Öltherapie: Alte Heilmethode als neuer Trend

Obwohl das Ölziehen bei uns erst seit wenigen Jahren bekannt ist, hat es bereits viele Anhänger gefunden.Von Allergien bis Zahnschmerzen sollen unzählige Beschwerden mit der Öltherapie gelindert werden können. Doch was ist dran, an der verblüffend einfachen Methode?

Für einige gehört es inzwischen zum täglichen Gesundheitsritual, andere schütteln sich vor Ekel, wenn sie nur davon hören. Durch Schlürfen, Kauen und Saugen pflanzlicher Speiseöle soll vielen Krankheiten der Kampf angesagt werden. Ursprünglich stammt das Ölziehen mit Sonnenblumenöl aus der ukrainischen und weißrussischen Volksmedizin. Bei uns wurde die natürliche Heilmethode aber erst 1991 durch einen Artikel in der Zeitschrift Natur und Medizin bekannt. Der Beitrag basierte auf einem Vortrag des russischen Arztes Dr. F. Karach, den er auf einem Kongreß des Ukrainischen Verbandes der Onkologen und Bakteriologen gehalten hatte.

Öltherapie:: Ölschlürfen vor dem Frühstück

Als vorbeugende Maßnahme empfiehlt der russische Arzt das Ölschlürfen morgens vor dem Frühstück auf nüchternen Magen. Ein bis zwei Teelöffel kaltgepreßtes Sonnenblumenöl werden durch gründliches Kauen, Saugen, Spülen und durch die Zähne ziehen ständig in Bewegung gehalten. Nach und nach verändert sich dabei die Konsistenz des Öls. Das anfangs dickflüssige, gelbliche Öl wird während des Spülens dünnflüssiger und fast weiß wie Milch. Nach etwa 15-20 Minuten wird das Öl ausgespuckt, das nun mit Krankheitserregern und Giftstoffen belastet sein soll. Anschließend wird die Mundhöhle mehrmals mit Wasser gründlich nachgespült und die Zähne geputzt. Bei akuten oder chronischen Erkrankungen kann die Öltherapie auch dreimal täglich angewandt werden, allerdings immer mit leerem Magen vor den Mahlzeiten. Dadurch soll der Heilungsprozeß besonders wirkungsvoll sein.

Öltherapie:: Ein Mittel mit vielen Möglichkeiten?

Karach berichtet über erstaunliche Heilerfolge der Öltherapie. Nach seinen Erfahrungen helfen die Mundspülungen mit Sonnenblumenöl bei unzähligen Krankheiten und Beschwerden. Mit der Therapie könnten Zahnschmerzen, Bronchitis, chronische Blutkrankheiten und Arthrose, Lähmungserscheinungen, Ekzeme, Schlaflosigkeit, Magengeschwüre, Darmkrankheiten, Kreislaufstörungen, Herz- und Nierenbeschwerden und Frauenkrankheiten geheilt oder zumindest gelindert werden. Akute und leichtere Erkrankungen wie Kopfschmerzen, Zahnfleischbluten oder Erkältungen mit Entzündungen der Stirn- und Nebenhöhlen würden binnen kurzer Zeit - gewöhnlich innerhalb von zwei bis vier Tagen - durch die Mundspülungen behoben. Bei chronischen Erkrankungen könne es auch bis zu einem Jahr dauern, bevor sich ein Heilerfolg einstelle. Außerdem verbessere das Ölziehen den Allgemeinzustand, stärke die Abwehrkräfte und beuge so zahlreichen Erkrankungen vor.

