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Wie bedenklich ist die Belastung von Lebensmitteln mit Semicarbazid?

Semicarbazid gelangt aus der Dichtung von Metalldeckeln in Lebensmittel. Die Behörden halten das gesundheitliche Risiko durch den Verzehr belasteter Lebensmittel für gering.

Letzten Sommer wurden in glasverpackten Lebensmitteln mit Metalldeckeln Spuren von Semicarbazid entdeckt. Die Substanz entsteht bei der Zersetzung von Azodicarbonamid, einem Schäumungsmittel, das als Dichtmasse in Twist-off-Verschlüssen von Gläsern und Flaschen verwendet wird. Gefunden wurde der Stoff unter anderem in Babynahrung, Fruchtsäften, Honig, eingelegtem Gemüse, Senf sowie Ketchup. Die Konzentrationen lagen zwischen der Nachweisbarkeitsgrenze und 25 µg/kg, Säuglingsnahrung enthielt dabei die höchsten Gehalte. Rund 10 Prozent aller Lebensmittelgläser gelten als belastet. Insbesondere für Säuglingsnahrung werden die aus Azodicarbonamid hergestellten Dichtungen häufig verwendet. Denn der luftdichte Verschluss schützt vor Kontaminationen mit Mikroorganismen und verhindert einen Abbau der Nährstoffe.

Da Semicarbazid bislang nur als Abbauprodukt von Nitrofural, einem in der EU verbotenen Tierarzneimittel, bekannt war, mussten erst Studien zur gesundheitlichen Beurteilung in Auftrag gegeben werden. Seit Oktober 2003 liegen erste Ergebnisse vor, nach denen sich Semicarbazid im Tierversuch schwach Krebs erzeugend und schwach Erbgut verändernd zeigte. Ob Semicarbazid für den Menschen ein Krebsrisiko darstellt bzw. gentoxisch wirkt, ist noch unklar. Zwar halten die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Semicarbazid in Lebensmitteln für unerwünscht, stufen das gesundheitliche Risiko für Erwachsene und auch für Säuglinge aber als vermutlich sehr gering ein. Die Behörden haben die Hersteller aufgefordert, Alternativen zu entwickeln, empfehlen aber nicht, die betroffenen Lebensmittel zu meiden. Ab dem 2. August 2005 ist das Treibmittel Azodicarbonamid nach einer neuen EU-Richtlinie in allen Materialien und Artikeln verboten, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Bis dahin sollte man wenn möglich auf Gläser mit Kunststoffdeckel ausweichen.

Literaturangaben:
BUNDESINSTITUT FÜR RISIKOBEWERTUNG (BfR): Semicarbazid in Glasdeckeln. Ergänzende Stellungnahme des BfR vom 15. Oktober 2003. www.bfr.bund.de/cms/media.php/70/semicarbazid_in_lebensmitteln.pdf

BUNDESMINISTERIUM FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ, ERNÄHRUNG UND LANDWIRTSCHAFT (Hrsg.): Pressemitteilung Nr. 258 vom 15. Oktober 2003. Bundesverbraucherministerium überprüft mögliche Risiken bei Glaskonserven. www3.verbraucherministerium.de/index-0002F1372CAD1F8D9AFE6521C0A8D816.html (eingesehen am 17.05.04)

BYRNE, D.: Richtlinie 2004/1/EG der Kommission vom 6. Januar 2004 zur Änderung der Richtlinie 2002/72/EG betreffend die Aussetzung der Verwendung von Azodicarbonamid als Treibmittel. In: Amtsblatt der Europäischen Union L7/45 vom 13.01.2004

EUROPÄISCHE BEHÖRDE FÜR LEBENSMITTELSICHERHEIT (EFSA: Hrsg.): Hintergrundinformationen zu Semicarbazid in Lebensmitteln in Gläsern und Flaschen. 15. Oktober 2003. aus: efsa.eu.int/pdf/press_q&a_de.pdf

HINSCH, B.: Kein Honigschlecken. Test Semicarbazid in Honig. In: Öko-Test 3, S. 28-29, 2004

LORIG, W.: Semicarbazid. www.fh-trier.de/~lorig/semicarbazid.htm (eingesehen am 05.03.04

Stand: 2004