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Säuglingsnahrung: Wenn es ohne Muttermilch gehen muss

Einen Ersatz für Muttermilch zu finden ist nicht einfach. Denn beim Säugling kommt es ganz besonders darauf an, dass alle notwendigen Nährstoffe in der richtigen Menge enthalten sind. Nicht alle angebotenen Alternativen sind geeignet.

Saeuglingsflasche

Muttermilch ist das Beste für den Säugling. Sie enthält alle notwendigen Nährstoffe, liefert wichtige Immunfaktoren, ist praktisch immer verfügbar und stets richtig temperiert. Sollte Stillen - aus welchen Gründen auch immer - nicht möglich oder gewünscht sein, ist als Ersatz nur industriell hergestellte Säuglingsmilchnahrung uneingeschränkt empfehlenswert. Nach den Richtlinien der Europäischen Union (EU) werden diese Produkte als "Säuglingsanfangsnahrung" bezeichnet. Sie können auf der Basis von Kuhmilch oder Soja hergestellt werden. Falls das Eiweiß ausschließlich aus Kuhmilch stammt, ist jedoch meist "Säuglingsmilchnahrung" auf dem Etikett zu lesen.

Säuglingsnahrung: Pre ist erste Wahl

Für die ersten vier Lebensmonate des Babys ist Anfangsnahrung mit der Bezeichnung "Pre" - früher als adaptiert bezeichnet - am besten geeignet. Diese Produkte sind in ihrer Zusammensetzung weitgehend der Muttermilch angepaßt. Um den hohen Eiweißanteil der Kuhmilch dem niedrigeren Gehalt der Muttermilch anzugleichen, wird z. B. ein Teil des Caseins der Kuhmilch entfernt und teilweise durch leichter verdauliches Molkeneiweiß ersetzt. Als Kohlenhydrat dürfen "Pre"-Nahrungen ausschließlich Milchzucker (Lactose) enthalten. Um die Nährstoffversorgung des Säuglings sicherzustellen, sind den Anfangsnahrungen außerdem gesetzlich festgelegte Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen zugesetzt. Milch, die mit "Pre"-Pulver angerührt wird, ist dünnflüssig und sättigt ähnlich wie Muttermilch. Daher richtet sich die Menge und die Trinkzeit wie beim Stillen nach den Bedürfnissen des Säuglings. Eine Überfütterung durch zu große Mengen oder zu viele Mahlzeiten ist nahezu ausgeschlossen. Säuglingsmilchnahrungen mit der Silbe "Pre" sind nur von konventionellen Herstellern im Handel.

Mehr Kohlenhydrate - sattere Babys?

Auch Säuglingsmilchnahrungen mit der Ziffer "1" (früher teiladaptiert) werden als Ersatz für Muttermilch angeboten. Sie entsprechen in ihrer Zusammensetzung zwar weitgehend den "Pre"-Nahrungen, enthalten jedoch neben Milchzucker auch einen Zusatz von zwei Prozent glutenfreier Stärke. Das macht die Nahrung sämiger als Muttermilch bzw. "Pre"-Milch und soll die Säuglinge besser sättigen. Einige solcher Pulvernahrungen enthalten neben dem Milchzucker und Stärke noch weitere Kohlenhydrate, unter anderem auch Haushaltszucker (Saccharose). Diese Zusätze sind für die Nährstoffversorgung des Säuglings unnötig und daher überflüssig. Außerdem kann ein Baby mit diesen Milchnahrungen überfüttert werden. Eltern sollten daher ein Auge auf das Gewicht ihres Kindes haben. Auch im Naturkostladen ist eine Säuglingsmilchnahrung mit der Ziffer "1" zu finden. Das Produkt der Firma Holle besteht zu 99 Prozent aus Zutaten der ökologischen Landwirtschaft. Dazu zählen Vollmilch, Molkenpulver, Rahm, Maltodextrin und pflanzliche Öle. Die Vitamine und Mineralstoffe, die gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zugesetzt sind, stammen aus konventioneller Herkunft, sind aber laut Hersteller garantiert nicht gentechnisch hergestellt.

Die Säuglingsanfangsnahrungen mit den Bezeichnungen "Pre" oder "1"
können Babys während des gesamten ersten Lebensjahres trinken. Sie eignen sich als Muttermilchersatz in den ersten vier bis sechs Monaten und als zusätzliche Milchmahlzeit zur Beikost im zweiten Lebenshalbjahr. Eine andere Säuglingsmilchnahrung ist im gesamten ersten Lebensjahr nicht erforderlich. Dennoch sind im Handel Produkte zu finden, die als Folgenahrung oder Folgemilch bezeichnet und laut Gesetzgeber dem Säugling ab dem fünften Monat zugeführt werden dürfen. Angeblich sollen sie die veränderten Bedürfnisse des älteren Säuglings berücksichtigen. Diese Folgemilchen sind in der Regel mit der Ziffer "2" gekennzeichnet. Sie ähneln in der Zusammensetzung eher einer Vollmilch und haben meist einen höheren Gehalt an Eiweiß, Kohlenhydraten und Mineralstoffen als Muttermilch oder Säuglingsmilchnahrungen. Folgemilchen dürfen außerdem bis zu 20 Prozent der Kohlenhydrate in Form von Haushaltszucker enthalten, worauf allerdings viele Hersteller verzichten. Auch die Bio-Firma Holle bietet im Naturkostgeschäft eine Folgemilch "2" an. Aufgrund der hohen Nährstoffdichte ist es jedoch nicht empfehlenswert, Folgemilch zu geben.

