohnen oder Äpfel. Kaffee,Tee,Kakao oder Gewürze, die in unseren Breiten nicht wachsen, sind jedoch sinnvolle Importprodukte. Damit daran nicht nur der Zwischenhandel und europäische Verarbeiter verdienen, sollten wir beim Kauf von Lebensmitteln aus der Dritten Welt nicht wahllos in die Regale greifen. Denn auch lange nachdem das Wort "Kolonialwaren" aus der Mode gekommen ist, liegt beim Handel mit Kaffee,Tee und Konsorten noch einiges im argen. Niedrige Löhne, schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen der Plantagenarbeiter sind in der Regel der Preis für das günstige Pfund Kaffee in deutschen Supermärkten. Daß es auch anders geht, beweisen weltweit über 200 Organisationen, die sich um einen fairen Handel mit der Dritten Welt bemühen.

Gerechte Entlohnung

Im Mittelpunkt steht das Prinzip "Fairer Lohn statt milder Gaben". Die inzwischen klassische Form des fairen Handels ist die direkte Zusammenarbeit mit den Kleinbauern, wie es die Dritte-Welt-Initiative Gepa praktiziert. Die Abnahme der Produkte ist mit Auflagen verbunden, zu denen menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Einhaltung arbeitsrechtlicher Mindeststandards zählen. Der zweite Ansatz ist die sogenannte "Zertifizierung" wie sie TransFair vornimmt. Die Organisation betreibt nicht selbst Handel, sondern vergibt ihr Siegel an Importeure, weiterverarbeitende Betriebe und Handelsfirmen, die vorgegebene Richtlinien einhalten. Die Bauern erhalten für ihre Erzeugnisse einen festen Preis, der 10-50 % über dem Weltmarktpreis liegt. Die Mehreinnahmen kommen den Genossenschaften zugute und fließen beispielsweise in das Gesundheits- und Bildungswesen.

Die Palette fair gehandelter Produkte ist mittlerweile auf stolze 3000 Artikel angewachsen und reicht von Kaffee über Tee, Kakao und Schokolade bis zu Bananen und Kunsthandwerk. Erkennen kann man fair gehandelte Produkte an ihren Labeln. Organisationen und Hersteller wie Gepa, Venceremos, Rapunzel, Oasis, Lebensbaum oder Demeter geben jeweils eigene Signets heraus. Am bekanntesten ist der Newcomer der Szene, das TransFair-Siegel, das auch im Supermarkt zu finden ist: Laut einer EMNID-Umfrage kennen es 32 Prozent der deutschen Verbraucher.

Noch ist der Absatzgering

Produkte aus fairem Handel bieten die Möglichkeit, durch die eigene Kaufentscheidung zur Verbesserung der Lebensbedingungen in der Dritten Welt beizutragen. In Anbetracht der 300 Milliarden DM, die die Bundesbürger jährlich für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren ausgeben, besteht hier ein großes finanzielles Potential. Doch der Marktanteil fair gehandelter Waren ist immer noch verschwindend klein. Der Gesamtumsatz betrug 1994 in Deutschland etwa 160 Millionen DM, das sind umgerechnet ca. zwei Mark pro Bundesbürger. Der vergleichsweise gut eingeführte TransFair-Kaffee konnte bisher einen Marktanteil von 4 % erobern, Schwarztee liegt bei etwa 2 %, andere Produkte meist weit darunter. Diese Zahlen muten zwar bescheiden an. 4 % Marktanteil für Kaffee in Deutschland bedeutet jedoch einen Mehrerlös von ca. 80 Millionen DM für die Kleinbauern in den Erzeugerländern.

Fair gleich ökologisch?

Fair heißt nicht unbedingt, daß der ökologische Landbau gefördert wird. Die Gepa berücksichtigt seit 1977 Kriterien zur Umweltverträglichkeit, etwa die Hälfte ihrer Produkte stammt aus ökologischem Landbau. TransFair führt Minimalkriterien zum Anbau erst dieses Jahr ein, bislang wird die Hälfte des Tees und ein Viertel des Kaffees biologisch angebaut. Die Zukunft wird zeigen, ob sozialer und ökologischer Anspruch besser in Einklang gebracht werden können. Wenn durch faire Preise erst einmal das Einkommen gesichert ist, werden vermutlich mehr Kleinbauern zu ökologischem Anbau übergehen.

Der Blick auf den eigenen Teller

Um soziale Mißstände im Lebensmittelbereich zu entdecken, braucht man gar nicht in die Ferne zu schweifen. Auch bei uns gibt es schwarze Schafe. Einige Unternehmen unterdrücken die Bildung von Betriebsräten, andere setzen ihre Arbeiter unter Druck oder zahlen absolute Tiefstlöhne. Solche Betriebe ausfindig zu machen, ist allerdings schwer. Denn noch gibt es kein Gütezeichen für sozialverträglich hergestellte Produkte. Einige Verbraucherschützer haben sich die Arbeit gemacht und die Unternehmen der Nahrungs- und Genußmittelindustrie unter die Lupe genommen. Ihre Ergebnisse wurden in dem Buch "Der Unternehmenstester" (siehe unten) veröffentlicht. In Anlehnung an den erfolgreichen amerikanischen Einkaufsführer "Shopping for a better world" testeten die Autoren nicht ein einzelnes Produkt, sondern das ganze Unternehmen. 75 Betriebe der Nahrungs- und Genußmittelindustrie wurden befragt und ihr Engagement für Informationsoffenheit, Verbraucherinteressen, Frauenförderung, Behinderte und Umwelt bewertet. Ein Gesamturteil wurde nicht gegeben, der engagierte Konsument muß sich anhand der abgedruckten Informationen ein eigenes Urteil bilden. Obwohl durch Verzeichnisse und Übersichten versucht wird, die Informationsfülle des "Unternehmenstesters" transparent zu machen, bleibt der richtige Durchblick aus. Der Unternehmenstester ist daher eher ein Nachschlagewerk für Menschen, die im Verbraucherschutz aktiv sind. Doch ein erster Schritt in Richtung eines sozial orientierten Verbraucherschutzes in Deutschland ist getan.

LITERATUR:
DAMMANN, R.; STRICKSTROCK, F. (Hrsg.): Der Unternehmenstester. Rowohlt, Reinbek 1995

Quelle: Gaster, C.; Dittrich, K.: UGB-Forum 2/97, S. 72-74

Foto: manwalk / pixelio.de


Dieser Beitrag ist dem UGB-Archiv entnommen.

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