Kurse für Migranten

Die Kochbuchautorin Elisabeth Döpp, Jahrgang 1942, arbeitete nach dem Germanistikstudium als Verlagslektorin und schreibt seit über 20 Jahren erfolgreich Kochbücher. Seit 1991 ist sie UGB-Gesundheits-Trainerin im Bereich Ernährung und hat bei verschiedenen Einrichtungen Kurse für Kochen und Ernährung gegeben. Neben Deutsch- und Alphabetisierungskursen erteilte sie Kochunterricht auch im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen für Migrantinnen.

Integrationskurs Kochen und Ernährung

Im Nachbarschaftszentrum eines Göttinger Stadtteils, der in der Hauptsache von Migrantenfamilien bewohnt wird, leitete ich von 2000 bis 2005 durchgehend einen ersten internationalen Kochkurs. Die Aufgabe war für mich durch die Verbindung von sozialem Engagement und praktischer Arbeit im Bereich Ernährung besonders interessant. Da es um gesundes Kochen ging, war die Volkshochschule aufgrund meiner Ausbildung zur UGB-Gesundheits-Trainerin an mich herangetreten. Für den Kurs wählte ich ein offenes Konzept, um Schwellenängste der Interessenten zu überwinden. Es gab keine Verpflichtung zu regelmäßiger Anwesenheit, pünktlichem Erscheinen und auch keine Teilnahmegebühr. Finanziert wurde der Kurs durch ein spezielles Integrationsprojekt, für das die Volkshochschule die Federführung hatte. Auch Frauen mit kleinen Kindern waren willkommen. Der Kurs wurde - einem Dorfbrunnen gleich - zu einem beliebten Treffpunkt, vor allem für muslimische Frauen, die mit Einverständnis ihrer Männer kommen konnten. Ernährungsinformationen habe ich nach dem Motto learning by doing gegeben. Ich habe vorgeführt, wie Vollwert-Gerichte zubereitet werden, und den Frauen gezeigt, wie sie durch ein paar Veränderungen ihrer Küchenpraxis gesund, fettarm und nährstoffschonend kochen können. Aus dem Kurs ist ein kleines Kochbuch hervorgegangen. Jede Teilnehmerin kochte eine preiswerte Spezialität ihres Landes und steuerte die dafür benötigten Nahrungsmittel bei. Die Rezepte habe ich zu einem Buch zusammengefasst, das von Stadtteilzentrum und Volkshochschule finanziert wurde. Jedes Rezept erschien mit dem Namen der Ideengeberin, so dass die Frauen auf das Buchprojekt sehr stolz waren. Es gab dem Kochkurs einen gehörigen Auftrieb.

Kochunterricht mit Vollwert-Zertifikat

Mit Migranten habe ich auch im Rahmen einjähriger Berufsvorbereitungslehrgänge gearbeitet und das Fach Kochen unterrichtet. Die UGB-Partnerschaft ermöglichte es mir, hierfür ein Zertifikat in Vollwert-Ernährung anzubieten. Die Volkshochschule war an dieser Regelung sehr interessiert, und der UGB gab nach Prüfung meines Konzeptes sein Einverständnis. Um der Prüfung ein zusätzliches Gewicht zu verleihen, gewann ich als Mitprüpferin die von außen kommende Ernährungsberaterin Dr. oec. troph. Marianne Stieger, ebenfalls UGB-Miglied, und als Beisitzerin die Projektleiterin der Volkshochschule. Mein Unterricht an den wöchentlichen sechsstündigen Kochtagen war strikt auf die anstehende Prüfung bezogen. Dies kam der Intention der Teilnehmerinnen entgegen, die prüfungsorientiert lernen wollten; der ihnen unbekannten Vollwert-Ernährung standen sie dagegen zunächst überwiegend skeptisch gegenüber. Sie fanden erst innerhalb des Jahres durch die vielen gemeinsam gekochten Kostproben zusehends Geschmack an dieser Form der Ernährung. Grundlage für den theoretischen Unterricht war ein von mir in Frage und Antwort erstellter Abriss des Buches Vollwert-Ernährung von Karl von Koerber, Thomas Männle und Claus Leitzmann. Der praktische Unterricht begann mit einem Einkauf und mit Lebensmittelkunde im Supermarkt, gefolgt vom Kochen und Essen der Vollwertgerichte, einem Tafelbild mit Bewertung durch die Teilnehmerinnen und einer Preisanalyse. Die theoretische Prüfung erfolgte mündlich in gemeinsamer Runde. Die praktische Prüfung bestand im gemeinsamen Kochen bekannter Rezepte.

Die Kurse zur Vollwert-Ernährung mit Zertifikat nach den Empfehlungen des UGB waren ein großer Erfolg. Die Volkshochschule nahm sie immer neu in verschiedene Projekte auf - für junge Frauen, Alleinerziehende und Frauen ab 50. Ich führte auch - finanziert vom Bildungswerk ver.di - einen Kurs "Deutsch beim Kochen" mit Zertifikat in Vollwert-Ernährung durch. Teilnehmerinnen waren vor allem Frauen aus dem von mir geleiteten offenen internationalen Kochkurs. Sie hatten in der Regel außerdem einen meiner ver.di-finanzierten Alphabetisierungskurse besucht, in dem sie Deutsch, Lesen und Schreiben gelernt haben. Für so manche Teilnehmerin - besonders aus dem arabischen Raum - war das Zertifikat das einzige Zeugnis, das sie vorweisen konnten. Es half ihnen bei der Arbeitssuche etwa bei Hotels, Kindertagesstätten oder Kantinen, und es machte jüngeren Frauen Mut zur schulischen Weiterbildung. Wertvoll war für alle aber auch der konkrete Nutzen für ihre eigene gesunde Familienküche.
Mehr Infos über die Ausbildung zum/r UGB-Gesundheits-Trainer/in Ernährung erhalten Sie hier.

Quelle: Döpp, E.: UGB-Forum 5/08, S. 225-226