Säuglingsnahrung: Selbstherstellen nur bedingt geeignet

Wer industriell hergestellte Säuglingsmilchnahrung ablehnt, kann für sein Baby auch selbst eine Milch herstellen. Die Halbmilch nach "Droese und Stolley", benannt nach zwei Wissenschaftlern des Forschungsinstituts für Kinder-ernährung, wird aus gleichen Teilen Kuhmilch und Wasser sowie Öl, Milchzucker und Stärke (Reisschleim) angerührt. Allerdings ist das Selbstmachen nur eingeschränkt empfehlenswert, da der Nährstoffgehalt nicht so ausgewogen ist wie bei industriell hergestellter Nahrung. Die Halbmilch liefert außerdem nicht genug Vitamin A und Vitamin C. Daher sollten bereits ab der sechsten Lebenswoche vitamin-C-reiche Säfte sowie Karottenbrei zugefüttert werden. Zudem müssen die Eltern besonders auf genaue und hygienische Zubereitung achten.

Von anderen selbsthergestellten Säuglingsmilchen, wie Mandelmilch, Zwei-Drittel-Milch oder Frischkornmilch, ist aus ernährungsphysiologischen und hygienischen Gründen abzuraten. Auch Ziegen- und Schafsmilch sind aufgrund ihrer abweichenden Nährstoffgehalte nicht als Muttermilchersatz geeignet. Stutenmilch ist in ihrer Zusammensetzung der Frauenmilch zwar ähnlich und könnte als Ersatznahrung dienen. Aus hygienischen Gründen ist aber auch diese Alternative nicht zu empfehlen, zudem ist sie nur schwer in entsprechenden Mengen zu bekommen.

Welche Milch bei Allergierisiko?

Sind ein oder beide Elternteile Allergiker, sollte ihr Nachwuchs allergenarme Anfangsnahrung erhalten. So besteht die Chance, die Entwicklung einer Allergie zu verhindern oder wenigstens hinauszuzögern. Die entsprechenden Milchpulver unterscheiden sich von den üblichen Produkten nur durch die Beschaffenheit der Eiweiße. Bei den hypoallergenen Produkten (HA-Nahrung), sind die Eiweiße in Bruchstücke aufgespalten, wodurch sie weniger allergen wirken. Reagiert das Baby bereits allergisch auf Kuhmilcheiweiß, können selbst HA-Nahrungen eine Allergie auslösen. Dann kommen nur hochgradig hydrolysierte Produkte in Frage, bei denen die Eiweißbestandteile so weit aufgespalten sind, das sie nicht mehr allergieauslösend wirken. Dadurch schmeckt die Milch sehr bitter, so daß Säuglinge diese Nahrung häufig zunächst ablehnen. Wer auf ein stark hydrolisiertes Produkt zurückgreifen möchte bzw. muß, sollte das Milchpulver auswählen, das den höchsten Calciumgehalt aufweist.

Hydrolisierte Nahrungen gibt es auch auf Sojabasis. Sie sind bei Säuglingen mit Kuhmilchunverträglichkeit allerdings problematisch. Denn nach einiger Zeit entwickelt rund jeder Vierte Kuhmilchallergiker zusätzlich eine Allergie gegen Soja. Eltern, die dennoch eine Sojamilch füttern möchten, dürfen nur speziell als Säuglingsnahrung deklarierte Produkte verwenden, nicht etwa Sojamilch oder Sojadrink. Für welche Nahrung sich Eltern auch entscheiden, bei der Zubereitung müssen Hygiene, Sorgfalt und Genauigkeit im Vordergrund stehen, um dem Säugling einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

Säuglingsnahrung: Fürs Baby das Beste

Kommt Stillen nicht in Betracht, ist für einen gesunden Säugling nur Säuglingsmilchnahrung mit der Bezeichnung "Pre" uneingeschränkt empfehlenswert. Wenn Sie die sättigendere "1"-Nahrung füttern möchten, achten Sie darauf, daß neben Milchzucker nur Stärke zugesetzt ist. Zur Zeit findet sich nur ein Anbieter auf dem Markt, der die Zutaten aus Öko-Landbau bezieht. Folgemilch, das heißt Säuglingsmilchnahrung mit der Ziffer "2", ist generell überflüssig - ob Bio oder nicht.

Wenn Sie Säuglingsmilch selbst herstellen möchten, ist die Rezeptur nach Droese und Stolley noch am besten geeignet. Achten Sie dabei ganz penibel auf eine hygienische und sorgfältige Zubereitung.

Quelle: Lange, M.: UGB-Forum 2/99, S. 87-88


Foto: © UGB