Oft verschlechtert sich das Befinden

Nicht ungewöhnlich sollen bei der Öltherapie sogenannte Erstverschlimmerungen sein. Sie sind auch von anderen alternativen Heilmethoden her bekannt und werden als positives Signal des Körpers gewertet. Sie deuten darauf hin, daß im Organismus Selbstheilungskräfte aktiviert wurden, die die Krankheitsherde auflösen und Abbauprodukte vermehrt verstoffwechseln und ausscheiden. Die Öltherapie soll den Körper entgiften können, indem über die Mundschleimhaut Krankheitserreger und andere toxische Stoffe mobilisiert und ausgeschieden werden. Wissenschaftlich belegt ist das allerdings nicht. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze, die aber lediglich auf Vermutungen beruhen. Es wird angenommen, daß beim Ölspülen bestimmte Reize auf die Mundschleimhaut ausgeübt werden. Dadurch würden die im Mund befindlichen Akupunkturpunkte den Stoffwechsel anregen, diverse Krankheitserreger und Giftstoffe abzugeben. Diese würden im Öl gebunden und damit ausgeschieden. Eine andere These geht davon aus, daß energiereiche Sonnenteilchen, nach Einsteins Quantentheorie sogenannte Photonen oder Lichtquanten, aus dem Sonnenblumenöl über die Mundschleimhaut in den Organismus aufgenommen werden. Die von den Photonen ausgehende Kraft soll für den Aufbau von Zellen mitverantwortlich sein und einen günstigen Einfluß auf das körperliche Wohlbefinden haben.

Geschmacksfrage - nicht nur Sonnenblumenöl ist geeignet

In der ayurvedischen Medizin, deren Ursprünge in Indien liegen, ist die Öltherapie ebenfalls bekannt. Verwendet wird allerdings Sesamöl, da es nach der ayurvedischen Lehre besonders wirkungsvoll sei und besser als andere Pflanzenöle in die Mundschleimhaut einziehen soll. Im Ayurveda dient die Methode vorwiegend dazu, Mundhöhle, Mandeln und Rachen zu reinigen. Außerdem soll die Spülung das Zahnfleisch kräftigen und einen festen Sitz der Zähne unterstützen. Da das Ölziehen hier nur reinigen soll, reicht es, den Mund nur etwa 2-3 Minuten mit dem Öl zu spülen. Bei längerer Anwendung raten ayurvedisch orientierte Ärzte, das Öl mehrmals auszuspucken und durch frisches zu ersetzen. Dadurch werde eine Rückresorption von Krankheitserregern und Giften über die Mundschleimhaut vermieden. Mittlerweile gibt es einige Ratgeber über die Öl-Zieh-Kur auf dem Büchermarkt. Empfohlen werden neben Sonnenblumen- und Sesamöl inzwischen auch viele andere hochwertige Pflanzenöle wie Oliven-, Distel-, Lein- oder Nußöl. Sogar eine Variante mit Aloe-Vera-Gel wird von einer Autorin beschrieben.

Öltherapie: Seriöse Heilmethode oder Quacksalberei?

Leider stützen sich fast alle Informationen über die Öltherapie auf Erfahrungsberichte. Lediglich eine Leserbefragung der Zeitschrift Natur und Medizin mit 119 Rückmeldungen wurde statistisch ausgewertet. Natürlich meldeten sich überwiegend Menschen mit positiven Erlebnissen. Sie berichteten von erfolgreichen Effekten vor allem hinsichtlich der Luftwege, der Zähne und des Zahnfleisches sowie auf den Allgemeinzustand. Allerdings gaben zwölf Leser an, daß Verschlechterungen auftraten oder daß sie die Öltherapie wegen Nebenwirkungen abgebrochen hatten. Was bislang völlig fehlt, sind klinische Studien, die die Erfolge wissenschaftlich belegen oder aber widerlegen könnten. So ist es auch zu erklären, daß das Ölspülen in medizinischen Fachkreisen entweder nicht bekannt ist oder als Quacksalberei abgelehnt wird. Dagegen empfehlen Heilpraktiker und Ärzte, die nach Naturheilverfahren praktizieren, immer häufiger die Öltherapie als vorbeugende Maßnahme. Auch als zusätzliche therapeutische Möglichkeit bei akuten oder chronischen Erkrankungen kommt sie in Betracht.

Wer die Mundspülungen regelmäßig anwendet, sollte auf jeden Fall seinen Körper genau beobachten, um Veränderungen wahrzunehmen. Dazu zählen eine anfängliche Verschlechterung der Krankheit oder auch eine erhöhte Körpertemperatur. Wer sich unsicher ist, sollte mit dem behandelnden Arzt darüber sprechen. Obwohl für die Wirkung der Öltherapie der wissenschaftliche Nachweis noch fehlt, ist sie auf Grund der vielen positiven Erfahrungsberichte sicher einen Versuch wert.

Quelle: Freund, D.: UGB-Forum 4/98, S. 236-237


Dieser Beitrag ist dem UGB-Archiv entnommen.

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